Marktausblick Börsenkrach und kein Ende
Frankfurt am Main/New York - Die Wirtschaftskrise bestimmt Experten zufolge unverändert das Geschehen am deutschen Aktienmarkt: Nachdem am vergangenen Montag der Dax die psychologisch wichtige Marke von 4000 Punkten durchbrach, ist der weitere Weg nach unten offen. Aktienmarktexperten schließen in der neuen Woche einen Fall bis auf 3600 Punkte nicht aus, allerdings seien "technische Gegenreaktionen jederzeit möglich", wie es die Landesbank Berlin formuliert.
Die Furcht vor einem wirtschaftlichen Kollaps osteuropäischer Staaten wird den deutschen Aktienmarkt weiter belasten. "Die Leute sind in Hab-Acht-Stellung", sagt Marktanalyst Giuseppe Amato vom Brokerhaus Lang & Schwarz. "Sobald von dort neue Hiobsbotschaften kommen, werden die deutschen Finanzwerte unter Druck geraten."
Dem Chef der Osteuropabank, Thomas Mirow, zufolge benötigen die osteuropäischen Institute bis zu 150 Milliarden Dollar zur Rekapitalisierung. Weitere 200 Milliarden Dollar könnten benötigt werden, um einen Bankenzusammenbruch in der Region abzuwehren. In der abgelaufenen Woche rutschte der Dax erstmals seit 2004 unter die Marke von 4000 Punkte und verlor unter dem Strich rund vier Prozent.
Auch die Experten der Landesbank Berlin blicken pessimistisch in die Zukunft: "Die jüngsten Kursstürze an den Aktienmärkten der Eurozone haben wieder einmal deutlich vor Augen geführt, dass weder in konjunktureller Hinsicht noch mit Blick auf die Finanzkrise Entwarnung gegeben werden kann. Von jederzeit möglichen, auch heftig ausfallenden technischen Gegenreaktionen abgesehen, dürfte daher der Druck auf die Aktienkurse vorerst bestehen bleiben."
Sturm über Osteuropa
Trotz des sich über Osteuropa zusammenbrauenden Sturms behalten die Anleger die wirtschaftliche Entwicklung in den USA fest im Blick. Denn der deutsche Aktienmarkt hänge derzeit noch viel stärker am Tropf der Wall Street als üblich, betonen Börsianer. Für Hoffnung auf eine Trendwende der US-Konjunktur sei es noch zu früh. "Die USA haben ihr Konjunkturpaket zwar endlich verabschiedet", sagt einer von ihnen. "Aber bis die Maßnahmen greifen, dauert es einige Zeit." Daher seien weder vom US-Einkaufsmanagerindex am Montag noch von den Arbeitsmarktzahlen am Freitag positive Überraschungen zu erwarten.
Größere Kursausschläge, zumindest bei einzelnen Aktien, erwarten sich die Aktienmarktexperten von den anstehenden Unternehmensbilanzen. Aus dem Dax haben unter anderem die Nachzügler Bayer (Dienstag), Adidas (Mittwoch) und Salzgitter (Donnerstag) die Vorlage ihrer Geschäftszahlen angekündigt. Das Hauptaugenmerk liege hier auf den geplanten Dividenden, betont Fondsmanager Christoph Berger von Cominvest. "Sie gelten als Signal dafür, wie die Unternehmen ihre eigenen Aussichten und die Stärke ihrer Bilanz einschätzen."
Unabhängig davon entscheidet die Deutsche Börse am Mittwoch über die Zusammensetzung der deutschen Indizes. Am Markt gilt ein Abstieg von Postbank und Infineon aus der ersten Börsenliga als sicher. Als heißeste Aufstiegskandidaten gelten Fresenius und Hannover Rück.
Trübe Stimmung an der Wall Street
Trübe Stimmung an der Wall Street
Von der Zinsentscheidung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag erwarten Börsianer keine Überraschungen. Am Markt gilt eine erneute Senkung um 50 Basispunkte als ausgemacht. "Die Tür für weitere Zinssenkungen wird die EZB voraussichtlich offen halten, ohne allerdings Hinweise auf den nächsten Schritt zu geben", betonte Commerzbank-Analyst Michael Schubert.
Angesichts der anhaltenden Sorgen um den Zustand von Banken und Gesamtwirtschaft droht an der Wall Street in der kommenden Woche ein Rutsch unter das Zwölf-Jahres-Tief vom Freitag. Nach der Teilverstaatlichung der Citigroup warten die Anleger gespannt auf weitere Nachrichten, wie die US-Regierung dem schwer angeschlagenen Finanzsystem auf die Beine helfen will.
Anfang der Woche will die Notenbank Fed Details zu ihren Plänen veröffentlichen, mit einem umfangreichen Kreditprogramm Verbraucher und kleine Firmen zu unterstützen. Der Finanzstabilitätsplan TALF gilt als wesentlicher Bestandteil der Bemühungen, die Auswirkungen der Kredit- und Immobilienkrise einzudämmen. Das Programm könnte auf eine Größe von bis zu einer Billion Dollar anschwellen.
Fülle von Konjunkturzahlen
Die in der kommenden Woche erwarteten Konjunkturzahlen dürften Analysten zufolge ein tiefes Abrutschen der weltgrößten Volkswirtschaft in die Rezession aufzeigen. So rechnen Analysten bei der Veröffentlichung der Zahl der Beschäftigten außerhalb der Landwirtschaft mit einem Anstieg der Arbeitslosenrate auf 7,9 Prozent.
"Wir werden täglich von schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft bombardiert", sagte Michael Sheldon von RDM Financial in Westport, Connecticut. In welche Richtung der Markt gehe, werde entscheidend von dem TALF-Programm sowie von der Zukunft der Banken abhängen.
Die Teilverstaatlichung der Citigroup am Freitag verstärkte Ängste, dass noch mehr große Banken Hilfe benötigen könnten, um sich über Wasser zu halten. Bei weiteren Geldspritzen der Regierung könnten die gegenwärtigen Aktionäre der Banken schlecht wegkommen.
Zum Wochenausklang ging der Dow-Jones-Index der Standardwerte mit einem Abschlag von 1,66 Prozent bei 7062 Punkten aus dem Handel. Das war der niedrigste Schlusskurs seit Mai 1997. Der breiter gefasste S&P-500-Index fiel 2,36 Prozent auf 735 Zähler, dem niedrigsten Stand seit Dezember 1996. Der Index der Technologiebörse Nasdaq Composite sank 0,98 Prozent auf 1377 Punkte.
manager-magazin.de mit Material von dpa und reuters
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