Alarm Victoria fällt beim "Stress-Test" durch
Düsseldorf/Hamburg - Die Lebensversicherung Victoria (Ergo-Gruppe) hat die von der Finanzaufsicht angeordneten Stress-Tests nicht bestanden. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) hatte zuvor alle Assekuranzen zu dieser Härteprüfung auf Basis des Geschäftsjahes 2002 aufgefordert. Die Unternehmen sollten bis zum 31. März dieses Jahres dem BaFin die Ergebnisse melden. Eine Reaktion der Finanzaufsicht hat die Victoria noch nicht.
Stress-Test als Frühwarnsystem
Der Stress-Test ist als eine Art Frühwarnsystem zu verstehen. Die BaFin will damit überprüfen, ob ein Lebensversicherer auch bei weiter fallenden Aktienmärkten seine Verbindlichkeiten noch bedienen kann.
In seinem Aktienbestand weist das Enkelunternehmen der Münchener Rück durch unterlassene Abschreibungen 1,55 Milliarden stille Lasten auf. Rund die Hälfte entfielen auf den Anteil von 3,12 Prozent an der HypoVereinsbank. Sollte sich der Kapitalmarkt in diesem Jahr nicht erholen, müssen die stillen Lasten nach den derzeit geltenden Kriterien des Instituts der deutschen Wirtschaftsprüfer abgeschrieben werden.
Marco Metzler von der Ratingagentur Fitch hat im Gespräch mit manager-mgazin.de genau vor dieser Gefahr gewarnt. Der Experte rechnet spätestens in den Jahresabschlüssen 2003 mit weiteren milliardenhohen Abschreibungen in den Bilanzen, die viele Lebensversicherer in ihrer Existenz bedrohen dürften.
Steuerrecht als weitere Belastung
Nun hofft man wohl nicht nur bei der Victoria auf die Gespräche des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit der Politik. Aus Sicht vieler Versicherer lasse das Handelsgesetz eine weitere Streckung der Abschreibungszeiträume zu.
Deshalb sehen sie das Risiko für die Branche vielmehr in noch ungeklärten Steuerfragen. Und die haben es in sich: Seit der Steuerreform 2002 gelten Abschreibungen auf Wertpapiere nicht mehr als Betriebsausgaben. Folglich können sie damit den Gewinn nicht schmälern und die Unternehmen müssen dann deutlich mehr Steuern zahlen.
"Abschreibungspoker verhindert Konsolidierung"
Die Ratingagentur Fitch hält indes nichts von dem Vorstoß der Versicherungswirtschaft, durch eine weitere Änderung der HGB-Vorschriften die Freiheiten bei der Abschreibung auf Aktien bei dauerhafter Wertminderung auf unbestimmte Zeit zu verlängern. Dies sei ordnungspolitisch wenig hilfreich, da auf diesem Wege die längst überfällige Marktkonsolidierung weiter verschoben werde, erklärte Analyst Metzler. So jedenfalls werde das Problem der geringen Sicherheitsmittel-Austattung beziehungsweise die drohende Überschuldung der Versicherer nicht gelöst.
Indes hat der Lebensversicherer Victoria nach eigenen Angaben im ersten Quartal 2003 die Aktienquote auf einen einstelligen Wert abgesenkt. Ein Drittel der Aktien sei mit Optionsgeschäften abgesichert worden. Hiernach habe man die beiden Stresstests dann bestanden, sagte Vorstandschef Michael Rosenberg.
Zum Jahresende betrug die Aktienquote nach Unternehmensangaben noch 12,6 (23,3) Prozent. Der Saldo der auszuweisenden Bewertungsreserven betrug zum Jahresende minus 1,06 Milliarden Euro, bei einem Kapitalanlagenbestand von 23,8 (22,6) Milliarden Euro.