
Büros und Läden: Wo Gewerbeflächen am teuersten sind
Immobilien Fondsemittenten unter Zugzwang
Hamburg - Am Anlagemarkt erlebt ein Produkt ein Comeback, das sich eigentlich seit den neunziger Jahren auf dem Rückzug befand: Der in Deutschland investierende geschlossene Immobilienfonds. Bis zum großen Crash in den USA vor drei Jahren konnten die Investitionsziele deutscher Immobilienfondsanleger anscheinend nicht weit genug entfernt im Ausland liegen. Die USA, Asien, selbst Australien wurden anvisiert.
Dann kam die Wende: In den vergangenen beiden Jahren stieg das Platzierungsvolumen der Inlandsfonds, wie der Branchenverband VGF berichtet. Allein 2010 legte das Segment um fast 50 Prozent zu. Auslandsimmobilienfonds dagegen büßten im vergangenen Jahr beinahe die Hälfte ihrer Umsätze ein.
Als Gründe für die Entwicklung nennen Marktteilnehmer vor allem das gestiegene Sicherheitsbedürfnis deutscher Kapitalanleger. Seit dem Zusammenbruch der Finanzmärkte nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers 2008 scheuen diese das Risiko. Und deutsche Immobilien bieten zwar in der Regel eine geringere Rendite als viele Gebäude im Ausland - die Preise und Mieten hierzulande schwanken aber erfahrungsgemäß auch nicht so stark.
Diesen Charme des deutschen Immobilienmarktes haben allerdings auch andere Investoren längst erkannt. Eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young macht das deutlich. Dort wurden die Großanleger befragt, die sich neben den geschlossenen Fonds auf dem deutschen Immobilienmarkt tummeln: Banken, Versicherungen, Family Offices, internationale Investoren und nicht zuletzt auch offene Immobilienfonds.
Institutionelle Investoren mögen deutsche Immobilien
Ergebnis: Etwa 90 Prozent der Befragten halten Deutschland für einen attraktiven Investmentstandort. Ähnlich viele Großanleger bevorzugen den hiesigen Markt im europäischen Vergleich, mit steigender Tendenz. Und fast alle Teilnehmer der Umfrage erwarten einen weiteren Anstieg des Transaktionsvolumens am deutschen Gewerbeimmobilienmarkt.
Damit würde ein Trend fortgesetzt, der bereits seit dem Ende der Finanzkrise zu beobachten ist. Einem Marktbericht von der BNP Paribas Real Estate zufolge legte das Investitionsvolumen am hiesigen Gewerbeimmobilienmarkt im vergangenen Jahr um nicht weniger als 85 Prozent zu. Zum Vergleich: Die weiteren großen europäischen Märkte Frankreich, Großbritannien und Spanien kamen auf einen Zuwachs von jeweils etwa 40 Prozent. In Italien war das Geschäft sogar leicht rückläufig.
Dass das große Interesse an deutschen Gewerbeimmobilien nicht ohne Folgen bleiben kann, liegt auf der Hand: Die starke Nachfrage lässt die Preise steigen und die Renditen sinken. Schon seit etwa zwei Jahren beobachten Experten diese Entwicklung, die auch durch Zahlen des Immobilienberaters Jones Lang LaSalle (JLL) belegt wird. Demnach erreichten die Nettoanfangsrenditen für Bürogebäude in den sechs wichtigsten deutschen Großstädten (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, München und Stuttgart) 2009 ihren Nach-Krisen-Höhepunkt bei etwa 5,5 Prozent. Seitdem geht es abwärts, auf inzwischen unter 5 Prozent, wie JLL berichtet.
"Die Nachfrage nach Core-Immobilien, also gut vermieteten Objekten in bester Lage, ist enorm", sagt auch Hanns-Joachim Fredrich, Geschäftsführer Investment beim Immobilienberater DTZ Zadelhoff Tie Leung. "Wir haben in einigen Fällen allein in den vergangenen sechs Monaten Preissteigerungen um bis zu 10 Prozent gesehen."
Initiatoren weichen auf Alternativen aus
Das Problem: Was die Besitzer der Immobilien freuen wird, bringt die Emittenten geschlossener Immobilienfonds zunehmend in die Bredouille. Denn für sie wird es in diesem Marktumfeld immer schwieriger, Objekte zu erwerben, die in einen Fonds verpackt noch die gewünschte Rendite für die Anleger abwerfen.
Schon in der Vergangenheit sank die Rendite geschlossener Deutschland-Immobilienfonds zusehends. Einer Untersuchung der Ratingagentur Scope zufolge ging es allein zwischen 2009 und 2010 um einen halben Prozentpunkt nach unten. Lediglich 5,19 Prozent werfen die Fonds im Durchschnitt noch für die Anleger ab, so Scope. Und selbst damit dürfte die Talsohle noch nicht erreicht sein. "Wie weit die Renditen noch fallen können, bevor sich die Anleger abwenden, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen", sagt Scope-Analyst Bernhard Dames. "Die Anleger machen schon jetzt Zugeständnisse bei ihren Renditeerwartungen, weil sie auf die Sicherheit der Anlage setzen."
Den Fachleuten zufolge ist die Objektbeschaffung inzwischen das größte Problem für die Anbieter. "Bei den erstklassigen Bürogebäuden im Zentrum deutscher Großstädte können die Fondsemittenten kaum mitbieten", sagt DTZ-Experte Fredrich. "Denn wegen der hohen Kostenbelastung der Fonds können die Initiatoren nicht die Preise zahlen, die von vielen Institutionellen gezahlt werden." Laut Fredrich steht bei den Fondsinitiatoren ohnehin eher die Verlässlichkeit eines langlaufenden Mietvertrages im Vordergrund, und weniger die Prominenz eines Büroturms, beispielsweise mitten in Frankfurt.
Offerten wie jene, die die Deutsche Bank-Tochter DWS demnächst exklusiv den Kunden der Deutschen Bank unterbreiten will, sind daher eher die Ausnahme: Geplant ist ein Fonds, der in die Zentrale der Deutschen Bank in der Main-Metropole investiert. Deutschlands größtes Geldhaus hatte die Zwillingstürme in den vergangenen drei Jahren gründlich modernisiert und vor allem die Energie- und Umwelteffizienz nach eigenen Angaben stark verbessert. So wird das Gebäudeduo für etwa 600 Millionen Euro an den Fonds verkauft.
Andere Fondsanbieter backen kleinere Brötchen. Und sie müssen sich etwas einfallen lassen, um im Markt mithalten zu können. "Bei der Beschaffung von Core-Immobilien stoßen Fondsanbieter am Büromarkt allmählich an ihre Grenzen", sagt Analyst Dames. "Einige weichen bereits auf den Wohnimmobilien- oder auch Einzelhandelsbereich aus." Ein Problem ist dabei laut Dames allerdings, dass solche Beteiligungsofferten oft als Blind Pool gestaltet sind. In was genau der Fonds investiert, steht also noch nicht fest. "Wenn Anleger Geld für ein noch nicht bekanntes Investment einzahlen, ist stets ein gehöriger Vertrauensvorschuss gegenüber dem Initiator gefragt", sagt der Analyst.
Die Folge: Investitionen in Deutschland-Immobilienfonds, die von Anlegern eigentlich vor allem wegen ihrer vermeintlichen Verlässlichkeit geschätzt werden, könnten allmählich riskanter werden.