Börsenprofi Robert Halver erklärt Auf demokratisch-sozialistischen Socken in die Zukunft?

Der Sozialismus scheint wieder hoffähig zu werden. In seiner demokratischen Machart soll er dem neoliberalen Kapitalismus mit Gerechtigkeit Paroli bieten. Gerecht heißt dabei, dass sich der Staat auch mit Eingriffen in private Eigentumsrechte und sogar Enteignung und Vergesellschaftung einmischen darf.

Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarkt-analyse der Baader Bank AG und bekannt durch regelmäßige Medienauftritte und als Kolumnist. Mit Wertpapieranalyse beschäftigt er sich seit über 20 Jahren.
Doch schon heute ist die Einmischung von Vater Staat gewaltig. Es gibt wenige Länder, die noch höhere Steuern, Abgaben und Sozialleistungen haben als Deutschland. Ist das ungerechter Kapitalismus? Und jetzt werden noch weiter steigende Spitzensteuersätze, Umweltabgaben, höhere Rentenbeiträge - auch ohne später höhere Rentenansprüche - eine Wiedereinführung der Vermögensteuer und neuerdings die Besteuerung steigender Bodenwerte gefordert. Ist es gerecht, wenn der Staat die immobilienbasierte Altersvorsorge besteuert? Dann wird der Karnevalsschlager "Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen" bittere Realität.
Viele Krisen sind eigen- und nicht fremdverschuldet
Das soziale Problem "Wohnarmut" ist seit Jahren bekannt. Längst hätten Bund, Länder und Kommunen ihre Liegenschaften an Immobilienträger auch unter der Bedingung des Baus von Sozialwohnungen veräußern können. Warum wurden und werden die niedrigen Bauzinsen nicht zum Bau staatlicher Mietwohnungen genutzt?
Und ist es eigentlich ein Naturgesetz, dass Baugenehmigungen im Schneckentempo ablaufen? Müssen die Baukosten in Deutschland so hoch sein? Und was ist mit den galoppierenden staatlichen Gebühren? Gegen all das ist das Baukindergeld nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Ein Akt sozialer Miet-Gerechtigkeit für Geringverdiener wäre es, wenn sich der Steuerfreibetrag verdoppeln und/oder beim Bauen der verminderte Mehrwertsteuersatz gelten und/oder die Grunderwerbsteuer gekappt würde. Immerhin haben wir Haushaltsüberschüsse.
Befreite man die Bürger von diesen staatlichen Bleiwesten, wäre ein größeres Immobilienangebot da, Mietpreise würden zurückgehalten und es gäbe mehr Wohneigentümer. Das ist sozial gerecht.
Auf "Wohn-Sozialismus" dagegen, mit Mietpreisbremsen und Enteignungen, reagieren Immobilieninvestoren wie Fluchttiere. Am Ende frisst die sozialistische Revolution ihre Kinder: Die Wohnungsnot wird größer, nicht kleiner.
Klimaschutz muss mehr sein als nur Ideologie
2019 ist der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland stärker gesunken als erwartet. Dafür war kein Staatsdirigismus mit Verboten und Klimasteuern verantwortlich. Der Einbruch der Kohleverstromung ist fast ausschließlich auf den europäischen Emissionshandel zurückzuführen. Die Marktwirtschaft als "alte Umwelt-Sau" liefert also durchaus konstruktive klimagerechte Antworten.
Nicht zuletzt geht es um die Versorgungssicherheit von Strom. Wenn Braun- und Steinkohle- sowie Atomkraftwerke abgeschaltet werden und gleichzeitig die nachhaltige Stromerzeugung Ladehemmung hat, schafft die Politik ein Investitionshandicap allererster Güte. Digitalisierung und Stromlücken sind so wenig vereinbar wie Gewichtsabnahme mit Pizza und Schokolade.
Und warum betrachten wir den Klimaschutz nur ideologisch? Verdienen wir mit Umwelttechnik doch Geld und schaffen so neue Jobs. Machen wir ein konsequentes Geschäftsmodell daraus. Oder wollen wir auch das wieder an China verschenken?
Wenn der deutsche Standort verblüht, verduften die Investoren
Ohnehin wirken deutsche Bürokratie, der Verfall der Logistik, Technologieignoranz und hohe Unternehmenssteuern auf den Exodus von Unternehmen nach Amerika und Asien wie ein Turbo. Wo bleibt die Konkretisierung einer umfassenden Digitalagenda? Wenn uns hier mittlerweile ein bislang als unreformierbar geltendes Land wie Frankreich abhängt, hilft kein Bürger schröpfender Neo-Sozialismus, sondern nur Wettbewerbsfähigkeit.

Das langjährige Wachstum hat viele Politiker zu Bären gemacht, die nach dem großen Lachs-Fressen behäbig geworden sind. Doch mit Aussitzen sichert man keine Arbeitsplätze und schafft vor allem keine neuen. Nein, sie werden sogar exportiert. Hilft das dem sozialen Frieden?
Übrigens darf ein moralisch einwandfreier und politisch korrekter Mainstream keine Denkverbote fördern. Denn ohne Streitkultur kann sich eine Gesellschaft nicht konstruktiv weiterentwickeln.
Quer im Stall wie eine Kuh steht die Politik, wenn sie Aktiensparen mit einer Börsensteuer erschwert. Diese Kleinanlegersteuer unterstützt angesichts des weiterhin zinslosen Umfelds spätere Altersarmut. Was ist an dieser Ruhestandspolitik sozial gerecht?
Sozialismus versündigt sich an zukünftigen Generationen
Bei all den real existierenden Problemen sollten die neo-sozialistischen Empörungsbeauftragten also nicht die Schuld beim bösen Kapitalismus suchen. Wenn Schüler nicht ihre Hausaufgaben machen, kann man den Lehrern nicht die Schuld an schlechten Noten geben.
Überhaupt, Sozialismus war nie eine gute Alternative. Am Ende brachte er immer Ungerechtigkeit und weniger Wohlstand, dafür aber viel menschliches Leid. Auch der Sozialismus in seiner demokratischen, sozusagen veganen Form hat keine Chance verdient. Wer läuft denn mit bereits blutigem Gesicht immer wieder gegen dieselbe Wand?
Statt mit neuen sozialistischen Laborversuchen muss sich der Staat nicht kapitalistisch, sondern sozial-marktwirtschaftlich einmischen. Er soll attraktive Rahmenbedingungen setzen und ansonsten die Menschen machen lassen.