Staat, Unternehmen, Privathaushalte Wer am meisten Schulden anhäuft

Die wahren Schuldenberge sind noch viel größer als nur die Verbindlichkeiten der Staaten. Schulden von Banken, Unternehmen und Privatleuten können aber schnell öffentliche Lasten werden. Im Vergleich schneiden Iren und Briten schlecht ab, die Griechen erscheinen fast sparsam. Ein Überblick.

Irland
Gesamtverschuldung: 1166 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Banken: 689 Prozent
Unternehmen: 245 Prozent
private Haushalte: 123 Prozent
Staat: 109 Prozent
Die staatliche Schuldenlast wog schwer genug, um Irland als erstes Land unter den europäischen Rettungsschirm zu zwingen. Doch die anderen Wirtschaftssektoren sind noch viel höher verschuldet, alle drei weisen die höchste Schuldenquote aller im IWF-Finanzstabilitätsbericht erfassten Länder auf. Zugleich zeigt die irische Bankenrettung, wie schnell die Schulden von einem Sektor zum anderen verschoben werden können. Noch 2007, zu Beginn der Finanzkrise, galt die staatliche Schuldenquote von nur 25 Prozent international als vorbildlich.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Großbritannien
Gesamtverschuldung: 847 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Banken: 547 Prozent
Unternehmen: 118 Prozent
private Haushalte: 101 Prozent
Staat: 81 Prozent
Im Vereinigten Königreich ist die Reihenfolge der Schuldner und die Art der Probleme ähnlich wie im kleinen Nachbarland, dafür bieten die Größe der Volkswirtschaft und die eigene Währungspolitik mehr Spielraum.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Japan
Gesamtverschuldung: 641 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Staat: 233 Prozent
Banken: 188 Prozent
Unternehmen: 143 Prozent
private Haushalte: 77 Prozent
Die Staatsverschuldung des führenden asiatischen Industrielandes bedeutet nach zwei Jahrzehnten Wirtschaftskrise und immer neuen Konjunkturprogrammen Weltrekord. Trotzdem bekommt kein Staat so günstig Geld geliehen wie Japan - vor allem von den eigenen Bürgern, die groß im Sparen sind. Den hohen Schulden stehen noch höhere Vermögen gegenüber. International ist Japan Nettogläubiger.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Spanien
Gesamtverschuldung: 457 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Unternehmen: 192 Prozent
Banken: 111 Prozent
private Haushalte: 87 Prozent
Staat: 67 Prozent
Wie Irland war auch Spanien vor der Krise ein besonders sparsamer Staat. Noch heute ist das Königreich geringer verschuldet als die anderen großen Industrieländer. Nach dem Bauboom und der geplatzten Spekulationsblase am Immobilienmarkt belastet die private Verschuldung aber die Wirtschaft - die spanischen Unternehmen mehr noch als die Haushalte.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Frankreich
Gesamtverschuldung: 449 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Banken: 151 Prozent
Unternehmen: 150 Prozent
Staat: 87 Prozent
private Haushalte: 61 Prozent
Auch in Frankreich sind die Unternehmen besonders hoch verschuldet, nur leicht übertroffen noch vom Finanzsektor. Trotz der außergewöhnlich hohen Besteuerung könnten die Franzosen privat aber noch größere Lasten schultern.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Belgien
Gesamtverschuldung: 435 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Unternehmen: 175 Prozent
Banken: 112 Prozent
Staat: 95 Prozent
private Haushalte: 53 Prozent
Noch stärker ist die Wirtschaftskraft im kleinen Belgien. Selbst die exorbitante Schuldenquote der Unternehmen wird beim näheren Hinsehen relativiert: Gemessen am Eigenkapital ist sie im internationalen Vergleich sehr niedrig, im IWF-Finanzstabilitätsbericht erscheint der belgische Unternehmenssektor deshalb in grünem Licht. Die Höhe der Staatsverschuldung in dem zerstrittenen Land ist kritisch, steigt aber kaum.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Portugal
Gesamtverschuldung: 422 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Unternehmen: 149 Prozent
private Haushalte: 106 Prozent
Staat: 106 Prozent
Banken: 61 Prozent
Ausgerechnet die Finanzinstitute retten für das südwesteuropäische Krisenland die Bilanz. Alle anderen Sektoren tragen eine Schuldenlast, die größer ist als die jährliche Wirtschaftsleistung des Landes. Wie im Nachbarland Spanien haben die Unternehmen am meisten Miese, die Staatsverschuldung war vor der Krise noch vergleichsweise moderat.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Italien
Gesamtverschuldung: 377 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Staat: 121 Prozent
Unternehmen: 110 Prozent
Banken: 96 Prozent
private Haushalte: 50 Prozent
Dass in Italien besonders der Staat zu viele Kredite aufgenommen hat, ist kein Geheimnis. Allerdings hat die international kritisierte Regierung von Silvio Berlusconi sich deshalb auch mit Konjunkturhilfen zurückgehalten. Italien zählt zu den wenigen Staaten, die im Primärhaushalt (also vor den Zinsen für den Schuldendienst) noch einen Überschuss erzielen. Und trotz der vergleichsweise hohen Steuern sind die Italiener privat in der besten Finanzposition aller großen Industrieländer.
Quelle: IWF, Stand: 2011

USA
Gesamtverschuldung: 376 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Staat: 100 Prozent
Banken: 94 Prozent
private Haushalte: 92 Prozent
Unternehmen: 90 Prozent
Vor allem Exzesse des Privatsektors haben die USA in die Krise geführt, und von dort aus Schockwellen in der Weltwirtschaft verbreitet. Wohl noch Jahre werden die Amerikaner unter dem Schuldenabbau leiden (im Bild eine öffentliche Zwangsversteigerung von Häusern). Über Bankenrettung, Konjunkturhilfen und Sozialversicherungen hat der Staat inzwischen einen großen Teil der Lasten übernommen.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Griechenland
Gesamtverschuldung: 333 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Staat: 166 Prozent
Unternehmen: 74 Prozent
private Haushalte: 71 Prozent
Banken: 22 Prozent
Kein Land ist so sehr mit Schlagzeilen zum Thema Schuldenkrise verbunden, und doch weist die Statistik der Gesamtverschuldung Griechenland beinahe als mustergültig aus: Nur der Staat hat rekordverdächtig hohe Schulden, die Banken haben sogar international den niedrigsten Wert. Trotzdem stecken sie mit dem Staat in der Krise. Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass den niedrigen privaten Schulden ebenfalls niedrige Vermögen und Kapitalreserven gegenüber stehen. Deshalb wird kaum ein privater Kreditboom die griechische Krise beenden.
Quelle: IWF, Stand: 2011

Deutschland
Gesamtverschuldung: 321 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, darunter:
Banken: 98 Prozent
Staat: 83 Prozent
Unternehmen: 80 Prozent
private Haushalte: 60 Prozent
Im IWF-Bericht zur globalen finanziellen Stabilität erscheint Deutschland nur in einer Kategorie mit rotem Licht: dem weltweit höchsten Fremdkapitalhebel der Banken. Im Inland gab es in den vergangenen Jahren alles andere als einen Kreditboom, dafür sorgten deutsche Geldgeber mit ihrer günstigen Vermögensposition dafür, dass anderswo reichlich Kapital zum Schuldenaufbau zur Verfügung stand. Nun könnten am ehesten die Deutschen mehr Kredite aufnehmen und so den Schuldenabbau irischer Banken, spanischer Unternehmen oder des griechischen Staats abfedern.
Quelle: IWF, Stand: 2011