Massenentlassung bei Geldanlage-Start-up Bruchlandung bei Moonfare

Das Berliner Fintech Moonfare hat 2022 im Vergleich zum Höchststand mehr als 10 Prozent der Vollzeitbeschäftigten entlassen. Die Wachstumsstory des forschen Gründers Steffen Pauls bekommt immer mehr Kratzer.
Schöner Plan: Moonfare-App im Einsatz

Schöner Plan: Moonfare-App im Einsatz

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Noch weit in das Krisenjahr 2022 hinein blieb Moonfare-Gründer Steffen Pauls (54) auf Expansion gesinnt. Während an der Börse die Kurse vieler Techaktien kollabierten, stellte sein Vermittler von Private-Equity-Fondsanteilen kräftig Personal ein.

Die Zahl der Vollzeitbeschäftigten am Hauptsitz Berlin und den weiteren Standorten wuchs seit Anfang 2022 von 139 auf zeitweise 211. Doch offenbar hatte der ehemalige Manager der Private-Equity-Gesellschaft KKR allzu sorglos Verstärkung angeworben. Neuankömmlinge in den Büros, die dafür teils attraktive Altjobs aufgegeben hatten, mussten bald darauf mitansehen, wie Pauls auf Schrumpfkur umstellte.

Noch 2022 musste Moonfare bei der zuständigen Agentur für Arbeit eine sogenannte Massenentlassung anzeigen. Für einen Betrieb dieser Größe ist das nötig, wenn 10 Prozent oder mehr der Beschäftigten entlassen werden sollen.

"Wir haben uns 2022 von unserem Höchststand von global 211 Vollzeitbeschäftigten nach entsprechenden Performance-Review-Prozessen von 21 Mitarbeitern in Deutschland getrennt, die das Unternehmen mittlerweile verlassen haben", teilte Moonfare mit. Dies sind jedoch nur die Kündigungen im Heimatmarkt: Auch an den ausländischen Standorten sollen nach Angaben von Unternehmenskennern Mitarbeiter entlassen worden sein.

Aktuell beschäftige Moonfare 196 Mitarbeiter, "ein Zuwachs von 40 Prozent" im Vergleich zum Jahresanfang 2022, hat das Unternehmen errechnet. Das dürfte nur ein schwacher Trost sein für jene Ex-Kollegen, die seit Gründung des Start-ups im Vertrauen auf die Wachstumsstory anheuerten und dann von den Entlassungen betroffen waren.

"2023 werden wir über das gesamte Unternehmen hinweg weiterhin gezielt neue Mitarbeiter*innen einstellen, um unser geplantes Wachstum und strategische Initiativen voranzutreiben", teilte Moonfare weiter mit. Allerdings scheint Vorsicht geboten. Erst kürzlich war Firmengründer Pauls in anderem Zusammenhang durch überaus vollmundigen Jubel über einen neuen Investor aufgefallen, hinter dem er jedoch selbst stand .

Dass fremde Geldgeber möglicherweise zurückhaltend sind, ist nicht nur wegen der allgemeinen Start-up-Krise verständlich. Zweifel wachsen auch an Moonfares Geschäftsmodell. Denn der Verkauf von Fondsanteilen an vermögende Privatanleger gilt als das große Wachstumsfeld für die Private-Equity-Fonds wie Apollo, KKR und Partners Group, die dafür immer mehr eigene Leute einstellen und bald womöglich nicht mehr auf Vermittler wie Moonfare angewiesen sind.

Derzeit täten sich die großen Fondsanbieter zwar noch mit Vermittlern wie Privatbanken zusammen, sagt Sabina Comis, Partnerin bei der Wirtschaftskanzlei Dechert in Paris und spezialisiert unter anderem auf die Private-Equity-Branche. "Doch das wird nicht lange so weitergehen", prophezeit die Anwältin. "Bald werden die Back Offices der Private-Equity-Gesellschaften die nötigen Fähigkeiten erlangt haben, um direkten Kontakt zu den Privatkunden aufzubauen."

Für Pauls und seine Angestellten wäre das wohl keine gute Nachricht.

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