Vorfälligkeitsentschädigung
Banken kassieren zu hohe Entschädigung für gekündigte Immobilienkredite
Wer vorzeitig aus einem Immobilienkredit aussteigt, zahlt seiner Bank einen Schadensersatz. In Deutschland kassierten Banken dabei häufig zu viel, monieren Verbraucherschützer. Auch deshalb seien die fälligen Summen 2014 auf einem Höchststand - sogar im europäischen Vergleich.
Nobelhäuser in Hamburg: Wer eine Immobilie verkauft, bevor sein Kreditvertrag ausläuft, muss mit hohen Entschädigungszahlen rechnen.
Foto: Ulrich Perrey/ picture alliance / dpa
Hamburg - Vorfälligkeitsentschädigungen, die bei Ausstiegen aus Kreditverträgen fällig werden, sind teuer wie nie. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung der Verbraucherzentralen und des Verbraucherzentralen-Bundesverbands (VZBV). Lagen die Vorfälligkeitsentschädigungen in den Vorkrisenjahren 2007 und 2008 noch bei durchschnittlich 4 Prozent des abgelösten Restkapitals, stiegen sie bis 2013 auf rund 11 Prozent.
"Durch die Niedrigzinsphase haben die Belastungen für Verbraucher eine neue Dimension erreicht", sagte Dorothea Mohn, die beim VZBV das Finanzteam leitet. "Durch das extrem niedrige Zinsniveau können vorzeitig zurückgezahlte Kredite nur zu sehr niedrigen Renditen neu angelegt werden", führen die Autoren der Studie im Bericht selbst näher aus. "Die Vorfälligkeitsentschädigungen sind daher insgesamt sprunghaft nach oben geschnellt."
In 64 Prozent der Fälle stellen die Banken zu viel in Rechnung
Fast 3000 Fälle, in denen zwischen 2009 und 2013 Entschädigungen fällig wurden, haben die Verbraucherschützer untersucht. Das Ergebnis: Für Restschulden von rund 365 Millionen Euro wurden zusätzlich 31 Millionen Euro Entschädigunsgsleistungen gefordert. Um zu berechnen, ob die Banken dabei zu hohe Entschädigungen von ihren Kunden verlangten, haben die Finanzexperten zudem die Konditionen jedes einzelnen Verlagsdarlehens mit aktuellen Renditen von Hypothekenpfandbriefen am Kapitalmarkt verglichen.
Ein Investment in Pfandbriefe ist eine branchenübliche Methode, um den Ausfall von Kreditverträgen zu kompensieren. Dabei wird die zurückgezahlte Kreditsumme komplett investiert. Der hier erzielte Gewinn wird von den Zinsen, die der entsprechende Kredit bei einem regulären Auslaufen eigentlich eingebracht hätte, abgezogen. Bereinigt um Verwaltungskosten sowie das wegfallende Ausfallrisiko ergibt diese Differenz den Nettoschaden der Institute. Dieser wird von den Vorfälligkeitsentschädigungen gedeckt.
Die VZBV-Experten verglichen nun die von ihnen berechneten Nettoschäden mit den tatsächlich in Rechnung gestellten Summen - letztere seien in 64 Prozent der Fälle höher gewesen als der tatsächliche Schaden, den die Banken hätten kompensieren müssen.
Insgesamt hätten die Banken so etwa 3,5 Millionen Euro zu viel eingenommen. Weil die Institute zwar einen Schadensnachweis leisten müssten, aber fast nie den entsprechenden Berechnungsnachweis lieferten, falle das zumeist nicht auf. Zudem seien häufig Sondertilgungsklauseln nicht berücksichtigt worden. Auch erfolge die Berechnung der Wiederanlagerenditen nicht taggenau, sondern oft schon Wochen vor der eigentlichen Kündigung eines Kredits. Zusätzlich monieren die Verbraucherschützer, dass das nach Kündigung fehlende Ausfallrisiko zu wenig in die Berechnung der fälligen Entschädigung eingehe.
Forderung: Entschädigung sollte maximal 5 Prozent betragen
Nun fordert der VZBV, die Parameter zur Berechnung der Entschädigungen zu präzisieren. Banken sollten demnach ihre Kalkulationen offenlegen und ihre Kunden zudem verständlich und klar informieren. Die Pfandbriefrendite müsse taggenau berechnet, der Vorteil des fehlenden Ausfallrisikos fairer eingebracht werden. Auch sprechen sich die Verbraucherschützer für eine Deckelung der fälligen Summen bei maximal 5 Prozent des vorzeitig abgelösten Restkredits aus.
Der Vorschlag trifft den politischen Zeitgeist: Bis 2015 muss die Bundesregierung die Anfang 2014 erlassene europäische Wohnimmobiliendarlehensrichtlinie umsetzen. Die sieht Entschädigungszahlungen nur noch dann vor, wenn sie explizit im nationalen Recht zugelassen sind. Ein solcher Paragraph fehlt in Deutschland noch.
Den Reformbedarf unterstreiche laut VZBV auch eine weitere Studie, die der Verband in Auftrag gegeben habe: Diese vergleiche die Regelungen zu Vorfälligkeitsentscheidungen in acht europäischen Ländern: "Bei stark fallenden Zinsen ist die deutsche Vorfälligkeitsentschädigung so hoch wie in keinem anderen der Vergleichsländer."