Günstiges Baugeld Griechischer Stein
Hamburg - Wer an griechische Bauten denkt, der denkt vor allem an den dorischen, den ionischen und den korinthischen Stil; an Säulen, Halbsäulen und Pilaster. Gegenwärtig bedeutet griechisch Bauen jedoch etwas ganz anderes. Nämlich: besonders günstig bauen.
Der Grund: Die Zinsen für Baufinanzierungen bewegen sich seit langem schon auf besonders niedrigem Niveau. Kurzfristige Kredite etwa sind bei entsprechender Eigenkapitalausstattung für deutlich weniger als 3 Prozent zu bekommen. Langfristige liegen etwas darüber. Und dass das so ist, liegt Experten zufolge nicht zuletzt auch an den Schuldenproblemen europäischer Wackelstaaten wie Griechenlands.
"Die Griechenland-Krise spielt sicher eine Rolle", sagt Robert Haselsteiner, Vorstand beim Baufinanzvermittler Interhyp. "Aufgrund der dramatischen Entwicklung in Griechenland ziehen viele Anleiheinvestoren Geld aus den schwächeren Euro-Ländern ab und investieren in die beste Bonität im Euro-Raum, nämlich deutsche Bundesanleihen." Die Folge ist laut Haselsteiner, dass das Zinsniveau für diese Papiere sinkt - mit entsprechenden Folgen für die Refinanzierung der Baufinanzierer.
"Dass der Markt für Bundesanleihen der liquideste ist, ist ein weiterer Grund dafür, das Geld erstmal dort zu parken und abzuwarten", so Haselsteiner. "Neben den 'echten' Investoren laufen natürlich auch noch viele spekulative Trades gegen die Randländer wie Griechenland, Portugal und Spanien. Dabei wird auf eine Ausweitung des Spreads zu Deutschland gewettet."
Auch das treibt nach Einschätzung des Experten die Nachfrage nach sicheren Bundesanleihen - und damit sinken die Renditen am deutschen Zinsmarkt. "Diese sinkenden Zinsen führen auch zu sinkenden Konditionen für längerfristige Zinsbindungen beim Baugeld", so der Experte. Zwar sei die Refinanzierungsbenchmark dort der Satz für Pfandbriefe beziehungsweise der Swapsatz. Doch auch diese Sätze seien zuletzt im Einklang mit den Bundrenditen nach unten gelaufen.
Welche Zinsbindung ist jetzt die richtige?
"Damit ist auch die Refinanzierung für Banken am Kapitalmarkt günstiger geworden", sagt Haselsteiner. "Da viele Sparkassen, Volksbanken und einige sehr einlagenstarke Großbanken wie zum Beispiel die ING-Diba hohe Kundeneinlagen haben, die sie auch wieder in Kundenkredite anlegen wollen, gibt es am Baufinanzierungsmarkt einen intensiven Wettbewerb über attraktive Konditionen zum Nutzen der Kunden."
Das sieht auch Max Herbst vom Finanzinformationsdienst FMH so. "Solange einige europäische Staat Vertrauensprobleme haben, ist Deutschland ein absolut sicheres Anlageland", sagt er. "Lieber wenig Rendite, aber dafür sicher." Somit fließt laut Herbst viel Anlagekapital nach Deutschland, was den Anlagezins drückt. "Zusätzlich sind auch die Aktienmärkte unter Druck, was sich zusätzlich positiv auf die Kreditzinsen auswirkt", so Herbst. "Eine gute Zeit für Kreditnehmer."
Solange die Krise von Griechenland und Co. anhält, dürfte demnach mit niedrigen Zinsen am Baufinanzierungsmarkt zu rechnen sein. Aber Vorsicht: Sollte Deutschland tatsächlich, wie derzeit absehbar, einen Großteil der Hilfsgelder übernehmen müssen, so werden früher oder später auch Bundesanleihen unter Druck geraten. Denn die Investoren verlangen dann höhere Zinsen. Spätestens dann wäre es wohl vorbei mit dem Bauen im neuen griechischen Stil.
Wer es sich leisten kann, sollte einen Mix wählen
Soweit ist es allerdings noch nicht. Christian Schmid-Burgk etwa rechnet noch für ein bis zwei Jahre "Ruhe an der Zinsfront", sprich: niedriges Zinsniveau. "Die Tatsache, dass Baugeld derzeit so günstig ist, bedeutet aber nicht, dass man nun auf Teufel komm raus langfristige Finanzierungen abschließen soll, um sich die Konditionen zu sichern", sagt der Baufinanzierungsexperte von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Die richtige Zinsbindungsdauer hängt vielmehr vom Einzelfall ab."
Laut Schmid-Burgk kann es auch im derzeitigen Umfeld sinnvoll sein, Kredite mit variabler Verzinsung abzuschließen, die kürzest mögliche Variante also, deren Zinshöhe laufend an das Marktniveau angepasst wird. "Der Vorteil ist, dass dabei jederzeit Sondertilgungen in beliebiger Höhe möglich sind", sagt der Experte. "Wer zum Beispiel regelmäßig größere Summen - etwa aus Bonuszahlungen - zur Verfügung hat, sollte darüber nachdenken."
Eine andere Alternative zum sehr lang laufenden Darlehen über 15 oder gar 20 Jahre ist laut Schmid-Burgk ein zehn Jahre laufender Kredit, bei dem rechtzeitig vor Ablauf per Forward-Darlehen ein Anschlusszins fixiert wird. "Das ist eine Wette auf die Zinsentwicklung", sagt allerdings der Fachmann. "Die kann man gewinnen oder auch verlieren."
Wer es sich finanziell leisten kann, sollte laut Schmid-Burgk einen Mix wählen: Bei einer Kreditsumme von 200.000 Euro könnten zum Beispiel 50.000 Euro variabel aufgenommen werden, der Rest fix mit 15 Jahren Laufzeit. "Das hat mehrere Vorteile", so der Experte. "In dem variablen Teil kann man jederzeit Sondertilgungen vornehmen um die Schulden möglichst schnell abzubauen. Und für den Rest hat man sich das niedrige Zinsniveau langfristig gesichert."