Alternative Geldanlage Suche lupenreinen Ein-Karäter, biete Château Lafite

Oldtimer, Wein, Diamanten: Das Interesse von Anlegern an Investments mit Sachwertcharme steigt - und mit ihm die Zahl der Marktplätze, auf denen diese gehandelt werden können. Die Finanzaufsicht hat schon ein Auge drauf. 
"Sun-Drop": Der gelbe Diamant mit 110 Karat wurde kürzlich für rund acht Millionen Euro versteigert

"Sun-Drop": Der gelbe Diamant mit 110 Karat wurde kürzlich für rund acht Millionen Euro versteigert

Foto: REUTERS

Hamburg - Pferdewetten bei der Deutschen Börse? Möglicherweise wird das bald Realität. Über ihre US-Tochter ISE will das Unternehmen in den Milliardenmarkt einsteigen, wie diese Woche gemeldet wurde. Die Börsenmanager wittern dabei wohl ein dickes Geschäft - und für die Kunden gäbe es eine weitere Möglichkeit, Geld "anzulegen".

Ohnehin gibt es einen Trend unter Investoren, Geldanlagen immer breiter zu streuen. Latente Inflationsängste lassen Sachwertinvestments attraktiv erscheinen. Und darunter verstehen Anleger längst nicht mehr nur Aktien, Immobilien und Rohstoffe. Auch klassische Automobile, Luxusarmbanduhren oder teure Weine rücken in den Fokus.

Die Devise: Mit der richtigen Auswahl und etwas Glück besteht die Hoffnung auf einen erklecklichen Wertzuwachs. Bleibt der aus, so hat der Käufer zumindest die Freude am Objekt. Und außerdem sinkt das Anlagerisiko im Portfolio wegen der breiteren Diversifikation.

Ähnlich wie die Deutsche Börse  beobachten auch andere Akteure diese Entwicklung - und schaffen entsprechende Handelsplätze, auf denen alle möglichen alternativen Investments den Besitzer wechseln. Längst etabliert sind Immobilienplattformen wie Immobilienscout24 oder Immonet. Gleiches gilt für Automärkte wie Autoscout24 oder mobile.de, sowie, auf die begehrten Veteranen spezialisiert, beispielsweise Oldtimer-Markt.de, der Onlineableger des gleichnamigen Printtitels.

Doch es kommen laufend weitere hinzu. Im Rohstoffsektor beispielsweise gründete erst vor wenigen Monaten der Diamantenhändler Ulrich Freiesleben die Plattform "Diamondax", über die Privatleute hierzulande erstmals einzelne Diamanten erwerben und veräußern können.

Diamantenmarkt für Privatleute

Zum Hintergrund: Der Handel von Privatanlegern mit Silber- und Goldmünzen blüht seit langem, auch im Internet. In Foren wie Silber.de oder Gold.de, wo Angebot auf Nachfrage trifft, werden viele Geschäfte angebahnt. Eine der größten Plattformen in diesem Bereich dürfte "Goldseiten.de" des thüringischen Medienunternehmers Frank Hoffmann sein, der auch in München eine jährliche Rohstoff- und Edelmetallmesse veranstaltet. Die "Goldseiten" kamen laut Mediaunterlagen im vergangenen Jahr auf durchschnittlich 4,2 Millionen Page Impressions, also "Klicks", im Monat. "Da werden teilweise Geschäfte im sechssteligen Bereich abgewickelt", sagt ein Beobachter.

Das steigende Interesse an Goldinvestments geht einher mit einer ansehnlichen Preisentwicklung, die das Edelmetall in diesem Jahr bereits hingelegt hat. Und ähnliches gilt für Diamanten. Zeitweilig waren die Preise der Steine seit Jahresbeginn mit bis zu 35 Prozent im Plus, so Händler Freiesleben. Inzwischen gab es eine kleine Korrektur, so dass der Gewinn im laufenden Jahr bei etwa 20 Prozent liegt, sagt der Fachmann.

Wer jedoch privat in Diamanten investieren will, der konnte bislang lediglich die Aktien der Minenfirmen oder mit den Steinen besetzten Schmuck kaufen. Das Geschäft mit den kostbaren Klunkern selbst war Händlern und der Schmuckindustrie vorbehalten. Das hat sich dank "Diamondax" nun geändert.

Nur lupenreine Steine und weiße Farben

Das Prinzip der Plattform: Die Käufer bestellen den oder die gewünschten Steine und Händler Freiesleben besorgt die Ware. Ebenso gibt es eine Rückkaufgarantie zu Marktpreisen. Das Geschäft von privat zu privat soll in einem nächsten Schritt ermöglicht werden.

"Wir hatten bereits einen Gesamtumsatz im siebenstelligen Bereich und sind mit der Geschäftsentwicklung zum Start sehr zufrieden", sagt Freiesleben zu manager magazin Online. "Das Gros der Bestellungen entfällt derzeit auf Ein-Karäter, grundsätzlich ist allerdings in einem Spektrum zwischen 750 Euro und 100.000 Euro alles möglich."

Der Vorteil: Wer über Diamondax kauft, kann sich der Qualität der Ware sicher sein. Experte Freiesleben, Mitglied der World Federation of Diamond Bourses und seit 30 Jahren in dem Geschäft, hat sein Angebot von vornherein auf lupenreine Steine und weiße Farben beschränkt. Zudem gibt es bei ihm ausschließlich Diamanten mit bestem Zertifikat und feinstem Schliff.

Solche Vertrauenswürdigkeit ist in dem Markt keineswegs selbstverständlich. Im Internet und erst recht am Telefon ist bei Diamantenofferten grundsätzlich Vorsicht geboten. Denn es gibt viele schwarze Schafe und das Auge des Laien kann einen falschen Stein vom echten in der Regel kaum unterscheiden.

Deutsche Investoren entdecken Spitzenweine

Zweites Beispiel: Der Markt für kostbare Weine. Auch dieses Geschäft findet Beobachtern zufolge zunehmendes Interesse bei Leuten, die nicht zuerst an den blumigen Abgang, sondern an die Rendite im Depot denken. Bei Spitzenweinen wie beispielsweise dem Château Lafite-Rothschild, dem Château Latour oder dem Château Pétrus gab es in den vergangenen Jahren zum Teil erhebliche Preissteigerungen, sagt Experte Margaritis Sotiris. Nicht zuletzt deshalb hat sich die Aufmerksamkeit der Käufer nach seinen Angaben zuletzt stärker auf Weine der zweiten Reihe gerichtet, was im Spitzensegment zu einer Korrekturphase geführt habe.

Sotiris ist einer von drei Kompagnons, die mit ihrem Start-up "W1market" vom zunehmenden Interesse an Weininvestments profitieren wollen. Die Potsdamer haben soeben eine Plattform ins Internet gestellt, auf der Weinkäufer und -verkäufer zueinander finden können. "In Großbritannien und der Schweiz ist das Thema schon wesentlich etablierter", sagt Sotiris zu manager magazin Online. "In Deutschland beobachten wir gerade, wie das Interesse an Weininvestments zunimmt."

W1market bündelt nach Angaben des Gründers die Vorteile des bisherigen Marktgeschehens, und ergänzt diese um weitere. "Es ist nun für Weinliebhaber, -sammler und -investoren möglich, dem Markt ein konkretes Kaufinteresse zu signalisieren", sagt Sotiris. "Wir versuchen Angebot und Nachfrage so effizient wie möglich zusammen zu führen."

Auf W1market erhalten die Käufer von den Verkäufern eine Vielzahl an Informationen, zum Beispiel über die bisherige Lagerung ihrer Offerte. Gleichzeitig wird eine weitgehende Preistransparenz angestrebt, weil viele Angebote verglichen werden sollen. Und die Gebühren halten sich mit 5,5 Prozent des Preises bei erfolgtem Deal in Grenzen.

Fondszweitmarkt kommt unter staatliche Aufsicht

Der Marktplatz befindet sich noch in den Kinderschuhen, W1market-Chef Sotiris ist aber zuversichtlich: "Wir haben schon Anfragen aus dem Ausland, aus Großbritannien, aus Frankreich, sogar aus Thailand. Das Geschäft kommt allmählich in Gang."

Wo die Brandenburger hinwollen, ist Alex Gadeberg schon angekommen: Gemeinsam mit anderen gründete er vor Jahren an der Hamburger Börse den ersten geregelten Zweitmarkthandel für geschlossene Fonds. Inzwischen gibt es eine ganze Reihe davon, der Handel mit "gebrauchten" Anteilen an Büroimmobilien, Containerschiffen und Windparks erreichte laut Branchenverband VGF bundesweit 2010 ein Gesamtvolumen von weit mehr als 300 Millionen Euro. Zum Vergleich: In neu aufgelegte geschlossene Fonds zahlten Anleger im vergangenen Jahr laut VGF insgesamt 5,8 Milliarden Euro ein.

Etwas mehr als 160 Millionen Euro des Second-Hand-Geschäfts entfielen 2010 auf die Börse Hamburg, den Marktführer. Und ein wachsendes Interesse privater Akteure ist laut Vorstand Gadeberg auch in diesem Metier zu beobachten. "Bislang waren institutionelle Investoren auf der Käuferseite in der Überzahl", sagt er. "Seit einiger Zeit nimmt der Anteil an Privatanlegern jedoch merklich zu."

Nun steht dem Fondszweitmarkt ein Einschnitt bevor: Die gesetzliche Regulierung wird erheblich verschärft. Infolge einer EU-Richtlinie werden die Marktplätze der Finanzaufsicht Bafin unterstellt, was mit zusätzlichen Dokumentations- und Berichtspflichten und letztlich auch höheren Kosten für die Betreiber verbunden ist.

Zweitmarktexperte Gadeberg erwartet, dass dies zu einer Konsolidierung führen wird: "Es gibt eine Menge seriöser Marktteilnehmer, aber leider auch ein paar nicht ganz so seriöse", sagt er. "Es ist zu hoffen, dass die zusätzliche Kontrolle dazu führt, dass letztere zurückgedrängt werden."

Wenn das gelänge, hätte der Gesetzgeber sein Ziel erreicht und der Anlegerschutz wäre verbessert worden. Ein Beispiel, das Schule machen könnte: Auch andere bislang unregulierte Handelsplätze für alternative Investments dürften früher oder später in den Fokus der Finanzaufsicht geraten.

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