Wochenausblick Börse setzt auf Bernanke
Frankfurt am Main - Nach der überraschenden und deutlichen jüngsten Leitzinssenkung dürfte am Mittwoch die Sitzung der US-Notenbank im Fokus stehen. Der Markt rechnet laut Händlern fest mit einem weiteren Zinsschritt nach unten. Am Freitag sollte die Aufmerksamkeit der Anleger sich auf den US-Arbeitsmarktbericht sowie den ISM-Index des Verarbeitenden Gewerbes für Januar richten.
Der deutsche Aktienmarkt dürfte in der kommenden Woche weiter sehr schwankungsanfällig bleiben. "Sowohl die eingetrübten fundamentalen Rahmenbedingungen als auch die stark angeschlagene Charttechnik sprechen für mögliche weitere Kursrückschläge", heißt es etwa bei der Landesbank Berlin (LBB). Die jüngste Gegenbewegung nach den vorangegangenen Verlusten habe sich aufgrund der überverkauften Marktlage bereits angedeutet und sollte nicht als Trendumkehr interpretiert werden.
Finanzkrise ist noch nicht ausgestanden
Der außerplanmäßigen US-Zinssenkung vom vergangenen Dienstag schreiben die Experten des Instituts nur eine kurzfristig stützende Wirkung zu. "Wir glauben, dass die Aus- und Nachwirkungen der Finanzkrise noch nicht ausgestanden und die fundamentalen Risikofaktoren unverändert präsent sind." Besonders eine Konjunkturverlangsamung in der Eurozone könnte bei einer US-Rezession stärker als erwartet ausfallen.
Die LBB-Experten raten den Anlegern daher, abzuwarten. Mittel- bis langfristig würden die Aktienmärkte sich beruhigen und die Kurse wieder moderat steigen. Die jüngsten Daten vom Ifo-Index zeugten von einer robusten Wirtschaft, bei der ein Einbruch nicht bevorstehen sollte. Auch hätten die Unternehmen trotz des starken Euro optimistische Exporterwartungen und zuletzt mit ihren Bilanzen die Anleger zufrieden gestimmt. Ein Risiko sieht die LBB in den Ausblicken der Konzerne - hier lauere Enttäuschungspotenzial, das "die ohnehin schon nervösen Aktienmärkte erneut auf Talfahrt schicken" könnte.
Chancen auf Stabilisierung haben sich verbessert
"Die Chancen auf eine Stabilisierung der Aktienmärkte haben sich verbessert, die Bodenbildungsphase dürfte jedoch volatil verlaufen", lautete das Fazit der Unicredit-Analysten. Das Chance/Risiko-Verhältnis der europäischen Aktienmärkte habe sich nach dem zwischenzeitlichen Kursverlust von gut 20 Prozent im Vergleich zu den Vorjahreshochs deutlich verbessert. Auch eine "milde" Rezession in den USA scheine dadurch weitgehend vorweggenommen. Eine globale Wirtschaftsschwäche könnte jedoch weiteres Abwärtspotenzial bringen. Angesichts der Bewertungsrelationen erwägen die Experten, ihre "Untergewichtung von Aktien in Richtung einer neutralen Positionierung zu verändern".
DZ-Bank erwartet keine US-Rezession
Die Experten der DZ-Bank rechnen nicht mit einer US-Rezession, auch wenn die Wahrscheinlichkeit dafür gestiegen sei. Sie gehen davon aus, "dass wir mit einer deutlichen Wachstumsdelle" davonkommen. Die Märkte dürften in wenigen Wochen wieder zur Normalität zurückkehren. Selbst Übertreibungen als Gegenreaktion zum jüngsten Schock seien denkbar. Sollte die Rezession aber doch eintreten, "steht der Dax im Sommer eher bei 4500 als bei 8000 Punkten".
Deutsche Unternehmenszahlen sind in der neuen Woche noch dünn gesät. Am Montag legt Wincor Nixdorf Zahlen für das erste Geschäftsquartal vor und sollte nach Einschätzung von Analysten deutlich mehr verdient haben als im Vorjahr. Am Dienstag folgt Klöckner & Co mit seiner vorläufigen Jahresbilanz, einen Tag später die Bilanzpressekonferenz von SAP. Zahlen für das vierte Quartal hatte der Softwarehersteller bereits Mitte Januar veröffentlicht. Am Donnerstag will Altana vorläufige Jahreszahlen vorlegen. Rofin-Sinar und Epcos berichten über das erste Geschäftsquartal.
Gerold Löhle, dpa-afx