Märkte Konjunktur-Euphorie lässt Kurse abheben
New York/Frankfurt am Main - Die New Yorker Börsen haben dank guter Nachrichten vom US-Immobilienmarkt und der Notenbank Fed kräftige Gewinne verzeichnet. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte ging 1,7 Prozent höher bei 9505 Punkten aus dem Handel - so hoch schloss er seit dem 6. Oktober 2008 nicht mehr.
Der breiter gefasste S&P-500 gewann 1,9 Prozent auf 1026 Zähler. Auch der Index der Technologiebörse Nasdaq legte 1,6 Prozent auf 2020 Punkte zu. In Frankfurt schloss der Dax 2,9 Prozent fester bei 5462 Punkten.
In Frankfurt hatten zudem positive Konjunkturdaten für die Eurozone den Dax am Freitag auf den höchsten Stand in diesem Jahr getrieben. Der deutsche Leitindex baute seine Gewinne zeitweise auf 3,1 Prozent aus und notierte bei 5477 Zähler. Zum Handelsschluss auf Xetra schloss der Index bei 5462 Zählern, ein Plus von 2,9 Prozent.
Beim MDax der mittelgroßen Werte zeigten die Kurstafeln zum Handelsende einen Tagesgewinn von 1,96 Prozent auf 6706 Punkte an. Für den Technologiewerte-Index TecDax ging es vor dem Wochenende um 1,33 Prozent auf 709 Punkte hoch.
In den USA stiegen die Verkäufe bestehender Häuser im Juli deutlich stärker als erwartet und Bernanke sprach von guten Aussichten auf eine baldige Rückkehr des heimischen Wirtschaftswachstums. Dies befeuerte auch den Dow Jones, der zuletzt um 1,6 Prozent zulegte.
Als Stütze erwies sich auch die positive Stimmung der Einkaufsmanager in der Eurozone, die sich im August den sechsten Monat in Folge aufgehellt hat.
Deutschland als Motor für Erholung in Europa
Besonders stark aufgehellt hatte sich die Wirtschaftsstimmung in der Bundesrepublik. Die Hoffnung auf eine baldige Belebung hat dann auch die europäischen Aktienmärkte auf Jahreshochs getrieben. Der Stoxx 50 und der EuroStoxx 50 legten in der Spitze um 2,5 beziehungsweise 3,2 Prozent zu und notierten damit jeweils auf dem Niveau vom vergangenen November.
Gegen 16.15 Uhr (MEZ) zündete dann an den US-Börsen die zweite Welle: Amerikas Notenbankchef Ben Bernanke sagte, er sehe gute Chancen für eine Rückkehr zum Wachstum.
"Wenngleich sich die Weltwirtschaft inzwischen stabilisiert hat, rechne ich mit keinem hohen Tempo bei der Konjunkturerholung", sagte er am Freitag beim jährlichen Notenbankertreffen in Jackson Hole. Bernanke äußerte die Auffassung, dass der wirtschaftliche Abschwung in den USA und weltweit sein Ende gefunden hat. Kurzfristig seien die Aussichten für eine Rückkehr zum wirtschaftlichen Wachstum gut.
Die mahnenden Worte führender europäische Notenbanker fielen dagegen kaum ins Gewicht. Er sei besorgt darüber, dass einige schon wieder von einer Rückkehr zur Normalität sprächen, nur weil es erste Anzeichen einer Konjunkturerholung gebe, sagte der Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, am Freitag am Rande der Fed-Konferenz in Jackson Hole. "Wir wissen, dass wir noch eine Menge Arbeit vor uns haben."
Vor zuviel Optimismus im Zusammenhang mit der deutschen Konjunktur warnte auch Bundesbank-Präsident Axel Weber. Dem Fernsehsender CNBC sagte Weber, zwar sei der deutliche Abschwung der deutschen Wirtschaft gestoppt und es gebe Anzeichen für eine Stabilisierung. "Es ist aber noch zu früh, um daraus zu schlussfolgern, dass wir schon alles hinter uns haben. Wir haben gerade den Boden erreicht."
Energieversorger an der Indexspitze
Die Aktien legten dennoch weltweit zu. Grund für den erneuten Kursaufschwung waren verbesserte Konjunkturdaten aus Deutschland und der gesamten Euro-Zone: Der entsprechende Index des Markit-Forschungsinstituts ist von 47,0 Punkten im Vormonat auf 50,0 Punkte gestiegen.
Für die Wirtschaft der 16 Euro-Länder ist das Ende der Rezession damit in greifbare Nähe gerückt. Die deutschen Unternehmen vertrauen darauf, dass sie sich aus dem Klammergriff der Wirtschaftskrise gelöst haben: Sie schätzen ihre Geschäftsperspektiven so optimistisch ein wie seit Januar 2006 nicht mehr.
Aktien des Versorgers Eon legten an der Dax-Spitze um 5,54 Prozent auf 29,93 Euro zu, Titel des Konkurrenten RWE gewannen 4,56 Prozent auf 64,01 Euro. Von Händlern hieß es, der Sektor sei einer der größten Gewinner der Woche. Die von der Branchenentwicklung weitgehend abgekoppelten Volkswagen-Stammaktien erholten sich etwas von ihren drastischen Verlusten der vergangenen Tage und stiegen um 4,74 Prozent auf 6,84 Euro.
Die im MDax gelisteten Fraport-Aktien reagierten mit Schwankungen auf den Gerichtsentscheid zum Flughafenausbau. Sie zogen nach einem zwischenzeitlichen Rutsch an und schlossen 3,11 Prozent höher bei 36,09 Euro. Der Kasseler Verwaltungsgerichtshof (VGH) gab grünes Licht für den Ausbau. Allerdings muss die Zahl der Nachtflüge zwischen 23 und 5 Uhr neu geregelt werden.
Continental sind wieder gefragt
Die Titel von Continental stiegen um 2,71 Prozent auf 27,71 Euro. Nach der Verlängerung der Kredite für den Autozulieferer Schaeffler bemühen sich die Banken laut der Zeitung "Die Welt" auch um eine Lösung für die Tochter. Nach den erfolgreichen Verhandlungen von Schaeffler "sehen wir gute Chancen für Continental, ebenfalls eine entsprechende Vereinbarung treffen zu können", schrieb Analyst Michael Punzet von der DZ Bank.
Anteilsscheine von ProSiebenSat.1 kletterten um 5,19 Prozent auf 7,50 Euro. Händler verwiesen auf anhaltende Gerüchte, denen zufolge ähnlich wie beim Halbleiterkonzern Infineon nun bei dem Fernsehkonzern eine Kapitalerhöhung geplant sei, die von einem Investor unterstützt werde. Bei den Technologiewerten konnten Solartitel deutlich zulegen. Händler verwiesen auf einen Artikel im "Handelsblatt", dem zufolge die deutschen Vertreter der Solarbranche Schutzzölle gegen die Konkurrenz aus China verlangen.
Roth & Rau verteuerten sich um 6,34 Prozent auf 23,48 Euro, Solarworld kletterten 5,53 Prozent auf 15,47 Euro. An der Indexspitze rückten Aixtron-Papiere um 6,60 Prozent auf 14,54 Euro vor. Hier verwiesen Händler auf Spekulationen um einen Aufkäufer im Markt. Auch sei der Spezialmaschinenbauer mit einer Marktkapitalisierung von über einer Milliarde Euro wieder in den Fokus großer institutioneller Anleger gerückt. Escada-Titel sprangen 17,33 Prozent auf 0,880 Euro hoch. Viele Investoren signalisierten ihr Interesse an der Luxusmarke, berichtet das "Handelsblatt" unter Berufung auf Unternehmenskreise.
Der EuroStoxx 50 schloss 3,08 Prozent höher bei 2745,62 Zählern. Für die Leitindizes in Paris und London ging es ebenfalls deutlich bergauf. In New York zeigte sich der US-Leitindex Dow Jones zum europäischen Handelsschluss freundlich.
Am Rentenmarkt stieg die durchschnittliche Rendite der börsennotierten Bundeswertpapiere auf 3,04 (Vortag: 3,02) Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,02 Prozent auf 122,29 Punkte. Der Bund Future fiel um 0,43 Prozent auf 121,99 Punkte. Der Kurs des Euro stieg. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,4330 (Donnerstag: 1,4243) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,6978 (0,7021) Euro.
manager-magazin.de mit Material von dpa und reuters