Riesenschritt gegen die Inflation US-Notenbank erhöht Leitzins erneut um 0,75 Punkte

Die US-Währungshüter machen Ernst im Kampf gegen die steigenden Preise: Zum vierten Mal in diesem Jahr erhöhen sie die Zinsen. Damit steigt auch die Angst vor einem Wirtschaftsabschwung.
Entschlossen gegen Inflation: Fed-Chef Jerome Powell

Entschlossen gegen Inflation: Fed-Chef Jerome Powell

Foto: ELIZABETH FRANTZ / REUTERS

Angesichts der hohen Inflationsrate erhöht die US-Notenbank ihren Leitzins erneut stark um 0,75 Prozentpunkte. Damit liegt er nun in der Spanne von 2,25 bis 2,5 Prozent, wie die Federal Reserve (Fed) am Mittwoch mitteilte. Mit dieser Maßnahme will die Notenbank der größten Volkswirtschaft der Welt die hohen Verbraucherpreise in den Griff bekommen. Der Druck auf die Notenbank ist groß: Die Teuerungsrate in den USA ist mit 9,1 Prozent so hoch wie seit rund vier Jahrzehnten nicht mehr.

Für die Zentralbanker ist die straffe Geldpolitik nicht ohne Risiko - sie müssen aufpassen, dass sie das Wirtschaftswachstum nicht zu sehr ausbremsen. Erst im Juni hatte die Fed den Leitzins um 0,75 Prozentpunkte angehoben. Es war der größte Zinsschritt seit 1994, also seit fast 30 Jahren. Für gewöhnlich zieht es die Fed vor, den Leitzins in Schritten von 0,25 Prozentpunkten anzuheben. Insgesamt ist es die vierte Erhöhung des Leitzinses in diesem Jahr. Zu Jahresbeginn hatte der Leitzins noch in einer Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent gelegen.

Amerika in Angst vor einer Rezession

Der erneut ungewöhnlich große Zinsschritt schürt die Angst vor einer Rezession. Erhöhungen des Leitzinses durch die Notenbank verteuern Kredite und bremsen die Nachfrage. Das hilft dabei, die Inflationsrate zu senken, schwächt aber auch das Wirtschaftswachstum. Das dürfte auch eine höhere Arbeitslosenquote zur Folge haben. Diese liegt mit 3,6 Prozent aktuell in den USA auf sehr niedrigem Niveau: Nach Angaben des Arbeitsministeriums waren im Juni etwa 5,9 Millionen Menschen ohne Job. Vor Ausbruch der Corona-Pandemie im Februar 2020 waren es 5,7 Millionen gewesen.

Fed-Chef Jerome Powell (69) hatte bereits deutlich gemacht, dass etwas höhere Arbeitslosenzahlen für ihn im Kampf gegen die hohe Inflation ein notwendiges Übel sind. Viele Unternehmen in den USA suchen gerade händeringend Arbeitskräfte - das hat zur Folge, dass die Löhne steigen, was wiederum die Preise in die Höhe treibt.

Die Fed dürfte mit ihrer straffen Geldpolitik nun ein deutliches Signal senden wollen. Es geht darum, Unternehmen und Familien davon zu überzeugen, dass die derzeitige Inflation nicht von Dauer sein wird. Denn rechnen die Menschen dauerhaft mit hoher Inflation, werden sie über kurz oder lang höhere Gehälter verlangen. Unternehmen erhöhen dann im Gegenzug die Preise, um die steigenden Lohnkosten zu decken. Die Folge: Die Preise steigen immer weiter.

Die Währungshüter können mit ihrer Zinspolitik die Preise allerdings nur sehr begrenzt beeinflussen. Die Unterbrechungen globaler Lieferketten und steigende Energiepreise reagieren nicht direkt auf den US-Leitzins. Auch die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine und der Corona-Lockdowns in China kann die Fed nicht kontrollieren. Erwartet wird nun zumindest, dass die Inflationsdaten der USA für Juli ein erstes positives Signal senden könnten. Sie werden im August veröffentlicht - die Teuerungsrate könnte dann zumindest etwas zurückgehen, da die Benzinpreise in den Vereinigten Staaten zuletzt wieder gesunken sind.

Powell hält auch noch größere Schritte für möglich

Nach der Sitzung der Notenbanker erklärte Powell, dass die Fed ihren Leitzins auch ein drittes Mal um 0,75 Prozentpunkte anheben könne. Ein solcher Schritt sei zum nächsten regulären Zeitpunkt im September möglich. Die Entscheidung darüber hänge von der wirtschaftlichen Entwicklung. Die Fed werde auch nicht zögern, einen noch größeren Schritt zu unternehmen, falls dies erforderlich sein sollte, ergänzte Powell.

Der Notenbankchef räumte zugleich ein, dass die Zinserhöhungen Auswirkungen auf das Wirtschaftswachstum haben werde. Mit der Zeit dürfte es daher erforderlich werden, das Tempo der geldpolitischen Straffung zu reduzieren. Für kommendes Jahr, wenn die Finanzmärkte wegen Rezessionssorgen bereits Zinssenkungen einpreisten, gehe die Fed immer noch von Zinsanhebungen aus, sagte Powell.

Börsen hatten Zinssprung erwartet

Investoren ließ die aktuelle Fed-Entscheidung weitgehend kalt: Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, notierte mit 107,06 Punkten auf dem Niveau unmittelbar vor Bekanntgabe der Zinserhöhung. Die Aktienindizes Dow Jones, Nasdaq und S&P 500 behaupteten ihre Gewinne von bis zu 2,5 Prozent.

"Die Fed hat gemacht, was alle erwartet haben", sagte Portfolio-Manager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Von daher können die Händler einen Haken an die heutige Zinssitzung machen und sich wieder den anderen großen Themen widmen." Der Dax war heute um ein halbes Prozent auf 13.166 Punkte gestiegen.

oho/dpa/reuters
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