Geldanlage Das Elektro-Investment
Hamburg - Jetzt ist es offiziell: Das Elektroauto hat in Deutschland nationale Bedeutung. Gestern rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die "Nationale Plattform Elektromobilität" ins Leben, einen Zusammenschluss von Politik, Wissenschaft und Industrie, der die Bundesrepublik in den kommenden Jahren zum internationalen Marktführer der vermeintlich so zukunftsträchtigen Antriebstechnik machen soll.

Elektro-Taxi von Volkswagen: In der Branche steckt viel Wachstumspotenzial - aber welche Unternehmen machen das Rennen?
Foto: DDPSpätestens jetzt dürften auch viele Anleger auf das Thema aufmerksam werden: Wenn alle Welt an das Elektroauto glaubt, kann es dann überhaupt noch zum Misserfolg werden? Und wenn rund um den Globus tatsächlich in einigen Jahren Millionen Elektroautos durch die Metropolen surren, wo muss man dann jetzt investieren, um an dieser Wachstumsstory mit zu verdienen?
Tatsächlich attestieren viele Experten dem Elektroauto ein gehöriges Marktpotenzial. Vor allem in den Großstädten bevölkerungsreicher Schwellenländer wie China und Indien scheint es angesichts der absehbaren Zuwächse bei den Fahrzeugzahlen kaum eine Alternative zu dieser Form der emissionsfreien Fortbewegung zu geben. Denn andernfalls, so die Befürchtung, werden viele Megastädte früher oder später buchstäblich ersticken.
Kein Wunder also, dass die Technik zurzeit kaum irgendwo auf der Welt so konsequent vorangetrieben wird wie in China. Umgerechnet rund 30 Milliarden Euro will die dortige Regierung in die Entwicklung von Hybrid- und Elektroautos investieren, so die Ankündigung vor einigen Monaten. Zudem soll jeder Fahrzeugkauf mit gut 6500 Euro subventioniert werden. Schon 2012 soll die chinesische Autoindustrie nach dem Willen Pekings auf diese Weise 500.000 Elektroautos absetzen.
10 Prozent aller Autos könnten 2020 E-Autos sein
Zahlen sind das, von denen die deutsche Autoindustrie nur träumen kann. Auch die Bundesregierung hat ein Ziel vorgegeben: Bis 2020 sollen hierzulande eine Million Elektroautos fahren. Bislang fördert Berlin dieses Vorhaben mit vergleichsweise bescheidenen 500 Millionen Euro aus dem Konjunkturpaket II, die bis 2011 für Forschungs- und Entwicklungsprojekte zur Verfügung stehen. Bis zum Herbst soll über mögliche weitere Subventionen entschieden werden. Allerdings gibt es nicht wenige Experten, die einer Subventionierung des Elektroautos generell skeptisch gegenüber stehen. Stattdessen raten sie dazu, die Kostenfrage vom Markt beantworten zu lassen.
Wie sehr die Zukunft des Elektroautos tatsächlich von staatlichen Fördergeldern abhängt, ist schwer zu sagen. Schon jetzt gehen die Schätzungen über das Marktpotenzial weit auseinander, wie Umfragen unter Herstellern zeigen. Bei Volkswagen etwa wird im Jahr 2020 ein Absatz von weltweit 1,5 Millionen E-Autos erwartet, was einem Marktanteil von lediglich 1 bis 2 Prozent entsprechen würde.
Renault dagegen ist optimistischer: Sechs Millionen verkaufte Elektroautos weltweit erwarten die Franzosen im Jahr 2020 - das wäre ein Anteil am gesamten Fahrzeugmarkt von 5 bis 10 Prozent.
Zuversichtlich äußert sich auch Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer von der Uni Duisburg-Essen. In einer aktuellen Studie prognostiziert er, dass im Jahr 2015 weltweit mehr als 4,5 Millionen Pkw-Neuwagen als Hybride und Elektroautos verkauft werden. Bis zum Jahr 2025 werde die Zahl auf 56 Millionen pro Jahr steigen. "Damit sind dann 65 Prozent aller weltweit verkauften Pkw-Neuwagen Hybride und Elektrofahrzeuge", rechnet Dudenhöffer hoch.
Diejenigen - und an dieser Stelle Anleger aufgehorcht -, die von diesem Wachstum am meisten profitieren werden, sind Experten zufolge die Hersteller von Batterien und der dazugehörigen Komponenten.
"Die Batterietechnik ist die Schlüsseltechnologie"
Aktuell stellt die Batterietechnik zwar noch einen der großen Bremsklötze für das Elektroauto dar. So reicht eine "Tankfüllung" noch kaum weiter als 150 Kilometer und selbst dafür muss der Akku schon stundenlang geladen werden. Zudem sind viele Probleme zum Beispiel mit der Unfallsicherheit sowie der Wärmeentwicklung nach wie vor ungelöst. Und bisher verfügen die Energiespeicher zumeist noch längst nicht über die wünschenswerte Lebensdauer. Das Fazit des NordLB-Autoanalysten Frank Schwope klingt daher nur allzu verständlich: "Hier ist offenbar noch Forschungs- und Entwicklungsarbeit nötig."
Der Anreiz für diese Mühen ist allerdings gewaltig. Denn bei Erfolg winkt ein Milliardengeschäft. Dudenhöffer etwa beziffert das Marktpotenzial für Hochleistungsbatterien allein für die Automobilindustrie in seiner Prognose auf jährlich 130 Milliarden Euro Umsatz. Erste Vertragsabschlüsse gibt es bereits: Im Jahr 2012 wird das Tochterunternehmen Litec von Evonik und Daimler pro Jahr 20.000 Batteriesätze für den Elektro-Smart liefern. "Die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie wird entscheidend vom Zugang zu innovativer Batterietechnik abhängen", sagt der Experte.
Kein Wunder also, dass auch Investmentfachleute beim Thema E-Auto vor allem auf Batteriebauer setzen. "Die Batterietechnik ist die Schlüsseltechnologie", sagt zum Beispiel Stefan Bauknecht, Experte von der Fondsgesellschaft DWS.
Und Olaf Koester, Chef des Portfoliomanagements bei der VCH Gruppe, meint: "Man kann das Thema zwar auch breiter angehen und Unternehmen in Betracht ziehen, die sich mit dem Ausbau von Netzinfrastruktur und den dafür erforderlichen Technologien beschäftigen. Grundsätzlich sollten sich Anleger, die ans Elektroauto glauben, aber vor allem auf die Schlüsseltechnologien konzentrieren, die eine breite Marktdurchdringung erst ermöglichen." Konkret heißt das: Batterietechnologien, die eine höhere Energiedichte zur Speicherung ermöglichen, so der Experte für nachhaltige Investments.
Fondsmanager haben einen Geheimtipp
Das Problem: Wie sich die Branche in den kommenden Jahren entwickeln wird und welche Firmen am Ende die Nase vorn haben werden, ist noch völlig offen. Entsprechend schwierig erscheint die Auswahl der richtigen Investments. "Alle Anlagen in diesem Bereich sind sehr volatil, Investoren benötigen einen langen Atem", sagt DWS-Mann Bauknecht. "Letztlich stellt sich die Frage, welches Unternehmen, beispielsweise aus Europa oder den USA, das künftige BYD wird."
Hintergrund: Die chinesische BYD (steht für "Build Your Dreams") ist als Elektroauto- und Batteriebauer im asiatischen Raum bereits eine große Nummer. Das Unternehmen will nach eigenen Angaben bis 2025 neun Millionen Elektrofahrzeuge absetzen. Auch die deutschen Hersteller, die ebenfalls stark auf den chinesischen Markt setzen, kommen an BYD nicht vorbei.
Daimler zum Beispiel baut gemeinsam mit BYD ein Elektrofahrzeug für China, das 2013 an den Start gehen soll. Volkswagen will den vor Ort entwickelten Lavida ebenfalls vom weltmarktführenden lokalen Batteriehersteller ausstatten lassen. Und BMW wird sein im Rahmen des "Project i" entwickeltes Elektromobil zunächst in China an den Start schicken - angetrieben durch eine Lithium-Ionen-Batterie aus chinesischer Herstellung.
Nach einem Tipp für ein zweites BYD gefragt, fällt bei Fondsmanagern und Investmentfachleuten unter anderem der Name Altair Nanotechnologies. Das US-Unternehmen entwickelt die für Elektroautos besonders gut geeigneten Lithium-Titanat-Akkus - und tüftelt an einer Methode, die Ladezeiten dieser Speicher immer weiter zu verkürzen.
Schlummert also in den Altair-Papieren das ganz große Geld? Was passieren kann, wenn beim Thema Elektroauto zur rechten Zeit aufs richtige Unternehmen gesetzt wird, hat ausgerechnet US-Starinvestor Warren Buffett vorexerziert. Der Investmentguru erwarb im September 2008 Anteile an BYD, da stand die Aktie noch bei knapp acht Hongkong-Dollar. Inzwischen notiert das Unternehmen oberhalb von 65 Hongkong-Dollar - eine Rendite von mehreren hundert Prozent also, von der viele Privatanleger noch träumen dürften.