Börse Das Projekt 7000
Frankfurt am Main - "Gemessen an der Steigerung der Unternehmensgewinne ist beim Dax noch etwas Luft nach oben", rechnet Aktienstratege Frank Schallenberger von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) vor. Während die großen Firmen, deren Aktien im Dax notiert sind, in diesem Jahr ihre Gewinne im Durchschnitt um rekordverdächtige 25 Prozent steigern konnten, schaffte der deutsche Leitindex dieses Plus nicht ganz. Binnen Jahresfrist legte er 22 Prozent zu, von rund 5400 Punkten auf fast 6600 Zähler - knapp unter seinem Sechs-Jahres-Hoch. "Da haben wir noch etwas Pulver trocken", meint Schallenberger.
2006 war am deutschen Aktienmarkt das Jahr der Nebenwerte, die das Rückgrat der deutschen Wirtschaft repräsentieren, den Mittelstand. Zum wiederholten Male hängten MDax, TecDax und SDax ihren großen Bruder ab. Seit Jahresbeginn schafften die Aktien im Kleinwerteindex SDax ein Plus von 31 Prozent, der MDax kletterte um 28 Prozent und der TecDax um 25 Prozent.
Größter Gewinner im Dax war im zu Ende gehenden Jahr die Aktie von ThyssenKrupp, die vom anhaltenden Hunger der Boom-Nationen China und Indien nach Stahl profitierte. Wer Anfang des Jahres ThysenKrupp-Aktien im Depot hatte, konnte sich zum Jahreswechsel 2006/07 über eine Verdoppelung seines Kapitals freuen. Papiere von Volkswagen und Lufthansa schafften immerhin Zuwäche von 90 und 60 Prozent.
Wieder einmal schlecht erging es in den zurückliegenden zwölf Monaten den Aktionären der Deutschen Telekom. Auch im zehnten Jahr seit dem Börsengang des ehemaligen Staatskonzerns steht ein Minuszeichen vor der Jahresbilanz. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die ehemalige Volksaktie das Jahr nur als drittschwächster Dax-Wert abschließen wird und die rote Laterne an das Papier des Reise- und Touristikkonzerns Tui abgegeben hat.
Während die Börsianer das vierte Jahr in Folge mit steigenden Kursen feiern konnten, ist die Aktienhausse an den meisten Privatanlegern vorbeigegangen. Seit dem Börsenboom und dem folgenden Börsencrash zu Anfang des Jahrzehnts sind sie tief verunsichert und haben bis November rund sechs Milliarden Euro aus Aktienfonds abgezogen. "Viele Anleger haben erst jetzt ihre Verluste aus dem schlechten Jahren 2000 bis 2003 wieder ausgeglichen und steigen nun erst einmal aus", erklärt Analyst Detlef Glow vom Fondsanalysehaus Lipper.
Mittlerweile hat der Dax nämlich sein Niveau von Ende 1999 - vor dem Höhepunkt der Börseneuphorie zur Jahrtausendwende - wieder erreicht. Glow: "Die Fonds sind die Verlierer, weil das Geld inzwischen eher in den boomenden Zertifikatemarkt gesteckt wird." Die ersten Tage des neuen Jahres bieten den Investoren zwar genügend Zeit, diese Anlagestrategie noch einmal zu überdenken. Zündende Ideen für das eine oder andere schnelle Investment sind jedoch - dafür genügt ein kurzer Blick auf den praktisch leeren Terminkalender - nicht zu erwarten.
Nur ein paar Konjunkturdaten aus den USA stehen auf der Agenda. Und die traditionell zu Jahresbeginn stattfindende Automesse in Detroit wirft ihre Schatten voraus. Richtig auf Touren kommen die Börsianer aber traditionell erst ab Mitte Januar. Dieser gilt im langjährigen Mittel als guter Börsenmonat. Die Hausse könnte sich also auch nach dem Jahreswechsel fortsetzen - dann hätten die Optimisten zumindest vorerst Recht behalten.
Andreas Framke, reuters