

Hamburg - Mit Bedacht haben die Republikaner ihren Wahlparteitag nach Tampa gelegt: Florida ist der größte der nicht von vornherein auf eine Partei festgelegten "Swing States", die mit ihren Wahlmännerstimmen im November über den nächsten Präsidenten der USA entscheiden. Und Florida zählt zu den am härtesten von der Immobilienkrise getroffenen Staaten, wo der Unmut über den schlappen Aufschwung sich am ehesten in ein Votum gegen Präsident Barack Obama ummünzen ließe.
Doch die Parteistrategen hatten Pech. Am Montag mussten sie den Start der Nominierungsfeier für ihren Kandidaten Mitt Romney wegen des nahenden Tropensturms "Isaac" um einen Tag verschieben. Und am Dienstag brachten neue Zahlen die bislang stärksten Signale von einer Besserung am Häusermarkt.
Erstmals in diesem Jahr verzeichnete der Case-Shiller-Index, das meistbeachtete Maß der Entwicklung des Immobilienmarkts, sowohl landesweit als auch in einer Auswahl von 20 Metropolen steigende Preise auf Jahressicht. Für Immobilienkäufer ist das eine schlechte Nachricht, doch es lindert die Sorgen von Millionen überschuldeten Hausbesitzern, in deren Folge auch von Banken und Unternehmen - und es signalisiert für die gesamte Volkswirtschaft die Wiederkehr der Hoffnung.
"Allein im zweiten Quartal ging es für den landesweiten Index um 6,9 Prozent aufwärts, im Jahresvergleich stieg er um 1,2 Prozent" berichtet David Blitzer von Standard & Poor's, die den Index veröffentlichen. "Wir scheinen genau das zu erleben, was wir für eine nachhaltige Erholung brauchen." Nur sechs der 20 Großstädte weisen auf Jahressicht noch sinkende Preise aus, doch auch dort geht es spätestens seit April wieder aufwärts. Zwar ist immer noch nur das Niveau von Anfang 2003 erreicht und die Preise liegen immer noch zwischen 6 Prozent (Dallas) und 60 Prozent (Las Vegas) unter dem im Boom erreichten Höhepunkt, doch die Dynamik ist durchweg positiv.
Für die Präsidentenwahl von Bedeutung: Die schwächeren Häusermärkte liegen alle in Staaten, die als sichere Hochburgen für eine der Parteien gelten: In New York, Chicago, Los Angeles oder Boston zweifelt niemand, dass Obama alle Wahlmännerstimmen für den jeweiligen Staat bekommt. Texas mit Dallas und Georgia mit Atlanta dagegen gelten als sichere Bank für die Republikaner.
Floridas Metropolen Tampa und Miami zählen immer noch zu den Gebieten mit dem größten Wertverlust seit 2006, doch seit Ende 2011 zogen die Preise dort um 6 beziehungsweise 7,5 Prozent an. Ähnlich entwickelten sich die Märkte in fast allen neun Staaten, die vom Magazin "Politico" als wahlentscheidende "Swing States" gesehen werden.
Eine besonders klare Erholungsstory bietet Detroit, wo die Preise allein im Juni um 6 Prozent anzogen. Hier sitzt die von Obamas Regierung mit staatlichen Milliarden vor dem Kollaps gerettete Autoindustrie. Die Republikaner verurteilen die Aktion als sozialistisch, obwohl der als Sohn eines Automanagers und Gouverneurs in Michigan aufgewachsene Kandidat Romney und sein aus dem benachbarten Wisconsin stammender Vize Paul Ryan trotz seiner konservativen Überzeugung damals dafür waren. Mittlerweile sieht Michigan im landesweiten Vergleich der Arbeitslosenquoten nicht mehr so schlecht aus, was Obamas Wahlchancen helfen dürfte.
Mögen die landesweiten Meinungsumfragen auch ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Obama und Romney sehen, liefert die Wirtschaftslage in den Swing States eine klare Wahlprognose. Nur in einem der neun Staaten sieht "Politico" Romney im Vorteil: North Carolina. In dessen Hauptstadt Charlotte ist die Wachstumsrate der Hauspreise zuletzt zurückgegangen. Dort wollen die Demokraten in der kommenden Woche Obama nominieren. Diese Ortswahl könnte sich auszahlen.
US-Häuserpreise: Flächendeckende Erholung
Die Wende an Amerikas Immobilienmarkt scheint gefunden: Amerika baut wieder auf neue Häuser. Die amtlich gemeldeten Baubeginne legen zu, die Verkäufe von Neubauten ebenso - und auch die in den Keller gefallenen Immobilienpreise steigen wieder, wie der jüngste, Ende August veröffentlichte Case-Shiller-Index zeigt. Der meistbeachtete Indikator für den US-Immobilienmarkt zeigt für 20 große Metropolen unterschiedliche Bilder, doch alle lokalen Märkte sind auf Erholungskurs.
Las Vegas: Die Spielermetropole in der Wüste Nevadas (Bild: Das Venetian Resort Hotel Casino) ist das Epizentrum der US-Immobilienkrise. Bis Mitte 2006 war der Bau- und Preisboom hier besonders stark, bis Juni 2012 sanken die Preise im Durchschnitt um 60 Prozent, sind damit aber schon wieder 5 Prozent höher als noch im Januar. Schon deutlicher ausgeprägt ist die Erholung in ...
Phoenix: Die Metropole Arizonas gilt ebenfalls als "Ground Zero" der Krise. Dafür stiegen die Preise von Oktober 2011 bis Juni um 15,7 Prozent, stärker als anderswo. Dennoch sind Häuser dort im Durchschnitt immer noch 50 Prozent billiger als zu Boomzeiten. Leicht aufwärts ging es zuletzt auch in ...
Miami: In der größten Stadt Floridas sind Häuser heute 48 Prozent billiger als zum Höhepunkt der Spekulationsblase im Jahr 2006, das Plus seit November beträgt immerhin 7,5 Prozent. Ein ähnliches Bild auf der anderen Seite der Halbinsel ...
Tampa: In der Metropolregion an der Westküste Floridas sind die Hauspreise inzwischen um 45 Prozent gesunken, ein Aufschwung von 6,3 Prozent gegenüber November. Der Aufschwung erschwert Pläne der Republikaner, die hier ihren Nominierungsparteitag für Präsidentschaftskandidat Mitt Romney abhalten, die Wahl im wichtigen "Swing State" wegen Unmut über Obamas Wirtschaftsbilanz zu gewinnen. Der Immobilienmarkt des Seniorenparadieses Florida hatte zuvor aber auch einen sagenhaften Aufstieg erlebt, anders als in ...
Detroit: Die Autohauptstadt der US-Industrie befindet sich schon seit Jahrzehnten im wirtschaftlichen Niedergang und hat rund die Hälfte ihrer Einwohner verloren. Von den 20 großen im Case-Shiller-Index erfassten Metropolen hat Detroit traditionell das mit Abstand niedrigste Preisniveau - und trotzdem seit 2006 nochmals 44 Prozent verloren. Nachdem die staatlich finanzierte Rettung der Autokonzerne General Motors und Chrysler inzwischen wieder neue Jobs nach Michigan gebracht hat, erlebte Detroit wieder einen deutlichen Aufschwung, allein von Mai bis Juni ging es um 6 Prozent aufwärts. Die Republikaner sind vehement gegen die Finanzhilfe, seinerzeit sprachen sich Romney - Sohn eines früheren Automanagers - und sein Vizekandidat Paul Ryan aus dem Nachbarstaat Wisconsin aber dafür aus.
San Diego: Der Immobilienmarkt der Hafenstadt in Kalifornien steht für das Siechtum des am Rand der Pleite operierenden größten US-Bundesstaats, hier sind die Immobilien im Durchschnitt 38,8 Prozent billiger als noch vor sechs Jahren.
Los Angeles: Um 38,4 Prozent sind die Hauspreise in der zweitgrößten US-Stadt zwischen 2006 und Juni 2012 gefallen, liegen absolut gesehen aber noch weit höher als anderswo, wenn auch günstiger als die horrenden Mieten in der Metropole. Deutlicher aufwärts ging es schon weiter nördlich in ...
San Francisco: Hier waren die Preise schon 2009 und 2010 im Zuge des allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs deutlich gestiegen. Trotz Rückschlägen steht der Markt an der Golden Gate Bridge heute 14 Prozent über dem Tiefpunkt von Mai 2009. Seit dem Höhepunkt der Spekulationsblase beträgt das Minus 37,3 Prozent.
Atlanta: Die Südstaatenmetropole in Georgia ist für die Zentralen von Coca-Cola, CNN und den größten Flughafen der Welt bekannt - und für ungehindertes Wachstum der Stadt ins Umland. Doch auch unbegrenztes Immobilienangebot im "neuen Süden" hat Übertreibungen der Preise nicht verhindert, inzwischen sind sie wieder um 34,2 Prozent gesunken. Atlanta sticht unter den sechs Städten, deren Märkte im Jahresvergleich noch schwächeln, mit einem Minus von 12 Prozent heraus.
Chicago: Die Heimatstadt von US-Präsident Barack Obama zählt mit einem Preisrückgang von 34 Prozent inzwischen auch zu den Krisenzentren. An der Frage, ob sich mit dem Immobilienmarkt 2012 auch die Vermögenssituation der Bürger und die US-Wirtschaft endlich erholen, dürfte sich Obamas Wiederwahl entscheiden. Das seit März verzeichnete Plus beträgt immerhin 5 Prozent.
Minneapolis: Mit Einstürzen hat die Großstadt im nördlichen Staat Minnesota ihre Erfahrung. Im Winter 2010 traf es das Dach des Footballstadions "Metrodome", zuvor eine Autobahnbrücke über den Mississippi - und auch die Hauspreise zeigten sich wenig solide. Um 32 Prozent sind sie bisher gesunken, was etwa dem Durchschnitt der 20 wichtigsten Metropolen entspricht.
Seattle: Die Heimat von Weltkonzernen wie Boeing und Microsoft traf die Immobilienkrise mit Verzögerung, doch inzwischen sind Häuser auch hier um 27,4 Prozent billiger geworden. Ähnlich in der Nachbarschaft ...
Portland: Die Stadt am Fuß des Vulkans Mount St. Helens gilt als besonders lebenswert, zählt aber auch zu den Metropolen, die den Tiefpunkt der Hauspreise erst in diesem Jahr gefunden haben. Um 26 Prozent ging es bisher abwärts.
Washington: In der Bundeshauptstadt wurden bereits mehrere Programme ersonnen, wie der Immobilienmarkt gestützt werden könne. Auch aktuell wird über Hilfen zur Entschuldung der Hausbesitzer diskutiert. Nicht überall hat das bisher geholfen, doch in Washington selbst sind die Preise seit dem Tiefpunkt im März 2009 wieder um 11 Prozent gestiegen. Gegenüber 2006 bedeutet das aktuelle Niveau aber immer noch einen Rückgang um 25,5 Prozent.
New York: Die Finanzmetropole galt lange als relativ stabil. Die Immobilienpreise sind auch am East River um 24,6 Prozent gefallen und mit 1,8 Prozent seit März am wenigsten wieder angestiegen, absolut gesehen aber landesweit die höchsten. Immerhin gibt es einige spektakuläre Deals in Manhattan. Ende Mai verkündete der Entwickler des im Bau befindlichen Wohnturms "One57", ein 1000-Quadratmeter-Apartment mit Blick auf den Central Park sei für die Rekordsumme von 90 Millionen Dollar an "eine nette Familie" verkauft worden. Leider sei der Verkauf der Wintergarten-Suite im selben Haus für eine neunstellige Summe bisher gescheitert. Ganz andere Sorgen hat man in ...
Cleveland: Die einstige Hochburg der Stahlindustrie am Eriesee zählt zum Rust Belt. Die Hauspreise sind beinahe so niedrig wie in Detroit, wenn auch inzwischen unterschritten von denen in Las Vegas und Atlanta. Seit dem Höhepunkt im Jahr 2006 sind sie um 19 Prozent gesunken.
Boston: Die neuenglische Metropole überschritt den Höhepunkt der Preisblase schon im November 2005, vor allen anderen US-Metropolen. Dafür stiegen die Hauspreise dort auch früher wieder, verharren mit einem Minus von 15,8 Prozent aber nahe am Tiefpunkt von 2009.
Charlotte: Die Südstaatenstadt ist Sitz der Bank of America, die mit Staatshilfe in Rekordhöhe gestützt werden musste. Hier begann die Krise erst mit Verzögerung im August 2007. Auch in North Carolina sind die Hauspreise inzwischen um 15,6 Prozent verbilligt.
Denver: Die "Mile High City" am Rand der Rocky Mountains in Colorado zählt schon zu den ruhigen Pflastern - mit einem Rückgang der Hauspreise um 7,4 Prozent. Nur eine der 20 vom Case-Shiller-Index erfassten Metropolen steht noch besser da:
Dallas: Doch auch die Ölmetropole in Texas musste sich vom Traum verabschieden, als erste Großstadt den in der Krise erlittenen Preisverfall wieder wettzumachen. Inzwischen sind Häuser in Dallas wieder 6 Prozent billiger als im April 2007. Immerhin 3,7 Prozent hat die Stadt seit dem Tiefpunkt im Juni 2011 wettgemacht.
Die Wende an Amerikas Immobilienmarkt scheint gefunden: Amerika baut wieder auf neue Häuser. Die amtlich gemeldeten Baubeginne legen zu, die Verkäufe von Neubauten ebenso - und auch die in den Keller gefallenen Immobilienpreise steigen wieder, wie der jüngste, Ende August veröffentlichte Case-Shiller-Index zeigt. Der meistbeachtete Indikator für den US-Immobilienmarkt zeigt für 20 große Metropolen unterschiedliche Bilder, doch alle lokalen Märkte sind auf Erholungskurs.
Foto: Seth Perlman/ AP