Sammelklagen eingereicht Die verheerenden Krypto-Empfehlungen der US-Promis

US-Promis wie Gisele Bündchen, Tom Brady oder Madonna geraten nach dem Absturz der Kryptowährungen ins Visier von mächtigen Anwaltskanzleien. Mithilfe von Sammelklagen fordern sie im Auftrag von geprellten Anlegern Schadensersatz. Wäre das auch in Deutschland möglich?
Gemeinsame Geschäfte: Topmodel Gisele Bündchen warb für die von Sam Bankman-Fried gegründete und inzwischen kollabierte Kryptobörse FTX

Gemeinsame Geschäfte: Topmodel Gisele Bündchen warb für die von Sam Bankman-Fried gegründete und inzwischen kollabierte Kryptobörse FTX

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BFA / action press

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"FTX. You in?" Diese Frage stellten Topmodel Gisele Bündchen (42) und NFL-Superstar Tom Brady (45) ihren Freunden und Bekannten in einem Werbespot für die US-Krytpobörse FTX. Das war im Jahr 2021, auf dem Höhepunkt des Krypto-Hypes.

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Inzwischen ist das Unternehmen im Zuge des Bitcoin-Crashs wie etliche andere aus der Branche kollabiert, Tausende Anleger wurden um ihre Ersparnisse gebracht und die US-Behörden werfen dem schillernden Gründer Sam Bankman-Fried (30) einen "Betrug epischen Ausmaßes" vor. Die Spekulationsblase auf dem Kryptomarkt ist geplatzt, der Kurs der Kryptowährung Bitcoin im vergangenen Jahr vor dem Hintergrund der globalen Zinswende von etwas mehr als 46.000 US-Dollar bis auf weniger als 16.000 US-Dollar eingebrochen.

Nun ist die Zeit der Anwälte gekommen. Können Promis wie Bündchen und Brady für die Verluste von Anlegern verantwortlich gemacht werden? Die Juristen zumindest sind überzeugt davon und ziehen mit Sammelklagen vor Gericht, wie das "Wall Street Journal"  nun berichtet. Schließlich geht es um viel Geld. Denn nicht nur beim einstigen Vorzeigeehepaar gibt es viel zu holen. Auch eine Reihe anderer prominenter Fürsprecher rührte für Kryptowährungen und NFTs (Non Fungible Token) kräftig die Werbetrommel.

Non Fungible Token (NFT)

Ein Non Fungible Token beschreibt ein nicht-austauschbares, digitales Besitzerzertifikat. Es soll die Echtheit eines digitalen Produkts wie eines Videos oder Bildes garantieren. Das Token kann dann zwar von jedem im Internet angeschaut und auch kopiert oder heruntergeladen werden, es gehört aber nur demjenigen, der das Zertifikat erworben hat. Das Speichern des Token in der Blockchain macht ihn einzigartig, unveränderbar und rückverfolgbar.

Madonna und ihre Comic-Affen

Popstar Madonna (64), Rapper Eminem (50), Tennisstar Serena Williams (41) und mehr als 30 weitere US-Stars beispielsweise sangen ein Loblied auf die NFT-Kollektion "Bored Ape Yacht Club" (BAYC) der Firma Yuga Labs. Um Mitglied in diesem exklusiven und elitären Klub zu werden, müssen Interessenten ein NFT in Form eines digitalen Affens erwerben. Nur wer so ein Comicäffchen besitzt, darf etwa auf die von BAYC organisierten exklusiven Partys.

Im Dezember reichte deshalb die US-Kanzlei Scott + Scott in Kalifornien eine Sammelklage gegen den Entwickler Yuga Labs und seine prominenten Unterstützer ein. Die Juristen werfen den Angeklagten vor, die Preise für die NFTs durch ihre Äußerungen künstlich in die Höhe getrieben zu haben, ohne dabei offenzulegen, dass die Celebrities für ihre "offiziellen" NFT-Käufe bezahlt wurden. Yuga Labs bestreitet die Vorwürfe. "Wir haben nie jemanden, ob berühmt oder nicht, dafür bezahlt, dem Klub beizutreten", sagte ein Sprecher dem "WSJ" .

Auch Tom Brady und seine Ex-Frau Gisele Bündchen sind inzwischen ins Visier der Anwälte geraten, auch, weil sie ihre eigene Beteiligung an FTX nicht ordnungsgemäß offenlegten. In Florida hat der Anwalt Adam Moskowitz eine Schadensersatzklage gegen FTX-Gründer Bankman-Fried und seine prominenten Unterstützer, zu denen neben Brady und Bündchen beispielsweise auch Basketballstar Shaquille O'Neal (50) und Tennisspielerin Naomi Osaka (25) gehören, eingereicht. Der Anwalt kritisiert die Werbeaussagen von Brady als "verzerrend und voller wichtiger Auslassungen". Die Botschaften seien propagiert worden, um Vertrauen zu wecken und Kunden dazu zu bringen, ihr Geld in etwas anzulegen, was letzten Endes nichts anderes als ein betrügerisches Schneeballsystem gewesen sei, heißt es in der Anklageschrift. Gegenüber dem "WSJ" lehnte ein Anwalt von Brady eine Stellungnahme ab.

Sammelklage gegen Kim Kardashin abgewiesen

Eine Sammelklage gegen Realitystar Kim Kardashian (42) wurde inzwischen vom zuständigen Bundesrichter in Kalifornien abgewiesen. Dem US-Sternchen wurde vorgeworfen, den Preis für den Kryptotoken EthereumMax in die Höhe getrieben und selbst davon profitiert zu haben. Der Richter begründete seine Entscheidung mit der Unklarheit darüber, dass die Anleger ihre Kaufentscheidung allein aufgrund der Äußerungen der Angeklagten getroffen hätten. Zudem erwarte er von Investoren, sich ausführlich zu informieren und nicht nur auf den Zeitgeist des Augenblicks zu setzen.

Bei den anderen Klagen ist bisher noch kein Urteil gefällt worden. Anleger hoffen auf wegweisende Entscheidungen, denn bisher ist die Rechtslage unklar. Zwar hat die US-Börsenaufsicht SEC bereits 2017 vor Investmenttipps durch Prominente gewarnt: "Die Empfehlungen können rechtswidrig sein, wenn sie die Art, Quelle und Höhe einer Vergütung, die das Unternehmen direkt oder indirekt als Gegenleistung für die Unterstützung zahlt, nicht offenlegen." Allerdings hat die Behörde nicht festgelegt, für welche digitalen Vermögenswerte genau dies gilt.

Und auch eine gesetzliche Regulierung des Kryptomarktes lässt weiter auf sich warten. Zwar liegt im US-Senat ein parteiübergreifender Entwurf vor, doch dieser gilt inzwischen als hochtoxisch, weil Lobbyisten der kollabierten Kryptobörse FTX daran mitgearbeitet haben sollen.

Wie ist die Lage in Deutschland?

Auch in Deutschland haben Stars und Sternchen kräftig dabei geholfen, Kryptowährungen an den Mann und die Frau zu bringen. Schauspielerin und Influencerin Sophia Thomalla (33) etwa warb für das dubiose Blockchain-Projekt G999, der Spot wurde zur Premiere sogar großflächig am Times Square in New York ausgestrahlt. Rapper Kool Sawas (47) erklärte sich schon 2018 zum "Kryptoholiker". Und "Die Höhle der Löwen"-Investor Frank Thelen (47) prognostizierte noch im Februar vergangenen Jahres, dass der Bitcoin bald die 100.000-Dollar-Marke erreichen werde.

Doch können die Promis auch hierzulande haftbar gemacht werden? "In Deutschland ist das eher schwierig, weil der Bundesgerichtshof die Voraussetzungen dafür sehr eng gestaltet hat", erklärt Rechtsanwalt Marvin Kewe von der auf Musterverfahren spezialisierten Anwaltskanzlei Tilp. Er verweist unter anderem auf den berühmten Fall der T-Aktie, für die der inzwischen verstorbene Schauspieler Manfred Krug warb und die durch das Platzen der Dotcom-Blase massiv abstürzte. Dadurch geriet so mancher Kleinanleger in finanzielle Schwierigkeiten. Doch Krug konnte damals nicht in die Haftung genommen werden. Das Problem liege laut Kewe vor allem in der Kausalität: War es genau diese Werbung, die Anleger zum Kauf verleitete?

Zudem sind in Deutschland anders als in den USA keine Sammelklagen zugelassen, Anleger müssten also jeweils individuell klagen. Und bisher hat sich das offenbar noch keiner getraut, wie die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz erklärt: "Der DSW ist aktuell kein Urteil wegen irreführender Empfehlungen zu Kryptowährungen bekannt." Anleger sollten daher Empfehlungen von Prominenten lieber äußerst kritisch betrachten – vor allem, wenn diese sich nicht beruflich mit Kryptowährungen beschäftigen.

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