Börsenschluss Jahresgewinn verspielt

Der Aktienmarkt in Frankfurt am Main hat einen schweren Schlag hinnehmen müssen. Der Leitindex Dax rutschte heute so tief in die roten Zahlen, dass der gesamte bisherige Kursgewinn des Jahres 2006 verpuffte. Nur Henkel- und Schering-Aktien verbuchten Kursgewinne.

Frankfurt am Main - Deutschlands Anleger werden den heutigen Handelstag so schnell nicht vergessen. Der Frankfurter Aktienleitindex Dax  büßte 2,9 Prozent seines gestrigen Schlussstandes ein und rutschte auf 5383,28 Indexpunkte ab. Damit wurden die Dax-Gewinne seit Jahresbeginn aufgezehrt. Auch der MDax  der mittelgroßen deutschen Aktiengesellschaften rutschte kräftig ins Minus und verlor 3,75 Prozent auf 7570,99 Zähler. Für den Technologieindex TecDax  ging es um 3,67 Prozent auf 614,70 Punkte nach unten. Der VDax, der die Nervosität der Anleger widerspiegelt, markierte den höchsten Stand seit zwei Jahren.

In Japan und den USA hatten die Aktienindizes bereits am Vortag deutlich nachgegeben. "Hier zeigt sich wieder die deutschlandtypische Tendenz, alles was in Übersee passiert, doppelt und dreifach nachzuzeichnen", kommentierte Aktienstratege Michael Köhler von der Landesbank Rheinland-Pfalz das Handelsgeschehen.

Ein Kursdesaster erlebte speziell die asiatische Leitbörse in Tokio. Der Nikkei-225-Aktienindex  fiel erstmals in diesem Jahr unter die Marke von 15.000 Punkten; zeitweise betrugen die Verluste 600 Stellen oder 4,0 Prozent auf 14.496 Zähler. Der Nikkei schloss den Handel am Donnerstag mit einem Verlust von 3,1 Prozent auf 14.633 Punkten. Basilius Dan von der Credit Suisse sprach am Morgen von einem "irrationalen" Handel. Vor allem Hedgefonds hätten die Kurse nach unten gedrückt.

Auf dem Frankfurter Börsenparkett gerieten heute vor allem Aktien jener Unternehmen unter die Räder, die besonders abhängig von der Konjunkturentwicklung sind, wie etwa die Papiere von ThyssenKrupp  und MAN, die um 6,19 Prozent auf 25,51 Euro sowie 7,5 Prozent auf 50,55 Euro nachgaben und damit an das Ende der Dax-Liste rutschten. Ebenfalls hohe Kursverluste mussten Besitzer von Deutsche Börse-Börse-Anteilsscheinen  hinnehmen, die um 2,3 Prozent auf 97,20 Euro nachgaben. Im hartnäckigen Kampf um die Mehrländerbörse Euronext  unterstützte ein Vertreter des deutschen Finanzministeriums den deutschen Marktbetreiber, indem er von der Notwendigkeit starker europäischer Börsen sprach.

Börsenchef Reto Francioni hatte in einem Interview mit der französischen Wirtschaftszeitung "Les Echos" angedeutet, für eine Fusion mit der Euronext womöglich zu weitergehenden Zugeständnissen bereit zu sein. Die Euronext hat bislang alle Offerten der Frankfurter ausgeschlagen und will mit der New York Stock Exchange fusionieren.

Einzige Gewinner im Dax waren zuletzt die Aktien von Henkel  und Schering , die um 0,12 Prozent auf 86,80 Euro sowie hauchdünne 0,02 Prozent auf 85,80 euro Euro zulegten und damit den Dax anführten.

Im Nebenwerteindex MDax  trennten sich Investoren dagegen im großem Umfang von ihren Vivacon-Aktien . Die Gesellschaft hatte zuvor mitgeteilt, dass der Börsengang der neu gegründeten Wohnimmobiliengesellschaft Vivacon German Properties wohl weniger Geld einbringen werde als ursprünglich geplant. Vivacon-Titel büßten daraufhin 19,47 Prozent ihres bisherigen Wertes ein und kosten nun 22,30 Euro. Die Anteilsscheine von KarstadtQuelle  gaben darüber hinaus um 7,96 Prozent auf 20,11 Euro nach. Der Handelskonzern beliefert seine 2005 verkauften kleineren Warenhäuser künftig nicht mehr mit seinen Eigenmarken.

Gegen den Markttrend gefragt waren die Papiere von Premiere , die in der Spitze um 2,4 Prozent zulegten und sich mit einem Plus von 0,3 Prozent auf 9,50 Euro aus dem Handel retteten. "Premiere will angeblich neue Partnerschaften mit Kabelfirmen suchen, vielleicht hilft das der Aktie", sagte ein Händler. Arena, eine Tochter der Kabelgesellschaft Unity Media, hatte den Bezahlfernseh-Sender beim Bieterwettstreit um die Übertragungsrechte für die Fußball-Bundesliga ausgestochen.

Die Lage auf dem Ölmarkt hat sich dagegen entspannt. Der Tod des Al-Kaida-Anführers im Irak, Abu Mussab al-Sarkawi, hat am Donnerstag die Preise für Rohöl weiter gedrückt. Ein Barrel (das Fass zu 159 Liter) der Nordsee-Ölsorte Brent und US-Rohöl verbilligten sich jeweils um rund einen Dollar auf 68,27 Dollar beziehungsweise 69,70 Dollar.

Der Euro-Kurs hat heute ebenfalls nachgegeben. Nach dem dritten kleinen Zinsschritt der Europäischen Zentralbank sank der Wert der Gemeinschaftswährung auf den tiefsten Stand seit gut einem Monat. Am späten Nachmittag kostete die europäische Devise 1,2636 Dollar. "Der kräftige Euro-Kursrutsch um gut einen Cent im Tagesverlauf ist allerdings eher durch technische Faktoren bestimmt", sagte Devisenexpertin Tabea Pollmüller von der Landesbank Rheinland-Pfalz.

manager-magazin.de mit Material von dpa und reuters

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