Wochenausblick Andauernder Ausverkauf befürchtet
Frankfurt am Main - Ein Ende der Ausverkaufsstimmung an den Aktienmärkten weltweit ist nicht Sicht. Wegen der Verwerfungen im Finanzsektor, der globalen Wirtschaftsschwäche, des Drucks auf die Unternehmensgewinne sowie katastrophaler Chartbilder sind Börsianern zufolge weitere Kursverluste in den kommenden Wochen zu erwarten. Marktstützende Faktoren wie der schwächere Euro, die wieder stark zurückgekommenen Ölpreise sowie die expansive Geldpolitik der Notenbanken werden vor diesem Hintergrund voraussichtlich verblassen.
"Auch der Dax dürfte vor seinem Jahrestief von 4014 Punkten nicht Halt machen", prognostizieren etwa die Experten der Landesbank Berlin. "Ein Ende der Bärenmärkte ist bei weitem noch nicht in Sicht." Kurzfristige Prognosen wagen sie aber aufgrund der unverändert hohen Kursschwankungen nicht. In der vergangenen Woche hat der deutsche Leitindex 12,4 Prozent an Wert verloren und mit 4127 Punkten geschlossen.
Die WestLB sieht ebenfalls noch keinen Silberstreifen am Horizont: Für die kommende Woche seien weiterhin keine Signale in Sicht, die auf ein Ende der Konjunkturschwäche schließen ließen. "Beim Ifo-Geschäftsklima erwarten wir den sechsten Rückgang in Folge, nicht zuletzt, weil die Unternehmen nun auch ihre aktuelle Lage weitaus pessimistischer einschätzen dürften", hieß es vom Expertenteam der Düsseldorfer Bank.
Auf der Unternehmensseite ist es inzwischen insgesamt ruhig geworden. Die Postbank wird wegen ihrer Kapitalerhöhung im Blick stehen. Auswirkungen auf den Aktienkurs werden aber keine erwartet, da die Kapitalerhöhung von der Muttergesellschaft Deutsche Post garantiert wurde.
Porsche und ThyssenKrupp legen Geschäftsjahreszahlen vor. Zudem wird die britische Tochter Tui Travel des Reise- und Schifffahrtkonzerns Tui vorläufige Jahreszahlen berichten. Porsche hatte bereits einige Eckdaten zum Gesamtjahr mitgeteilt, wobei die Gewinne auf die Optionen auf Volkswagen die Zahlen dominierten. Eine genaue Abschätzung, wie sich dagegen das Kerngeschäft des Sportwagenherstellers entwickelt hat, ist laut Analyst Marc-Rene Tonn von M. M. Warburg erst nach der Vorlage der Bilanz am Mittwoch möglich. Vom Stahlkonzern ThyssenKrupp erwarten die UBS-Analysten einen Rückgang beim operativen Ergebnis und beim Überschuss. "Wir rechnen mit einem stärker als allgemein erwarteten Rückgang der Stahlpreise", hieß es dazu seitens der Schweizer Bank außerdem.
"Wenn wir von Citigroup nichts bekommen, haben wir ein Problem"
Die US-Anleger müssen sich in der kommenden Woche auf reichlich Gegenwind einstellen, wenn sie an die Schlussrally vom Freitag anknüpfen wollen. Der November droht als einer der schlechtesten Monate in die Geschichte der Wall Street einzugehen. Mit Sorge dürften die Händler vor allem das Schicksal der schwer angeschlagenen Citigroup im Blick behalten.
Das einst größte Geldhaus der Welt spielt Kreisen zufolge derzeit verschiedene Szenarien durch. Offenbar spricht die Citigroup mit dem US-Finanzministerium und der US-Notenbank Fed über eine Lösung. Joe Saluzzi von Themis Trading sieht die Citigroup als zentral für Wohl und Wehe der Wall Street in der kommenden Woche. Wenn es gute Nachrichten gebe - ein Verkauf, ein Konzernumbau oder ein neues Management - könne sich die Rally am Montagmorgen möglicherweise fortsetzen. "Wenn wir von Citigroup nichts bekommen, haben wir am Montagmorgen ein kleines Problem."
Gleich zum Auftakt der wegen Thanksgiving verkürzten Handelswoche soll der designierte US-Präsident Barack Obama sein Wirtschaftsteam vorstellen. Dies wird von den Anlegern mit größter Spannung erwartet, beflügelten doch bereits Berichte über eine mögliche Nominierung des New Yorker Notenbankchefs Timothy Geithner zum Finanzminister am Freitag die US-Börsen.
Jay Mueller von Strong Capital Management warnt allerdings davor, dass eine Stützung der Märkte noch von konkreten Maßnahmen des Obama-Teams abhänge. Die Märkte wollten sich vergewissern, dass Obama wisse, wie er die Lage in den Griff bekommen könne, sagte Mueller. "Und, dass er nicht gegen die Investoren eingestellt ist." Obama kündigte am Wochenende ein umfassendes Konjunkturprogramm an.
Die anstehenden US-Konjunkturdaten dürften ebenfalls nur die stark getrübten Wirtschaftsaussichten für das laufende und die kommenden Quartale bestätigen. Die Talfahrt im Wohnungsbau und bei den Immobilienpreisen wird sich laut WestLB voraussichtlich fortsetzen und die teils hoch verschuldeten Konsumenten ihre Ausgaben weiter einschränken.
"In diesem Zusammenhang wird der anstehende Thanksgiving Day interessant sein", hieß es, da die Tage und Wochen um das Erntedankfest als die umsatzstärksten des US-Einzelhandels gelten. Laut Analyst Patrick Franke von der Helaba dürften zudem die Auftragseingänge und die monatlichen Zahlen zu den Einkommen und Ausgaben im Fokus stehen. "Sie werden wichtige Informationen darüber liefern, wie schwach die US-Wirtschaft im vierten Quartal wirklich sein wird."
Am Freitag schloss der Dow-Jones-Index der Standardwerte 6,5 Prozent höher bei 8046 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 gewann 6,3 Prozent auf 800 Zähler. Der Index der Technologiebörse Nasdaq legte 5,2 Prozent auf 1384 Punkte zu. Im November hat der Dow bereits knapp 14, der S&P mehr als 17 und die Nasdaq knapp 20 Prozent verloren.
manager-magazin.de mit Material von dpa-afx und reuters