Investieren in Gaming-Aktien Daddeln, Zocken, Geld verdienen

Szene aus einem Spiel von Electronic Arts: Die Gaming-Branche erlebt dank Corona-Krise einen Boom
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Entwickler von Computer- und Onlinespielen, Anbieter von Spielekonsolen, Hersteller von Hardware wie PCs oder Mikrochips - sie alle mischen mit in der weltweiten Gaming-Branche, und die meisten von ihnen gehören zu den großen Gewinnern der Corona-Krise.
Millionen Menschen rund um den Globus wurden in den vergangenen Monaten durch Lockdowns und Quarantäne-Vorschriften gezwungen, mehr Zeit in den eigenen vier Wänden zu verbringen. Marktzahlen zeigen, womit sich dabei viele von ihnen mehr als je zuvor die Zeit vertrieben haben: mit Daddeln oder Zocken, wie es heutzutage heißt.
So wurden nach Zahlen der Analysegesellschaft Superdata 2020 weltweit rund 139,9 Milliarden US-Dollar mit Videospielen, Ingame-Käufen oder Gaming-Livestreams umgesetzt, ein Rekordwert und ein Zuwachs um mehr als 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Wie stark das Plus auf der Corona-Pandemie und ihren Einschränkungen beruht, lässt ein Blick ins Detail erahnen: Im Januar und Februar stiegen die Umsätze laut Superdata um jeweils rund 6 Prozent gegenüber den Vorjahreszeiträumen. In den folgenden zehn Monaten, als sich die Corona-Krise weltweit erst so richtig ausbreitete, ging es dann im Schnitt um 14 Prozent deutlich stärker aufwärts.
Wo all das Geld landete, zeigen die Geschäftsergebnisse der Firmen, die in diesem Markt ihr Geld verdienen:
Activision Blizzard beispielsweise, einer der größten Spieleentwickler aus den USA, bekannt vor allem für seinen Hit "Call of Duty", veröffentlichte vor wenigen Tagen einen überraschend hohen Quartalsumsatz von gut zwei Milliarden Dollar. Analysten hatten im Schnitt lediglich mit 1,8 Milliarden Dollar gerechnet. Insbesondere die neue Version "Call of Duty: Warzone", die Activision im März 2020 auf den Markt gebracht hatte, erwies sich als Erfolg und sorgte in dem Bereich des Unternehmens für einen Umsatzanstieg um mehr als 70 Prozent. Wie immer, wenn die Erwartungen übertroffen werden, reagierte die Börse erfreut: Die Aktie von Activision Blizzard legte am Tag der Veröffentlichung der Geschäftszahlen um rund 6 Prozent zu. Seit Anfang 2020 notiert das Papier auch nach einem Rücksetzer in den vergangenen Wochen noch mit beinahe 60 Prozent im Plus.
Konkurrent Electronic Arts, Macher des Dauerbrenners "Fifa", steigerte seinen Umsatz 2020 um 8 Prozent auf knapp sechs Milliarden Dollar. Der Gewinn schoss dank eines einmaligen Steuereffekts auf rund 2,8 Milliarden Dollar in die Höhe. Die Aktie von Electronic Arts legte seit Anfang 2020 um etwa 20 Prozent zu.
Auch Take-Two Interactive, der Spieleentwickler aus New York, der den Blockbuster "Grand Theft Auto" auf den Markt brachte, musste zuletzt zwar einen Rückgang des Quartalsumsatzes auf 890 Millionen Dollar verkünden. Den Gewinn steigerte das Unternehmen in den drei Monaten bis Ende Dezember 2020 jedoch um 11 Prozent auf 182 Millionen Dollar. Der Aktienkurs von Take-Two stieg seit Anfang vergangenen Jahres um fast 40 Prozent.
Nintendo verkaufte in den vergangenen Monaten äußerst erfolgreich seine handliche Spielekonsole Switch. Wie das Unternehmen vergangene Woche bekannt gab, hat es im Ende März abgeschlossenen Geschäftsjahr beinahe 29 Millionen dieser Geräte abgesetzt, eine Steigerung um 37 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Damit haben die Japaner inzwischen insgesamt rund 84,5 Millionen Switch-Konsolen verkauft. Den Umsatz steigerte Nintendo im abgelaufenen Geschäftsjahr um gut ein Drittel auf 1,76 Billionen Yen (rund 13,4 Milliarden Euro). Der Gewinn sprang sogar um 85 Prozent auf 480 Milliarden Yen (3,6 Milliarden Euro) in die Höhe. Folge: Nintendos Aktie verbucht seit Beginn 2020 ein Plus von 30 Prozent.
Der Sony-Konzern ist im Bereich Unterhaltungselektronik zwar breiter aufgestellt. Mit den Playstation-Spielekonsolen mischt er im Games-Geschäft aber kräftig mit. Vor einigen Monaten brachte Sony die neue Playstation 5 auf den Markt. Viele eingefleischter Zocker verzichten zwar auf den Kauf und halten vorerst der etablierten PS 4 die Treue, dennoch brummt der Absatz: Wie Sony kürzlich mitteilte, hat der Konzern seit Marktstart im November bereits 7,8 Millionen Playstations des neuen Typs verkauft. Damit hat Sony die Erwartungen von Analysten übertroffen. Mehr als 47 Millionen Sony-Kunden haben den Angaben zufolge zudem ein kostenpflichtiges Playstation-Plus-Abo abgeschlossen. Zudem verkaufte Sony im abgelaufenen Geschäftsjahr mehr als 339 Millionen Spiele für die Playstation, wovon 58,4 Millionen Kopien aus den eigenen Studis kamen. Kurzum: Der Gaming-Markt ist für Sony ein wichtiger Umsatzbringer, und die Aktionäre wissen das offenbar zu schätzen: Die Sony-Aktie legte in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als 40 Prozent zu
Dritter im Bunde der großen Konsolenanbieter ist Microsoft mit der XBox, von der kürzlich ebenfalls neue Versionen gelauncht wurden (Series X und Series S). Microsoft legte zuletzt zwar ebenfalls erfreuliche Quartalszahlen vor, genaue Angaben zum Absatz der XBox macht der Konzern aber nicht. Dafür gibt es wohl einen guten Grund: Analysten gehen davon aus, dass sich die XBox deutlich schlechter verkauft als die Playstation oder die Nintendo Switch. Nach Angaben von VGChartz.com etwa soll Microsoft seit dem Start rund 4,7 Millionen Exemplare seiner aktuellen Konsolen-Generation ausgeliefert haben - ein deutlicher Rückstand zur Konkurrenz. Allerdings profitiert der Konzern von Gründer Bill Gates (65) noch auf andere Weise von den Corona-Einschränkungen. So ist Microsoft beispielsweise Herausgeber der Konferenz- und Chat-Software "Teams", die in Zeiten des Home Office einen gewaltigen Nachfrageschub erfahren hat. Die Microsoft-Aktie jedenfalls verzeichnet seit Anfang 2020 ein Plus von fast 60 Prozent, womit sie die Konkurrenten im Konsolengeschäft deutlich hinter sich lässt.
Dann sind da noch die Hersteller von Hardware wie PCs oder Bauteilen, die ebenfalls vom Gaming-Boom profitieren. Allen voran Chiphersteller wie AMD, Intel oder Nvidia, deren Produkte beispielsweise in Gaming-Pcs oder Spielekonsolen verbaut werden. Die Chipkrise, die seit Monaten in der Autoindustrie zeitweise die Bänder stillstehen lässt, trifft auf diesem Wege auch den Gaming-Markt, wo es zuletzt ebenfalls zu Lieferengpässen kam. Firmen wie Nvidia dagegen haben kaum Grund zur Klage: Der US-Konzern gab erst kürzlich einen optimistischen Ausblick auf den weiteren Geschäftsverlauf . Und dabei verdienen die Aktionäre ebenfalls mit: Der Aktienkurs von AMD stieg seit Anfang 2020 um etwa 70 Prozent, bei Nvidia beträgt das Plus sogar satte 150 Prozent. Lediglich Intel fällt hinter der gesamten Konkurrenz zurück, die Aktie notiert heute niedriger als zu Beginn des vergangenen Jahres.
Entscheidend für Investments ist allerdings ohnehin nicht der Blick in den Rückspiegel, sondern der Ausblick. Und der fällt auch im Gaming-Markt vielversprechend aus: Nach wie vor befindet sich das Zocken an Handy, Computer oder Konsole auf dem Vormarsch, selbst ohne Corona wäre ein weiteres Wachstum zu erwarten. Die soziale Distanzierung, von der auch nach der Pandemie noch Rückstände im Zusammenleben bleiben dürften, kann weiterhin für einen zusätzlichen Antrieb der Branche sorgen.
Die Analysten von Superdata etwa erwarten auch im laufenden Jahr einen weiteren Anstieg der weltweiten Umsätze mit Videospielen, Ingame-Käufen oder Gaming-Livestreams von zuletzt rund 139,9 Milliarden US-Dollar auf 142,3 Milliarden Dollar.
Optimistisch äußern sich auch die Analysten der Marktforschungsfirma Newzoo, die auf den Gaming-Markt spezialisiert ist. Das Ausnahmewachstum des Jahres 2020 werde sich zwar kaum fortsetzen lassen, schreiben sie in einem aktuellen Ausblick. Das liege auch daran, dass in der Pandemie vor allem der mobile Spielesektor auf Smartphones und Tablets zugelegt habe – ein Bereich, der geringe Eintritts-, aber eben auch niedrige Austrittsbarrieren aufweise.
Insgesamt sei dennoch mit einer weiteren Expansion des Gaming-Geschehens weltweit zu rechnen, so Newzoo. 2021 etwa, so die Prognose, würden rund um den Globus 2,8 Milliarden Spieler einen Gesamtumsatz von rund 190 Milliarden Dollar für die Branche generieren, was einem Anstieg um etwa 7 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspräche.
Anleger, die daran mitverdienen möchten, können sich einzelne Aktien aus dem Gaming-Markt oder dessen Umfeld herauspicken und hoffen, einen Treffer zu landen. Besser ist möglicherweise der Weg über einen Fonds, der auf dieses Thema fokussiert ist. Der wohl bekannteste Gaming-Aktienfonds ist der "VanEck Vectors Video Gaming and Esports UCITS ETF" (ISIN: IE00BYWQWR46) der US-Investmentfirma VanEck, der weltweit in Videospiele- und Esport-Firmen investiert und sich dabei am Index MVIS Global Video Gaming and eSports orientiert. Ein weiteres Beispiel: der "Global X Video Games & Esports ETF" (ISIN: IE00BLR6Q544) von Global X in New York.
Mit solchen Fonds können sich Anleger die Chancen des Gaming-Marktes ins Depot holen und zugleich die Risiken über einen großen Teil der weltweit verteilten Branche streuen. Für einen langen Anlagehorizont bietet sich dieser Ansatz an – auch über das Ende der Corona-Krise hinaus.