US-Konzern Moderna hofft auf Zulassung im Dezember
Erst BioNTech, jetzt Moderna - zwei Impfstoffe möglich vor Jahresende
Der US-Konzern Pfizer und sein Mainzer Partner BioNTech sind zuversichtlich, im November eine Notfallzulassung für einen Impfstoff gegen das Coronavirus zu erhalten. Im Dezember könnte es auch beim US-Konzern Moderna so weit sein.
Hofft auf rasche Zulassung des Impfstoffs: Moderna-Chef Stéphane Bancel heizt den Wettlauf mit Pfizer, Biontech und Curevac an
Foto: Adam Glanzman
Das Rennen um Corona-Impfstoffe geht weiter: Der Arzneimittelhersteller Moderna erwartet mit etwas Glück eine US-Notfallzulassung für den eigenen Corona-Impfstoff im Dezember. Die Voraussetzung dafür sei, dass Moderna im November in einer Studie positive Zwischenergebnisse erziele, führte der Vorstandsvorsitzende Stéphane Bancel (48) auf einer Veranstaltung des "Wall Street Journal" aus.
Mit einer Notfallzulassung der amerikanischen Behörde für Nahrungs- und Arzneimittel (FDA) könnten Teile der US-Bevölkerung - zum Beispiel medizinisches Personal oder ältere Menschen - auch vor der offiziellen Zulassung geimpft werden.
Am Freitag hatte bereits der US-Pharmakonzern Pfizer, der mit der deutschen Firma BioNTech kooperiert, angekündigt, möglicherweise im November eine Notfallzulassung in den USA für seinen Impfstoff zu beantragen. Die Voraussetzung sei, dass die Daten zu Wirksamkeit und Sicherheit bei der laufenden Erprobung positiv seien.
Moderna und Pfizer/BioNTech gehören zu den Firmen mit besonders aussichtsreichen Impfstoffkandidaten. Sie erforschen bereits in der entscheidenden Phase mit Tausenden Probanden, ob ihre Mittel tatsächlich vor einer Corona-Infektion schützen.
Foto: MENAHEM KAHANA / AFP
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Diese Impfstoffprojekte gegen Covid-19 sind am weitesten
Pfizer peilt dritte Novemberwoche an
Am Freitag hatten Pfizer und BioNTech in Aussicht gestellt, dass sie bereits im November in den USA eine Notfallzulassung für einen gemeinsam entwickelten Impfstoff beantragen werden, sofern die noch ausstehenden Studien in den kommenden Wochen positiv verlaufen. Dafür müsse sowohl eine Wirksamkeitsstudie als auch eine Verträglichkeitsstudie abgeschlossen sein. Nachdem zuletzt gleich zwei Phase-3-Studien großer Pharmakonzerne unterbrochen werden mussten, weil bei Probanden Nebenwirkungen aufgetreten waren, stärken Pfizer und BioNTech nun die Hoffnung, dass noch in diesem Jahr ein Impfstoff gegen das Corona-Virus zugelassen werden könnte.
Ende Oktober könnten die beiden Partner wissen, ob der Impfstoff wirksam sei, erklärte Pfizer-Chef Albert Bourla (58) am Freitag. In der dritten Novemberwoche könnten die Unternehmen dann auch genügend Daten zur Sicherheit des Impfstoffes vorliegen haben. Unter der Annahme positiver Daten könnte bald nach Erreichen dieses Sicherheitsmeilensteins eine Notfallgenehmigung in den USA beantragt werden.
In der Hoffnung auf die rasche Zulassung ihres Corona-Impfstoffs waren Anleger zuletzt verstärkt bei den beiden Impfstoffentwicklern Pfizer und BioNTech eingestiegen. Die Aktie von Biontech ließ dabei die Marke von 80 Euro zeitweise hinter sich und nähert sich ihrem Rekordhoch.
Mehrheit bereit zur Impfung
Bislang ist international noch kein Corona-Impfstoff auf dem Markt. Russland hatte im August als weltweit erstes Land einen Impfstoff zugelassen, der aber weniger als zwei Monate an Menschen getestet wurde. Weltweit wird fieberhaft an Impfstoffen gegen das Coronavirus geforscht und US-Präsident Donald Trump hatte wiederholt angekündigt, dass ein solcher noch vor den Präsidentschaftswahlen am 3. November zur Verfügung stehen könnte. Danach sieht es aber nicht aus.
Biontech und Pfizer gehören neben dem US-Biotechkonzern Moderna und der britischen AstraZeneca zum Kreis der führenden Unternehmen im Rennen um einen Impfstoff. Die Studie von AstraZeneca liegt in den USA aber nach der Erkrankung einer Probandin immer noch auf Eis, obwohl sie in anderen Ländern wieder aufgenommen wurde, und Moderna erwartet Studienergebnisse im November.
Die meisten Menschen würden sich einer weltweiten Studie zufolge auf Empfehlung ihrer Regierung oder ihres Arbeitgebers gegen Covid-19 impfen lassen. 71,5 Prozent der Studienteilnehmer gaben an, dass sie sehr oder eher wahrscheinlich einen Corona-Impfstoff nehmen würden. 61,4 Prozent erklärten, sie würden eine entsprechende Empfehlung ihres Arbeitgebers akzeptieren. An der Studie des Vaccine Confidence Projekts, das unter anderem von der Europäischen Kommission und Pharmaunternehmen finanziert wird, nahmen im Juni weltweit 13.000 Menschen in 19 Ländern teil.
Besonders hohe Zustimmung kam aus China, wo rund 90 Prozent der Studienteilnehmer einen Impfstoff nehmen würden, in Russland waren es dagegen weniger als 55 Prozent.
12 BilderDiese Impfstoffprojekte gegen Covid-19 sind am weitesten
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Das wohl begehrteste Produkt des Jahres: Zum Jahresbeginn läuft die Impfung gegen das Coronavirus wie hier in Israel auf Hochtouren. Mehrere Millionen Menschen haben bereits ihre erste Spritze erhalten. Von weit mehr als hundert Impfstoffprojekten sind bislang zehn in einzelnen Ländern zugelassen (Stand: 11. März)
Foto: MENAHEM KAHANA / AFP
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Eine Pionierrolle hat die von Uğur Şahin (55) geführte Mainzer Firma Biontech. Der gemeinsam mit dem US-Konzern Pfizer entwickelte Impfstoff gegen Covid-19 ist der erste zugelassene der sogenannten mRNA-Technik überhaupt. Nach überzeugenden klinischen Daten - 95 Prozent Schutz gegen Erkrankung, keine schweren Nebenwirkungen - startete die Impfkampagne am 2. Dezember 2020 in Großbritannien. Inzwischen haben 27 Länder (wobei die EU als eines zählt) sowie die Weltgesundheitsorganisation das Mittel zugelassen. Zwei Milliarden Dosen sollen 2021 produziert werden. Da jede Person zwei Dosen bekommt, reicht das für ein Achtel der Menschheit. Größter Nachteil: Das Mittel muss auf minus 70 Grad gekühlt werden. Doch es kommen ja noch Alternativen hinzu.
Foto: FABIAN BIMMER / REUTERS
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Die US-Biotechfirma Moderna begann Mitte März 2020 als erste mit klinischen Studien. Auch diese konnten eine Wirksamkeit von gut 94 Prozent belegen. Weiterer Vorteil: Das Mittel ist bei deutlich weniger aufwendiger Kühlung haltbar. Und vor allem: Moderna-Chef Stéphane Bancel (48) hat die Operation "Warp Speed" mit logistischer Hilfe des US-Mililtärs im Rücken. Die Firma setzt wie Biontech auf die mRNA-Technologie. Nach den USA am 18. Dezember setzen auch Kanada, Israel, Großbritannien, die EU und die Schweiz das Vakzin ein.
Foto: Bill Sikes / AP Photo
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Am 4. Januar kam - im Beisein von Premierminister Boris Johnson (56) - auch ein von der Universität Oxford und dem britischen Konzern Astrazeneca entwickelter Impfstoff in britischen Krankenhäusern zum Einsatz. Laut EU-Behörde EMA ist dieses Vakzin zu rund 60 Prozent wirksam, mit anderer Dosierung wurden aber auch mehr als 90 Prozent erreicht. Es handelt sich um einen Vektorimpfstoff - nicht ganz so revolutionär wie mRNA, diese Technik ist aber auch erst seit 2016 im kommerziellen Einsatz.
Die Uni Oxford hat Astrazeneca zu einem Non-Profit-Betrieb verpflichtet. Der Impfstoff ist mit rund zwei Euro pro Dosis deutlich günstiger als die mRNA-Mittel von Biontech und Moderna, mit Lagerung zu Kühlschranktemperaturen leichter zu handhaben - und vor allem steht eine Produktionskapazität von drei Milliarden Dosen bereit, ein Großteil davon in Indien für arme Länder. Doch der Hoffnungsträger sorgt immer wieder für Enttäuschungen, zuletzt setzten Dänemark und Norwegen die Impfungen sogar wegen eines Todesfalls aus. Deutschland hatte die knappen Dosen zunächst nur an die unter 65-Jährigen verimpft, am 4. März hat die Ständige Impfkommission das Vakzin aber auch für ältere Menschen empfohlen. Neue Studiendaten belegen zudem, dass das Mittel bei einem Abstand zwischen der Erst- und Zweitimpfung von zwölf Wochen noch wirksamer ist.
Foto: WPA Pool / Getty Images
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In den USA hat der Impfstoff von Johnson & Johnson (J&J) bereits am 27. Februar eine Notfallzulassung erhalten. In der EU gab die zuständige Behörde dann am 11. März die Empfehlung zur Zulassung.
Im Vergleich zu Biontech/Pfizer sowie dem Impfstoff von Moderna und Astrazeneca bietet das Mittel den Vorteil, dass eine Dosis ausreichen soll statt zwei. Zudem muss das Präparat nicht tiefgefroren gelagert werden, was die Verteilung erleichtert. J&J hatte Ende Januar für das Mittel eine Wirksamkeit von 66 Prozent beim Schutz vor mittelschweren bis schweren Covid-19-Verläufen in seiner weltweiten Untersuchung mit rund 44.000 Teilnehmern gemeldet. Bei der Vorbeugung einer Krankenhauseinweisung war das Vakzin 14 Tage nach der Impfung zu 85 Prozent wirksam und zu 100 Prozent nach 28 Tagen.
Dem Astrazeneca-Produkt sehr ähnlich (Vektorimpfstoff) ist der Impfstoff "Sputnik-V" des staatlichen russischen Gamaleya-Instituts. Der ebenfalls auf Adenoviren - die herkömmliche Erkältungen auslösen - basierende Stoff wurde von Russland bereits im August zugelassen, ohne die Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Großstudien abzuwarten. Erst zwei Wochen später kam das Vakzin in Phase 3. Für dieses Vorgehen hagelte es Kritik, doch inzwischen trägt der Impfstoff mit einer Wirksamkeit von 92 Prozent das Siegel der Wissenschaft.
Inzwischen wird das Vakzin in 46 Ländern eingesetzt, Ende Januar wurde auch die EU-Zulassung beantragt, nachdem Gamaleya und Astrazeneca eine Kooperation für einen Superimpfstoff ankündigten und sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (66) für das russische Mittel einsetzte. Einige europäische Länder wollen aber nicht mehr auf die Zulassung warten: In Ungarn, der Slowakei und Tschechien ist Sputnik V bereits zugelassen oder es laufen nationale Zulassungsverfahren.
Foto: RDIF HANDOUT/EPA-EFE/Shutterstock
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In China, wo das Coronavirus im Januar 2020 entdeckt wurde, sind mehrere Impfstoffe bereits seit dem Sommer 2020 im millionenfachen Einsatz an medizinischem Personal und Risikogruppen oder auch dem Militär. Die staatliche Firma Sinopharm hat zwei verschiedene Impfstoffe auf den Markt gebracht. Ein vom Pekinger Institut für Biologische Produkte entwickelter Totimpfstoff erhielt am 31. Dezember die erste Zulassung für die Allgemeinheit in China - nachdem in Studien eine Wirksamkeit von 79 Prozent gezeigt wurde. Beide Impfstoffe von Sinopharm werden in Phase-III-Studien getestet. Nach Angaben aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die das Mittel ebenso wie Bahrain und Ägypten ebenfalls freigaben, sind es gar 86 Prozent. In China selbst gibt es längst nicht mehr genügend Infizierte für die Kontrollgruppe.
Foto: Zhang Yuwei / dpa
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Holpriger lief es für die Privatfirma Sinovac, deren Impfstoff in Brasilien nur etwas über 50 Prozent Wirksamkeit zeigte. Die Veröffentlichung der Studienergebnisse wurde mehrfach verschoben. In der Türkei hatten Wissenschaftler einen Wert von 92 Prozent genannt, dafür aber nur eine dünne Datenbasis. In Brasilien ist die Kooperation mit China heftig umstritten, Präsident Jair Bolsonaro versuchte sie zu stoppen. Mangels Alternativen setzen Brasilien, Indonesien und weitere Länder nun auch das Sinovac-Vakzin ein. Indonesien hat dem Impfstoff am 11. Januar als erstes Land außerhalb Chinas eine Notfallgenehmigung erteilt.
Ein Vektorimpfstoff der chinesischen Biotechfirma Cansino Bio und ein weiteres Sinopharm-Produkt aus den Laboren des Wuhan-Instituts - am Ursprungsort der Krise - sind in China und einigen weiteren Ländern ebenfalls vorläufig zugelassen.
Foto: Nicolas Asfouri / AFP
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Aus Indien kommt neben der massenhaften Auftragsproduktion für westliche Pharmariesen auch eine Eigenentwicklung: Die mit staatlichen Instituten kooperierende Biotechfirma Bharat aus dem "Genome Valley" von Hyderabad startete Ende Oktober in Phase 3, am 3. Januar erteilte die indische Regierung die Freigabe für den Noteinsatz. Ergebnisse der klinischen Studie wurden bis dato nicht veröffentlicht.
Foto: Stringer . / REUTERS
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Zeitgleich mit Johnson & Johnson meldete auch die US-Firma Novavax Fortschritte, wiederum mit dem Nachteil, dass die südafrikanische Mutation offenbar die Impfung schwächt. In Großbritannien erreichte der Proteinimpfstoff aber 89 Prozent Wirksamkeit, die US-Studie startete wegen Produktionsproblemen trotz Milliardenförderung vom Staat erst Ende Dezember. Novavax hat mit derselben Technik bereits einen Impfstoff gegen Grippe entwickelt. Für die Covid-Impfung haben die Amerikaner früh mit dem Serum Institute of India einen Auftrag zur Massenproduktion von zwei Milliarden Dosen vereinbart. In den USA sei eine Notfallzulassung des Impfstoffs ab Mai möglich, sagte Novavax-Chef Stanley Erck.
Foto: ANDREW CABALLERO-REYNOLDS / AFP
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Curevac hat sich mit dem Bayer-Konzern für die Impfstoffproduktion zusammengeschlossen - ein Signal, dass die Biotechhoffnung aus Tübingen als Nachzügler doch noch Wucht entfalten könnte. Im Frühjahr 2020 galt Curevac als Vorreiter im Impfstoffrennen, zeitweise ging gar die Angst um, die USA würden die deutsche Biotechfirma kapern.
Es folgten ein Einstieg des Bundes und ein furioser Börsengang an der Nasdaq. Im Oktober 2020, für den Hauptaktionär Dietmar Hopp (80) anfangs schon ein fertiges Produkt verheißen hatte, wurden erst positive Zwischenergebnisse aus Tierversuchen verkündet. Erst im Dezember begannen die klinischen Großversuche der Phase 3 mit 35.000 Teilnehmern - Curevac glaubt aber, mit dem besseren Impfstoff gut im Rennen zu sein, wenn auch nicht mehr rechtzeitig für den nordamerikanischen Markt. Erst Mitte 2021 wird die Zulassung erwartet. Dafür wird mithilfe von Glaxosmithkline gleich die nächste Generation vorbereitet - mutantensicher.
Foto: Nasdaq MarketSite / dpa
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Der von Emma Walmsley (51) geführte weltgrößte Impfstoffhersteller Glaxosmithkline scheint etwas an der Seitenlinie zu stehen - zumal die spektakuläre Kooperation mit dem Branchenzweiten Sanofi im Dezember enttäuschende Ergebnisse brachte und mit einer neuen Phase 1/2-Studie von vorn beginnen muss. Beide Partner haben jedoch neue Aufgaben gefunden: Sanofi hilft bei der Produktion des Biontech-Mittels, Glaxosmithkline verbündet sich mit dem deutschen Hersteller Curevac. Zudem liefern die Briten ihren Wirkstoffverstärker für weitere Impfstoffprojekte, die bereits in Phase 3 sind: eines der chinesischen Firma Clover Biopharmaceuticals und eines der kanadischen Firma Medicago, die den neuen Impfstoff züchtet, indem sie Tabakpflanzen das Erbgut der Viren injiziert. In dieses Projekt hat passenderweise auch der Tabakkonzern Philip Morris investiert.
Foto: HANDOUT / AFP
Das wohl begehrteste Produkt des Jahres: Zum Jahresbeginn läuft die Impfung gegen das Coronavirus wie hier in Israel auf Hochtouren. Mehrere Millionen Menschen haben bereits ihre erste Spritze erhalten. Von weit mehr als hundert Impfstoffprojekten sind bislang zehn in einzelnen Ländern zugelassen (Stand: 11. März)
Foto: MENAHEM KAHANA / AFP
Eine Pionierrolle hat die von Uğur Şahin (55) geführte Mainzer Firma Biontech. Der gemeinsam mit dem US-Konzern Pfizer entwickelte Impfstoff gegen Covid-19 ist der erste zugelassene der sogenannten mRNA-Technik überhaupt. Nach überzeugenden klinischen Daten - 95 Prozent Schutz gegen Erkrankung, keine schweren Nebenwirkungen - startete die Impfkampagne am 2. Dezember 2020 in Großbritannien. Inzwischen haben 27 Länder (wobei die EU als eines zählt) sowie die Weltgesundheitsorganisation das Mittel zugelassen. Zwei Milliarden Dosen sollen 2021 produziert werden. Da jede Person zwei Dosen bekommt, reicht das für ein Achtel der Menschheit. Größter Nachteil: Das Mittel muss auf minus 70 Grad gekühlt werden. Doch es kommen ja noch Alternativen hinzu.
Foto: FABIAN BIMMER / REUTERS
Die US-Biotechfirma Moderna begann Mitte März 2020 als erste mit klinischen Studien. Auch diese konnten eine Wirksamkeit von gut 94 Prozent belegen. Weiterer Vorteil: Das Mittel ist bei deutlich weniger aufwendiger Kühlung haltbar. Und vor allem: Moderna-Chef Stéphane Bancel (48) hat die Operation "Warp Speed" mit logistischer Hilfe des US-Mililtärs im Rücken. Die Firma setzt wie Biontech auf die mRNA-Technologie. Nach den USA am 18. Dezember setzen auch Kanada, Israel, Großbritannien, die EU und die Schweiz das Vakzin ein.
Foto: Bill Sikes / AP Photo
Am 4. Januar kam - im Beisein von Premierminister Boris Johnson (56) - auch ein von der Universität Oxford und dem britischen Konzern Astrazeneca entwickelter Impfstoff in britischen Krankenhäusern zum Einsatz. Laut EU-Behörde EMA ist dieses Vakzin zu rund 60 Prozent wirksam, mit anderer Dosierung wurden aber auch mehr als 90 Prozent erreicht. Es handelt sich um einen Vektorimpfstoff - nicht ganz so revolutionär wie mRNA, diese Technik ist aber auch erst seit 2016 im kommerziellen Einsatz.
Die Uni Oxford hat Astrazeneca zu einem Non-Profit-Betrieb verpflichtet. Der Impfstoff ist mit rund zwei Euro pro Dosis deutlich günstiger als die mRNA-Mittel von Biontech und Moderna, mit Lagerung zu Kühlschranktemperaturen leichter zu handhaben - und vor allem steht eine Produktionskapazität von drei Milliarden Dosen bereit, ein Großteil davon in Indien für arme Länder. Doch der Hoffnungsträger sorgt immer wieder für Enttäuschungen, zuletzt setzten Dänemark und Norwegen die Impfungen sogar wegen eines Todesfalls aus. Deutschland hatte die knappen Dosen zunächst nur an die unter 65-Jährigen verimpft, am 4. März hat die Ständige Impfkommission das Vakzin aber auch für ältere Menschen empfohlen. Neue Studiendaten belegen zudem, dass das Mittel bei einem Abstand zwischen der Erst- und Zweitimpfung von zwölf Wochen noch wirksamer ist.
Foto: WPA Pool / Getty Images
In den USA hat der Impfstoff von Johnson & Johnson (J&J) bereits am 27. Februar eine Notfallzulassung erhalten. In der EU gab die zuständige Behörde dann am 11. März die Empfehlung zur Zulassung.
Im Vergleich zu Biontech/Pfizer sowie dem Impfstoff von Moderna und Astrazeneca bietet das Mittel den Vorteil, dass eine Dosis ausreichen soll statt zwei. Zudem muss das Präparat nicht tiefgefroren gelagert werden, was die Verteilung erleichtert. J&J hatte Ende Januar für das Mittel eine Wirksamkeit von 66 Prozent beim Schutz vor mittelschweren bis schweren Covid-19-Verläufen in seiner weltweiten Untersuchung mit rund 44.000 Teilnehmern gemeldet. Bei der Vorbeugung einer Krankenhauseinweisung war das Vakzin 14 Tage nach der Impfung zu 85 Prozent wirksam und zu 100 Prozent nach 28 Tagen.
Dem Astrazeneca-Produkt sehr ähnlich (Vektorimpfstoff) ist der Impfstoff "Sputnik-V" des staatlichen russischen Gamaleya-Instituts. Der ebenfalls auf Adenoviren - die herkömmliche Erkältungen auslösen - basierende Stoff wurde von Russland bereits im August zugelassen, ohne die Prüfung von Wirksamkeit und Sicherheit in klinischen Großstudien abzuwarten. Erst zwei Wochen später kam das Vakzin in Phase 3. Für dieses Vorgehen hagelte es Kritik, doch inzwischen trägt der Impfstoff mit einer Wirksamkeit von 92 Prozent das Siegel der Wissenschaft.
Inzwischen wird das Vakzin in 46 Ländern eingesetzt, Ende Januar wurde auch die EU-Zulassung beantragt, nachdem Gamaleya und Astrazeneca eine Kooperation für einen Superimpfstoff ankündigten und sich auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (66) für das russische Mittel einsetzte. Einige europäische Länder wollen aber nicht mehr auf die Zulassung warten: In Ungarn, der Slowakei und Tschechien ist Sputnik V bereits zugelassen oder es laufen nationale Zulassungsverfahren.
Foto: RDIF HANDOUT/EPA-EFE/Shutterstock
In China, wo das Coronavirus im Januar 2020 entdeckt wurde, sind mehrere Impfstoffe bereits seit dem Sommer 2020 im millionenfachen Einsatz an medizinischem Personal und Risikogruppen oder auch dem Militär. Die staatliche Firma Sinopharm hat zwei verschiedene Impfstoffe auf den Markt gebracht. Ein vom Pekinger Institut für Biologische Produkte entwickelter Totimpfstoff erhielt am 31. Dezember die erste Zulassung für die Allgemeinheit in China - nachdem in Studien eine Wirksamkeit von 79 Prozent gezeigt wurde. Beide Impfstoffe von Sinopharm werden in Phase-III-Studien getestet. Nach Angaben aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die das Mittel ebenso wie Bahrain und Ägypten ebenfalls freigaben, sind es gar 86 Prozent. In China selbst gibt es längst nicht mehr genügend Infizierte für die Kontrollgruppe.
Foto: Zhang Yuwei / dpa
Aus Indien kommt neben der massenhaften Auftragsproduktion für westliche Pharmariesen auch eine Eigenentwicklung: Die mit staatlichen Instituten kooperierende Biotechfirma Bharat aus dem "Genome Valley" von Hyderabad startete Ende Oktober in Phase 3, am 3. Januar erteilte die indische Regierung die Freigabe für den Noteinsatz. Ergebnisse der klinischen Studie wurden bis dato nicht veröffentlicht.
Foto: Stringer . / REUTERS
Zeitgleich mit Johnson & Johnson meldete auch die US-Firma Novavax Fortschritte, wiederum mit dem Nachteil, dass die südafrikanische Mutation offenbar die Impfung schwächt. In Großbritannien erreichte der Proteinimpfstoff aber 89 Prozent Wirksamkeit, die US-Studie startete wegen Produktionsproblemen trotz Milliardenförderung vom Staat erst Ende Dezember. Novavax hat mit derselben Technik bereits einen Impfstoff gegen Grippe entwickelt. Für die Covid-Impfung haben die Amerikaner früh mit dem Serum Institute of India einen Auftrag zur Massenproduktion von zwei Milliarden Dosen vereinbart. In den USA sei eine Notfallzulassung des Impfstoffs ab Mai möglich, sagte Novavax-Chef Stanley Erck.
Foto: ANDREW CABALLERO-REYNOLDS / AFP
Curevac hat sich mit dem Bayer-Konzern für die Impfstoffproduktion zusammengeschlossen - ein Signal, dass die Biotechhoffnung aus Tübingen als Nachzügler doch noch Wucht entfalten könnte. Im Frühjahr 2020 galt Curevac als Vorreiter im Impfstoffrennen, zeitweise ging gar die Angst um, die USA würden die deutsche Biotechfirma kapern.
Es folgten ein Einstieg des Bundes und ein furioser Börsengang an der Nasdaq. Im Oktober 2020, für den Hauptaktionär Dietmar Hopp (80) anfangs schon ein fertiges Produkt verheißen hatte, wurden erst positive Zwischenergebnisse aus Tierversuchen verkündet. Erst im Dezember begannen die klinischen Großversuche der Phase 3 mit 35.000 Teilnehmern - Curevac glaubt aber, mit dem besseren Impfstoff gut im Rennen zu sein, wenn auch nicht mehr rechtzeitig für den nordamerikanischen Markt. Erst Mitte 2021 wird die Zulassung erwartet. Dafür wird mithilfe von Glaxosmithkline gleich die nächste Generation vorbereitet - mutantensicher.
Foto: Nasdaq MarketSite / dpa
Der von Emma Walmsley (51) geführte weltgrößte Impfstoffhersteller Glaxosmithkline scheint etwas an der Seitenlinie zu stehen - zumal die spektakuläre Kooperation mit dem Branchenzweiten Sanofi im Dezember enttäuschende Ergebnisse brachte und mit einer neuen Phase 1/2-Studie von vorn beginnen muss. Beide Partner haben jedoch neue Aufgaben gefunden: Sanofi hilft bei der Produktion des Biontech-Mittels, Glaxosmithkline verbündet sich mit dem deutschen Hersteller Curevac. Zudem liefern die Briten ihren Wirkstoffverstärker für weitere Impfstoffprojekte, die bereits in Phase 3 sind: eines der chinesischen Firma Clover Biopharmaceuticals und eines der kanadischen Firma Medicago, die den neuen Impfstoff züchtet, indem sie Tabakpflanzen das Erbgut der Viren injiziert. In dieses Projekt hat passenderweise auch der Tabakkonzern Philip Morris investiert.