
Container als Geldanlage Big-Blackbox-Business
Hamburg - So etwas gibt es wohl nur am grauen Kapitalmarkt: Die Firma P&R ist seit mehreren Jahrzehnten aktiv und hat in der Zeit eigenen Angaben zufolge mehrere Milliarden Euro an Anlegergeldern eingesammelt. Nach Angaben des Unternehmens sind bisher alle Verpflichtungen gegenüber den Investoren zu 100 Prozent erfüllt worden. Doch die Analysegesellschaft Fondsmedia verbreitete kürzlich eine Ausarbeitung über P&R, nach deren Lektüre Anleger wohl besser die Finger von den Offerten ließen.
Ein P&R-Sprecher nennt die "Kompaktanalyse" von Fondsmedia gegenüber manager magazin online ein "unseriöses Papier", das man nicht ernst nehme und in dem "der Autor solch abenteuerliche Konstruktionen formuliert" habe, dass sich eine ernsthafte Stellungnahme erübrige. Peter Kastell dagegen, Chef von Fondsmedia mit mehrjähriger Markterfahrung, teilt auf Anfrage mit, er weise in seinen Analysen "auf potenzielle Sonderbarkeiten hin".
Was ist das für ein merkwürdiger Disput? Wer das verstehen will, muss wissen, welches Geschäft P&R betreibt: Das Unternehmen bietet Investitionen in Container an, und zwar nicht, wie auch möglich, per geschlossenem Fonds, sondern als Direktanlage. Dabei erwerben Anleger die Metallboxen, kassieren dafür einige Jahre lang eine Miete und verkaufen sie am Ende wieder an P&R zurück. Unterm Strich entsteht auf diese Weise nach Angaben des Unternehmens eine Vorsteuerrendite von mehr als 4 Prozent, was im aktuellen Umfeld durchaus attraktiv erscheint.
Kein Wunder also, dass immer mehr Anleger sich für dieses Investment interessieren - und immer mehr Finanzdienstleister es anbieten. Jahrelang betrieb P&R das Geschäft als unbestrittener Marktführer beinahe konkurrenzlos. Branchenprimus ist das Unternehmen aus der Nähe von München mit großem Abstand auch heute noch. Seit einiger Zeit tauchen jedoch immer neue Anbieter der sogenannten Container-Direktinvestments auf.
Stärkere Kontrolle für geschlossene Fonds - aber nicht für Container-Investments
Regulierung treibt Emittenten zu Container-Investments
Die Anlagefirmen reagieren damit nicht nur auf die Nachfrage ihrer Kunden, sondern auch auf die Regulierung eines großen Teils des grauen Kapitalmarktes im vergangenen Jahr. Wer einen geschlossenen Fonds auflegen will, muss sich seit Mitte 2013 mit einer stärkeren Kontrolle durch die Finanzaufsicht Bafin herumschlagen. Für Anbieter von Container-Direktinvestments gilt das jedoch nicht - sie fallen nicht unter das neue Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB), das 2013 in Kraft trat.
Die Folge: Emissionshäuser haben in dieser Marktnische weiterhin leichteres Spiel. Und sie haben eine gute "Story", mit der sie ihre Klientel für das Anlageprodukt begeistern können: Der Container befinde sich weiter auf dem Vormarsch. Nach wie vor werden immer mehr Güter in den praktischen Standardkisten transportiert, weshalb auch mehr und mehr Behälter benötigt werden.
Die Lieblingsgrafik der Anbieter von Container-Investments zeigt daher die Entwicklung des Containerumschlags weltweit. Der Chart verläuft auf lange Sicht schräg nach oben. Wer ihn gesehen hat, so vermutlich das Kalkül, kann gar nicht anders, als sofort einen Kaufvertrag zu unterzeichnen.
Tatsächlich zeigt die Recherche von manager magazin online, dass Privatleute mittlerweile Jahr für Jahr einen Milliardenbetrag in dieses Segment stecken (siehe Tabelle links). Zwar muss wegen der kurzen Laufzeit der Investments jedes Jahr eine recht hohe Quote an Wiederanlagen berücksichtigt werden. Dennoch: Anders als beim Geschäft mit geschlossenen Fonds, das seit einiger Zeit an Schwindsucht leidet, ist die Tendenz bei den Container-Anlagen eindeutig steigend (siehe Grafik links). Wer den Bereich in den Fondsmarkt einbezieht, kommt bereits auf einen zweistelligen Marktanteil.
Ein rosiges Bild also - doch wie passt da der Dissens zwischen Fondsmedia und P&R hinein? Oder zwischen Fondsmedia und CH2 oder Solvium, zwei weiteren Anbietern von Container-Investments, die von den Analysten in ähnlicher Weise wie P&R verrissen wurden.
Warum Analysten alle Anbieter schlecht finden - bis auf einen
Tatsächlich veröffentlichte die Firma von Peter Kastell zuletzt innerhalb kurzer Zeit sogenannte "Kompaktanalysen" zu allen bekannten Anbietern von Container-Direktinvestments, mit Ausnahme der in Hamburg ansässigen Buss Capital. Und alle diese Analysen, die manager magazin online vollzählig vorliegen, kommen zu einem ausgesprochen negativen Ergebnis.
Zudem gibt es von Fondsmedia eine übergreifende Abhandlung, in der sämtliche Anbieter beleuchtet werden. Auch hier kommen die Unternehmen alles andere als gut weg - abgesehen wiederum von Buss Capital, das als einziges Haus die Prädikate "positiv" und "exzellent" erhält.
Den naheliegenden Verdacht, Buss Capital könnte Fondsmedia instrumentalisiert haben, um die Konkurrenz zu beschädigen, weisen beide Unternehmen zurück. "Buss ist nunmal der einzige Anbieter mit nachvollziehbaren wirtschaftlichen Ergebnissen", so Kastell. Das bedeute aber nicht, das Unternehmen sei "supertoll". Nach Angaben des Fondsmedia-Chefs soll auch eine Containerkauf-Offerte von Buss Capital in Kürze analysiert werden.
Das Geschäft ist intransparent
Wie das aussehen wird, ist absehbar: Die Analysten rechnen mit laut Fondsmedia realen Marktdaten vor, wie ein Containerkauf auf dem Papier aussehen könnte, und stellen dies den Kalkulationen der Anlagefirmen gegenüber. Dabei kommen sie zum Teil zu erheblichen Abweichungen - und stellen Mutmaßungen darüber an, was das wohl bedeuten könnte.
Nach Ansicht von Fondsmedia handelt es sich dabei um hilfreiche Informationen. Die Anbieter der Container-Investments sehen das jedoch ganz anders. Ein Manko, so ein Betroffener im Gespräch mit manager magazin online, sei beispielsweise, dass Fondsmedia mit falschen Zahlen rechne, zu holzschnittartig vorgehe und zahlreiche Einflussfaktoren nicht in die Kalkulation einbeziehe.
Außenstehende, die den Streit verfolgen, können sich da nur wundern. Doch einfach abtun sollten Anleger die Sache nicht. Denn ganz gleich, ob Fondsmedia im Einzelfall richtig rechnet oder nicht, entscheidend ist: Die Analysegesellschaft macht auf einige Probleme aufmerksam, die dem Geschäft mit Container-Investments anhaften.
Zunächst mal ist diese Anlageform keineswegs so simpel, wie es auf den ersten Blick scheint, und auch nicht so risikolos. Entgegen dem ersten Anschein ist längst nicht Container gleich Container. Ist die Box neu oder gebraucht? Ist sie vermietet und wenn ja, an wen? Hat sie die traditionelle Länge von 20 Fuß, oder die inzwischen gebräuchlichere von 40? Ist es überhaupt ein gewöhnlicher Standardcontainer, oder eine Spezialform, beispielsweise für den Offshore-Einsatz zur Belieferung von Bohrinseln? Und wer kümmert sich überhaupt darum, dass die Stahlkiste auch einen Nutzer findet?
Was Käufer über den Preis wissen sollten
Wer eine Offerte zum Containerkauf richtig beurteilen will, muss diese und viele weitere Fragen zunächst klären. Und das ist nicht immer einfach. Denn der Markt und die Geschäftsmodelle der Anbieter entpuppen sich bei genauer Betrachtung mitunter als extrem intransparent. Was mit dem Geld der Investoren wirklich passiert, ist in vielen Fällen völlig unklar, weil die Firmen dazu keine detaillierten Angaben machen.
Zwischen den Preisen etwa, zu denen die Anleger die Boxen erwerben können, gibt es von Anbieter zu Anbieter teils erhebliche Differenzen. Gleiches gilt für die Mietzahlungen sowie für die kalkulierten Rückkaufpreise. Erscheinen beispielsweise die Preise bei Buss Capital oder CH2 vergleichsweise niedrig, so liegen P&R oder Magellan offenbar teils deutlich darüber.
Die Frage ist nur: Was bedeutet das für den Investor? Hört man sich am Markt um, so gibt es dazu verschiedene Versionen.
Rückkaufpreise, die deutlich über jenen liegen, die im freien Containerhandel zu erzielen seien, seien riskant, sagt beispielsweise Dirk Baldeweg, Containerexperte von Buss Capital. Denn sollte das Emissionshaus, das den hohen Rückkaufpreis verspreche, einmal ausfallen, so gebe es praktisch niemanden, der einen solchen Preis zahle. Der Anleger stünde also zwangsläufig mit Verlusten da.
Eine Beinahe-Pleite gab es schon
Die Gefahr erscheint nachvollziehbar: Längst nicht jedes der derzeit aktiven Unternehmen verfügt bereits über einen so langen Trackrecord wie P&R. Einige Anbieter sind erst vor kurzem am Markt erschienen - nicht auszuschließen, dass sie genauso schnell auch wieder verschwinden. Ob der Rückkaufpreis in den Angebotsunterlagen als feste Zusage angegeben wurde, oder lediglich als unverbindliche Voraussage, dürfte dann wohl kaum noch eine Rolle spielen.
Und wer sich eine Pleite in diesem Markt nicht vorstellen kann, sei an die Hamburger Anlagefirma DTF erinnert. Das Unternehmen verkauft ebenfalls Container-Direktinvestments, musste aber vor einigen Jahren beinahe die Waffen strecken, wie aus einem Schreiben hervorgeht, das DTF 2009 an Anleger verschickte. Dem Schreiben zufolge mussten die DTF-Kunden Vertragsänderungen zustimmen, um die drohende Pleite zu verhindern.
(Anm. d. Red.: In einer ursprünglichen Version des Textes hießt es irrtümlich, DTF habe vor einigen Jahren die Waffen strecken müssen. Tatsächlich hat DTF die im Jahr 2009 drohende Pleite aber noch abwenden können)
Dass sie zu hohe Preise kalkulieren, wollen Firmen wie P&R oder Magellan auf der anderen Seite jedoch nicht auf sich sitzen lassen. Im Gespräch mit manager magazin online wundert sich vielmehr ein Vertreter dieser Fraktion, der namentlich nicht genannt werden möchte, über die Kalkulation der günstigeren Konkurrenz.
Einige der Preise, die sich zurzeit in den Kalkulationen fänden, seien bestenfalls "Ab-Werk" zu erzielen, sagt er. Da seien aber verschiedene Posten noch nicht einkalkuliert, wie zum Beispiel: Vertriebsprovisionen, Gewinnmargen, Transportkosten für die Anlieferung bei der mietenden Reederei, Währungsabsicherung, Vorfinanzierung und anderes. Wie solche Offerten möglich seien, so der Branchenkenner, sei ihm schleierhaft.
Geheimnisvolle "Schatteninvestments"
Auch den Verweis auf das Preisniveau am freien Markt, dokumentiert häufig durch Daten von Informationsdiensten wie Drewry oder Containerisation International, lässt der anonyme Marktteilnehmer nicht gelten. Solche Zahlen seien unzuverlässig, sagt er. Keine Container-Leasinggesellschaft der Welt und keine Reederei ließen nach seinen Angaben jemals Preise oder Mieten aus realen Verträgen öffentlich werden.
Bleibt immer noch ein Verdacht, der bereits so alt ist, wie das Geschäft mit Container-Direktinvestments selbst: Die Firmen, so wird am Markt gemunkelt, könnten überschüssige Gelder, die ihnen aufgrund der ambitionierten Preiskalkulation zufließen, nutzen, um heimlich zusätzliche Investments zu tätigen. Auf diese Weise würden Einnahmen erzielt, die zum Teil die Rendite der Anleger stützten, zum Teil aber auch in anderen Taschen landen könnten.
Je nachdem, mit wem man in der Branche spricht, wird das Gerücht entweder bekräftigt oder heftig dementiert. Dabei ist klar: Würden die Anbieter ihre Karten auf den Tisch legen und die eigene Kalkulationen öffentlich machen, gäbe es wohl kaum noch Raum für solche Mutmaßungen - oder sie würden bestätigt.
Ein Unternehmen, das beim Thema Intransparenz beinahe zwangsläufig ins Blickfeld gerät, ist Solvium Capital, ansässig in Hamburg. Die Firma geht im Vergleich mit der Konkurrenz einen Sonderweg. Solvium verkauft seine Container nicht nur mit einem Preis von 4000 Euro besonders teuer. Es verspricht auch, die Kisten nach Ende der Laufzeit von mindestens drei Jahren zum exakt gleichen Preis wieder zurückzunehmen.
Solvium geht einen Sonderweg
Kauf und Rückkauf zum gleichen Preis, dazwischen noch Mietzahlungen - wie kann das gehen? Jeder Anleger, der das Angebot von Solvium auf den Tisch bekommt, muss sich zwangsläufig diese Frage stellen. Die Antwort darauf sucht er in den Verkaufsunterlagen von Solvium jedoch vergeblich. Auch auf der Internetseite findet sich nichts davon.
Die Lösung verrät Solvium-Geschäftsführer Marc Schumann im Gespräch mit manager magazin online. Demnach sammelt das Unternehmen bei Anlegern bewusst deutlich mehr Geld ein, als für den Kauf eines Containers erforderlich wäre. Die überschüssige Liquidität, so Schumann, nutzt Solvium, um neben dem offiziellen Bestand an Boxen noch einen Parallelbestand aufzubauen. Die Einnahmen dieser zusätzlichen Container, sagt der Firmenchef, werden genutzt, um Marktschwankungen auszugleichen und den Cash-flow an die Anleger zu glätten sowie die hundertprozentige Rückzahlung sicherzustellen.
Kurzum, die "Schatteninvestments", die bei anderen Anbietern seit Jahren vermutet werden, macht Solvium also ganz offiziell. Die Information darüber allerdings streut das Unternehmen lediglich über einzelne Medien oder auf Anfrage. Warum davon in den Verkaufsunterlagen sowie auf der Website nichts zu finden ist, kann der Firmenchef nicht recht erklären.
Und damit nicht genug: Solvium wirbt auch mit einem besonderen Sicherheitskonzept um die Gelder der Anleger. Dazu gehören nach Angaben des Unternehmens zum Beispiel eine Verkaufsoption für Container an ein externes Handelshaus sowie eine Versicherung von Mieteinnahmen über die Firmen Atradius und Coface.
Solvium streitet mit der Allianz ...
Das eigentlich bemerkenswerte an dieser Absicherung ist jedoch ihre Vorgeschichte: Etwa zwei Jahre lang glaubte Solvium angeblich, das Ganze über einen Versicherungsvertrag gelöst zu haben, der 2011 mit einem Generalvertreter der Allianz Deutschland AG geschlossen worden war - bis 2013 die Verantwortlichen der Allianz davon erfuhren.
Auf eine Anfrage des Branchendienstes "Fondstelegramm" hin ließ der größte deutsche Versicherer wissen, dass es eine solche Police aus seiner Sicht nicht gebe. Der Vertrag zwischen Solvium und dem Generalvertreter sei vielmehr gar nicht gültig, so die Allianz.
Es folgte ein Streit, der am Montag dieser Woche seinen vorläufigen Höhepunkt fand: Da erreichte eine Klageschrift der Allianz die Investmentfirma, wie manager magazin online meldete. Zuvor hatte bereits das Landgericht Dortmund eine einstweilige Verfügung zugunsten des Versicherers erlassen, die später vom Oberlandesgericht in Hamm mangels Eilbedürftigkeit wieder kassiert wurde.
Bemerkenswert: Solvium gibt an, bereits Prämien auf die angebliche Police eingezahlt zu haben. Die Allianz dagegen teilt manager magazin online auf Anfrage mit, es sei von Solvium einmalig eine sechsstellige Summe überwiesen worden, die sofort zurückgewiesen worden sei. Die Überweisung von Seiten Solviums habe zudem stattgefunden, nachdem die Allianz bereits darauf hingewiesen habe, dass der Vertrag nach ihrer Ansicht unwirksam sei. Zudem kam das Geld von der Anlagefirma laut Allianz mehr als ein Jahr nach dem angeblichen Vertragsschluss.
... und kauft Boxen im eigenen Haus
Solvium ist auch ein gutes Beispiel für ein weiteres sensibles Thema der Branche: Die Containerbeschaffung. Vor allem beim Nachschub gebrauchter Transportkisten gibt es derzeit offenbar Engpässe. Nicht aber für Solvium. Das Unternehmen ist Tochtergesellschaft des Emissionshauses Conrendit, das früher reihenweise Containerfonds aufgelegt hat.
Damit hat Solvium seine Bezugsquelle praktisch in der eigenen Unternehmensgruppe. Gegenüber manager magazin online bestätigt ein Sprecher des Anlageanbieters, worüber schon seit längerem spekuliert wird: Solvium bezieht Container für den Direktvertrieb aus den Fonds von Conrendit.
Stahlboxen von Anlegern für Anleger also, heißt das im Klartext - dass dabei kaum beide Seiten ein gutes Geschäft machen können, liegt auf der Hand. Der Solvium-Sprecher betont, dass die Banken, die die Conrendit-Investments einst mitfinanziert hatten, ein Auge auf die Bieterverfahren hätten. Die Anleger von Conrendit könnten daher durch die Verkäufe nicht geschädigt werden. Und, so stellt es der Sprecher dar, die Kunden von Solvium ohnehin nicht.
manager magazin online liegt allerdings ein Geschäftsbericht des Conrendit Containerfonds Nummer 5 vor. Dem ist zu entnehmen, dass Boxen aus dem Fonds zwischen 2011 und 2013 für maximal 1200 Dollar je CEU verkauft wurden. Bei CEU handelt es sich um eine Einheit, mit der Container verschiedener Größe miteinander vergleichbar gemacht werden.
In dem Geschäftsbericht wird Solvium nicht explizit als Käufer aufgeführt. Laut Unternehmenssprecher jedoch wurden Container dieses Fonds unter anderem auch an die Conrendit-Tochter verkauft. Daher zur Erinnerung: Der Verkaufspreis an die Anleger des Solvium-Direktinvestments beträgt 4000 Euro, was der Kalkulation eines Wettbewerbers zufolge, die manager magazin online ebenfalls vorliegt, einem CEU-Preis von etwa 2350 Euro oder rund 3220 Dollar entspricht.
An der Stelle sollte nicht der Eindruck entstehen, Solvium sei mit seiner eigenwilligen Informationspolitik eine Ausnahme in der Branche. Im Gegenteil: Auch andere Anbieter reagieren auf Fragen eher zurückhaltend bis zugeknöpft.
Ein Beispiel: Die Firmengruppe Magellan. Den Angaben eines Mitarbeiters gegenüber manager magazin online zufolge hat das Unternehmen im Zuge der Recherche für diesen Artikel wohl zum ersten Mal überhaupt mit einem Journalisten gesprochen. Auch die Umsatzzahlen, die Magellan mit Privatanlegern erzielt (siehe Tabelle), gibt das Unternehmen sonst nicht heraus.
Warum sich eine Anlagefirma bei Ole von Beust beschwerte
Doch zurück zur Containerbeschaffung: Bei einer weiteren Anekdote dazu gibt es gleich eine ganze Reihe von Protagonisten, von einem früheren Anbieter von Containerfonds namens Michael Schröder über einen Geschäftsmann namens Jörn Reinecke bis hin zum ehemaligen Ersten Bürgermeister Hamburgs, Ole von Beust.
Was ist geschehen? Das Emissionshaus Schröder & Co. setzte vor mehr als einem Jahr die Auflösung zweier Fonds in Gang. Den Beteiligungsgesellschaften gehörte unter anderem ein Containerportfolio im Wert von mehr als 100 Millionen Dollar, das es nach den Gepflogenheiten der Branche zu versteigern galt.
Als Sieger aus dem Bieterwettstreit ging im Laufe des vergangenen Jahres der Hamburger Jörn Reinecke hervor, der ansonsten im Containergeschäft kaum zu Hause ist. Reinecke ersteigerte die Container über eine eigens gegründete Firma namens Blue Seas, um sie dann zum Teil als Direktinvestment weiterzuvermarkten. Über seine Firma Boxdirect sowie die CH2 AG sollen noch bis Mitte dieses Jahres mit den Transportbehältern insgesamt 60 Millionen Euro eingeworben werden.
Soweit, so unspektakulär. Unter den Anbietern von Container-Investments, von denen sich einige ebenfalls an der Versteigerung beteiligt hatten, sorgte der Deal jedoch für einige Aufregung. Denn sie glauben, dass er ein Geschmäckle hat.
Wurde bei der Versteigerung geschoben?
Das Emissionshaus Schröder & Co. nämlich firmiert in Hamburg unter der Adresse Große Elbstraße 45 - genau wie die Boxdirect des siegreichen Bieters Reinecke. Eine Recherche ergibt zudem, dass Schröder & Co.-Chef Michael Schröder sowie Reinecke früher in anderen Unternehmen gemeinsam aktiv waren.
Wurde da also geschoben? In Hintergrundgesprächen weisen Personen, die die Transaktion aus der Nähe verfolgen konnten, diesen Verdacht entschieden zurück. "Die Container wurden im Rahmen einer Ausschreibung verschiedenen Interessenten angeboten", schreibt zudem Michael Schröder an manager magazin online. "Das höchste Gebot im Rahmen der Ausschreibung wurde von Blue Seas abgegeben." Seine Gesellschaften und er persönlich, so Schröder weiter, stünden in keinerlei "gesellschaftsrechtlicher Verbindung zu Blue Seas, zu Box Direct oder zu CH2". Jörn Reinecke konnte eine Anfrage zu dem Bieterverfahren urlaubsbedingt nicht beantworten.
Die unterlegenen Konkurrenten allerdings lassen sich dadurch nicht beruhigen. Im Gegenteil: Nach Abschluss der Auktion machten sie ihrem Ärger nach Informationen von manager magazin online gleich an mehreren Adressen Luft.
Ins Visier geriet dabei unter anderem ein prominenter Hamburger, der im Kapitalanlagegeschäft bisher kaum in Erscheinung getreten war: der frühere Regierungschef der Hansestadt, Ole von Beust.
Weshalb die Bafin wegschaut
Von Beust ist Aufsichtsrat von Boxdirect sowie der für den Vertrieb der Container an Anleger auserkorenen CH2 AG und war als solcher mit der Containerversteigerung in Berührung. "Es ist richtig, dass ein unterlegener Mitbewerber versucht hat auf mich einzuwirken, das Geschäftsmodell von Boxdirect zu konterkarieren", so von Beust zu manager magazin online. "Dies geschah telefonisch und per Mail."
Bemerkenswert dabei: Der "Mitbewerber", der sich bei von Beust beschwerte, stellte den Ankauf des Portfolios offenbar moralisch in Frage. Vermutlich spielte er damit darauf an, dass es sich um Container aus Fonds handelte, und dass die Anleger dieser Fonds, die allerdings parallel auch verlustreich in Schiffe investiert hatten, nach der Liquidierung ein erhebliches Minus verzeichnen würden.
Ex-Politiker von Beust jedenfalls empfand dieses "moralische Infragestellen" ausgerechnet von jemandem, der sich selbst um das Portfolio bemüht hatte, nach eigenen Angaben als "besonders skurril".
Container können lohnendes Investments sein
Anleger, die sich mit dem Gedanken tragen, einen Container zu erwerben, dürfte an der Geschichte vor allem interessieren, dass wiederum Boxen aus geschlossenen Fonds ins Direktinvestment geschleust werden. Gegenüber manager magazin online betont CH2-Chefin Antje Montag, dass sei zu einem "marktgerechten Preis" geschehen.
Ansonsten bleibt den Investoren eine wenig hilfreiche Erkenntnis: Vieles spricht dafür, dass der Kauf eines Containers ein lohnendes Investment sein kann. Allerdings unterscheiden sich die Offerten am Markt offensichtlich erheblich voneinander, und damit wohl auch die damit verbundenen Risiken.
Wie das Chancen-Risiko-Verhältnis im Einzelfall aussieht, können Anleger aber kaum richtig beurteilen. Dazu müssten die Anbieter der Container mehr Informationen geben, was sie seit Jahren nicht tun.
Abhilfe schaffen könnte möglicherweise der Gesetzgeber. Bisher geriet das Container-Direktinvestment nicht in den Fokus von Anlegerschutz, Regulierung und Finanzaufsicht. Denn formell handelt es sich nicht um eine Kapitalanlage, sondern um einen Sachwertkauf, ähnlich dem Erwerb einer Immobilie.
Sollte der Markt jedoch weiter so kräftig wachsen wie zuletzt, dürfte auch Berlin bald ein Auge darauf haben. Dass das wiederum kein Allheilmittel ist, zeigen allerdings die Anlageskandal der jüngeren Vergangenheit.
Vorsicht beim Containerkauf: Worauf Anleger achten sollten