Preishausse Experten sehen Gold weiter auf Höhenflug

Goldbarren: Der Preisanstieg des Edelmetalls könnte noch eine Zeit lang weitergehen
Foto: REUTERSHamburg - Ob als Halskette, Barren, Münze oder Fonds, der Goldrausch ist offenbar noch nicht vorbei. Trotz des Anstiegs seit Jahresbeginn sehen Rohstoffexperten für den Goldpreis 2012 noch Luft nach oben. Seit Jahresbeginn haben die Notierungen schon um knapp 14 Prozent zugelegt auf derzeit 1776 Dollar je Feinunze. Vor allem die Aussicht auf weiter niedrige Zinsen in Europa und den USA mache das Edelmetall für Anleger weiter attraktiv, sagen die Fachleute.
Die Royal Bank of Scotland (RBS) macht in einer aktuellen Analyse zudem darauf aufmerksam, dass der Preis technisch gesehen bei 1763 Dollar je Unze gerade einen wichtigen Widerstand nach oben durchbrochen habe. "Gelingt der Sprung über die Hürde bei 1800 Dollar, wäre dies als klares Kaufsignal zu werten", so die RBS. "Dann ist auch mit einem baldigen Angriff auf das bisherige Allzeithoch bei 1921,15 Dollar zu rechnen."
Andere Fachleute setzen ihre Ziele noch höher. "Ich rechne damit, dass der Goldpreis in diesem Jahr über 2000 Dollar steigt", prognostiziert etwa Martin Siegel, Edelmetallexperte und Geschäftsführer der auf die Beratung von Rohstofffonds spezialisierten Stabilitas Fonds. "Der wichtigste Grund dafür sind die viel zu niedrigen Zinsen in vielen Ländern. Dadurch steigt die Geldmenge und damit die Inflation."
In den wichtigen Volkswirtschaften liegen die Zinsen derzeit auf sehr niedrigem Niveau. In der Euro-Zone notiert der Leitzins bei einem Prozent, in den USA und Japan bei Null. Ende Januar hatte die US-Notenbank Fed sogar angekündigt, an ihrer Nullzinspolitik bis Ende 2014 festzuhalten. "Dieses Szenario ist klar positiv für Gold, denn mit Gold können sich Anleger gegen Inflation absichern", erläutert Siegel.
Gold könnte 2012 ein Plus von 20 Prozent erzielen
Dass die Zinsen in den USA niedriger sind als in der Euro-Zone bietet europäischen Anlegern zudem einen weiteren Vorteil. Denn das schwächt in der Regel den Dollar, was wiederum das in Dollar gehandelte Edelmetall für Anleger aus dem Euro-Raum günstiger macht.
Rohstoffanalyst Gabor Vogel von der DZ Bank rechnet zum Ende des Jahres mit einem Goldpreis von 1950 Dollar je Unze. Die Nachfrage sei ungebrochen. "Keiner will Gold wirklich verkaufen", argumentiert er.
Die Analysten der Commerzbank erwarten einen Anstieg bis auf 1900 Dollar. "Das sollte aber erst in der zweiten Jahreshälfte der Fall sein", prognostiziert Commerzbank-Experte Carsten Fritsch. Zum jetzigen Niveau wäre das noch ein Plus von mindestens knapp 7 Prozent.
Gemessen am Schlusskurs 2011 könnten Goldanleger also bis Ende 2012 ein Plus von mehr als 20 Prozent verbuchen. Eine Rendite von der Investoren an den europäischen Aktienmärkten zuletzt nur noch träumen konnten. Aber: Der Nimbus des sicheren Hafens schützt die Anleger nicht vor Verlusten und nervenaufreibenden Schwankungen. Zwar hatten sie im Sommer vergangenen Jahres, als sich die Euro-Schuldenkrise zuspitzte, Grund zum Jubeln. Der Preis für das Edelmetall stieg auf das Rekordhoch von gut 1921 Dollar je Feinunze.
China und Notenbanken fragen enorme Mengen nach
In den folgenden Monaten fielen die Notierungen allerdings stetig, bis sie im Dezember einen Tiefpunkt bei 1520 Dollar erreicht hatte. "Die Korrektur war überzogen", urteilt DZ-Bank-Analyst Vogel. "Viele Spekulanten haben sich von Gold getrennt, um Verluste aus anderen Anlageklassen auszugleichen."
Neben den weltweit niedrigen Zinsen und den Inflationsängsten spricht laut Vogel vor allem eines für das Edelmetall: "Gold ist immer noch eine sichere Langfristanlage. Die Nachfrage dürfte weiter hoch bleiben und die Produktionsseite schwach."
Vor allem Inder und Chinesen treiben die Nachfrage nach Gold. Nach Schätzungen der Branchenorganisation World Gold Council (WGC) ist China auf dem besten Weg, Indien den Rang als weltgrößter Goldverbraucher abzulaufen. Auch in diesen Ländern wollten sich die Anleger mit Gold gegen steigende Preise wappnen, stellt das WGC fest. Auch die Zentralbanken werden in diesem Jahr nach Einschätzung von Analysten weiter auf Gold setzen. 2011 kauften sie nach Daten des WGC rund 440 Tonnen Gold, die größte Menge seit Jahrzehnten. Im Vorjahr hatten sie 77 Tonnen des Edelmetalls gekauft.
Vor allem Notenbanken aus Entwicklungsländern kurbelten dem WGC zufolge die Nachfrage an. Gold helfe ihnen, ihre Devisenreserven breiter aufzustellen und die Abhängigkeit von einigen wenigen Fremdwährungen zu mildern, erläutern die Experten.
Auf der anderen Seite steht ein kaum steigendes Angebot. Das Handelshaus Heraeus erwartet bei der Neuförderung der Minen im Jahr 2012 nur geringfügige globale Veränderungen. China werde seine führende Position als größter Produzent mit einer leicht steigenden Ausbringungsmenge weiter ausbauen, schreibt Heraeus in einem aktuellen Marktkommentar. Vom zweit- und drittgrößten Produzenten, Australien und den USA, werden dagegen demnach 2012 nahezu unveränderte Mengen erwartet.
Der bis zum Jahr 2006 weltgrößte Goldproduzent Südafrika bestätigte im Jahr 2011 Heraeus zufolge sogar den langjährigen rückläufigen Trend und wird wohl auch 2012 wieder einen Rückgang der Ausbringungsmenge verzeichnen.