IfW-Studie Niedrige Grunderwerbsteuer fördert Neubau

In Deutschland fehlen Hunderttausende Wohnungen – steigende Zinsen und teure Baumaterialien bremsten den Neubau zuletzt zusätzlich. Eine niedrigere Grunderwerbsteuer könnte die Bautätigkeit kräftig ankurbeln, zeigt jetzt eine Studie.
Kaum noch zu bezahlen: Die Preise für herkömmliche Neubauwohnungen in Großstädten liegen schnell bei 9000 Euro je Quadratmeter und drüber – plus Maklerkosten und Grunderwerbsteuer. Bei den stark gestiegenen Bauzinsen schrecken viele Interessierte vor so einem Investment zurück.

Kaum noch zu bezahlen: Die Preise für herkömmliche Neubauwohnungen in Großstädten liegen schnell bei 9000 Euro je Quadratmeter und drüber – plus Maklerkosten und Grunderwerbsteuer. Bei den stark gestiegenen Bauzinsen schrecken viele Interessierte vor so einem Investment zurück.

Foto: Rupert Oberhäuser / IMAGO

Laut Koalitionsvertrag sollen in Deutschland jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen. Das Ziel wurde auch im Jahr 2022 nicht erreicht. Folgt man dem Deutschen Mieterbund, fehlten im vergangenen Jahr sogar 700.000 Wohnungen. Hohe Zinsen und teure Baumaterialien hatten den Wohnungsbau und Immobilienerwerb zuletzt noch unattraktiver gemacht. Einen möglichen Ausweg aus der Baumisere glaubt jetzt das Kieler Institut für Wirtschaftsforschung gefunden zu haben. Eine niedrigere Grunderwerbsteuer kurbele den Wohnungsbau an, lautet die zentrale Botschaft einer IfW-Studie .

Eine niedrigere Grunderwerbsteuer führe zu einem vermehrten Wohnungsbau der Privatwirtschaft. Zugleich zeige die Analyse, eine niedrigere Steuer komme die Länder günstiger, als über höhere Grunderwerbsteuersätze staatlichen Neubau in gleichem Umfang zu finanzieren. Das zeigten die Beispiele Bayern und Sachsen, die beide ihre Grundsteuer seit dem Jahr 2007 nicht erhöht haben.

Die Bundesländer können seit 2007 selbst über die Höhe der Grundsteuer entscheiden. Bayern und Sachsen haben als einzige ihre Sätze nicht angehoben, sondern auf 3,5 Prozent belassen.

Die Forscher des IfW verglichen die Bauinvestitionen in den beiden Ländern mit einem fiktiven Bundesland, das sie zusammensetzten aus jeweils strukturell ähnlichen Ländern mit höheren Grunderwerbsteuersätzen. Laut Studie lagen die Bauinvestitionen in Bayern in den Jahren 2011 bis 2020 durchschnittlich um 8 Prozent höher, in Sachsen um 11 Prozent höher.

"Eine niedrigere Grunderwerbsteuer [...] könnte der Bauwirtschaft in Zeiten steigender Zinsen und Preise aus der Krise helfen"

Studienautor Jens Boysen-Hogrefe

"Die Bautätigkeit war in den beiden Ländern mit weiterhin niedriger Grunderwerbsteuer merklich höher. Die Ergebnisse legen nahe, dass die Anhebung der Grunderwerbsteuersätze in den Vergleichsländern die private Wohnungsbautätigkeit belastet hat", erklärte Studienautor Jens Boysen-Hogrefe. Die Analyse zeige außerdem, dass Mehreinnahmen durch eine Erhöhung der Grunderwerbsteuer in der Regel bei Weitem nicht ausreichen, um damit in dem Umfang staatlichen Wohnungsbau zu finanzieren, wie er durch die Erhöhung privatwirtschaftlich verloren gehe.

Der positive Einfluss niedriger Steuern auf Immobilientransaktionen insgesamt sei bekannt, erklärte Boysen-Hogrefe. "Offenbar ist eine Reduktion der Grunderwerbsteuer aber auch ein effektives Mittel, um speziell den Wohnungsneubau voranzutreiben und könnte der Bauwirtschaft in Zeiten steigender Zinsen und Preise aus der Krise helfen."

In der Praxis werde dieses Instrument allerdings durch die Ausgestaltung des Länderfinanzausgleichs konterkariert, weil darin die Einnahmen aus Immobilientransaktionen zu Durchschnittssätzen aller Bundesländer abgerechnet werden, sodass Anreize bestehen, die eigenen Steuersätze über den Durchschnitt zu heben. "Dieser Mechanismus bedarf daher dringend einer Überarbeitung", empfahl Boysen-Hogrefe.

rei mit AFP

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