Wachstumsstars Welche deutschen Unternehmen in Amerika glänzen

Unglückliches Timing: In der New York Times wurde die Bundesrepublik kürzlich bewundernd als das Land beschrieben, "das über dem ökonomischen Sturm schwebt". Der Bericht kam freilich nur wenige Tage, bevor das Statistische Bundesamt der deutschen Wirtschaft mit 0,1 Prozent Zuwachs im zweiten Quartal eine Vollbremsung bescheinigte. Amerika leidet derzeit allerdings an einer zunehmenden Angst gar vor einer Rezession.

Geschrumpft: Die Vereinigten Staaten haben in der Tat aktuell fast sieben Millionen Arbeitsplätze weniger als vor der Großen Rezession. Und 46 Millionen Amerikaner besuchen nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums Suppenküchen. Das sind 74 Prozent mehr als im Vorkrisenjahr 2007. Resultat: Der private Konsum in den USA, der nach Berechnungen des Analysten Douglas Porter bei der Investmentbank BMO Nesbitt Burns in Toronto 40 Jahre lang um jeweils 3 Prozent zulegen konnte, wächst seit 2007 jährlich nur noch um magere 1 Prozent. :cb:

Gespalten: Dollar-Shops und andere Billigheimer berichten in diesem schwierigen Umfeld zweistellige Umsatzzuwächse. Aber die Hersteller von Luxusartikeln melden ebenfalls gute Geschäfte, denn der Geldelite geht es dank Wall Street und Globalisierung besser denn je. So konnte die Aktie des Edeljuweliers Tiffany in den zwei Jahren bis Juli um 300 Prozent zulegen, bevor die Börsenturbulenzen sie in den vergangenen zwei Wochen wieder deutlich nach unten zogen.

Absatzerfolg: In den USA erleben europäische Autohersteller, nicht zuletzt die deutschen Produzenten, dennoch einen Höhenflug (im Bild: Sängerin Katy Perry bei der Präsentation eines VW in New York). Das hat nicht nur mit deren wachsender Produktion in lokalen Fabriken zu tun. Volkswagen etwa greift mit seinem eine Milliarde Dollar teuren Werk in Chattanooga, aus dem der neue Passat kommt, den Weltmarktführer Toyota an.

Polarisierte Gesellschaft: Hersteller hochwertiger Waren, längst nicht nur aus der Bundesrepublik, profitieren bisweilen von der wachsenden Zahl vermögender Haushalte in den USA: Wer es sich leisten kann, gibt mehr Geld aus, wenn er dafür langlebige und hochwertige Produkte bekommt, die Energie sparen, weniger Reparaturen benötigen oder einfach mehr Technik und Luxus für's Geld bieten. Und deutsche Unternehmen gelten derzeit in den USA nicht selten als Anbieter besonders ausgetüftelter und technisch zuverlässiger Produkte.

Reklamegag: GM wirbt für seinen neuen Buick Regal dann auch mit dem Verweis auf deutsches Engineering - noch bis vor ein paar Jahren wäre das unvorstellbar gewesen.

Prestigeauftrag: ThyssenKrupp bekommt den "Teutonen"-Effekt bereits zu spüren. Satte 250 Tonnen Edelstahl aus den Schmelzöfen von Nirosta werden die Ecken der Fassade des neuen One World Trade Center in New York zieren. Der Ruhrgebietskonzern hat bei solchen Aufträgen eine gewisse Tradition: ThyssenKrupp-Nirosta-Stahl bedeckt seit seinem Bau das Chrysler-Building in New York.

Aufgestockt: BMW hat seit 2008 seine Fertigungskapazität in Spartanburg verdoppelt, sie soll bis im kommenden Jahr weiter wachsen, von jetzt 240.000 Fahrzeuge auf 300.000. BMW konnte im Vergleich der ersten sieben Monate 2011 mit dem selben Zeitraum im Vorjahr Absatzplus von 17 Prozent verzeichnen.

Absatzerfolg: Porsche erreichte im Vergleich der ersten sieben Monate 2011 mit dem selben Zeitraum im Vorjahr Absatzplus von 34 Prozent.

Zweistelliger Zuwachs: Beim Vergleich der ersten sieben Monate 2011 mit dem selben Vorjahreszeitraum erzielte VW ein Absatzplus von 22 Prozent, doppelt so viel wie der Gesamtmarkt

Zusammengerückt: Siemens profitiert in diesen Monaten davon, wie er in Amerika wahrgenommen wird: Boeing Energy, ein kleiner Ableger des Flugzeugherstellers, der erst 2009 als Spezialist für smartes Energie-Management gegründet worden war, tat sich in diesem Monat nach einem Jahr Verhandlungen mit Siemens zusammen.

Historischer Rekord: Auch der Sportschuhhersteller Adidas verspürt in den USA trotz Krise kräftigen Aufwind. Das Unternehmen erzielte im ersten Halbjahr in Nordamerika das größte Wachstum seit 2006.