Kapitalanlage Die sieben großen Gefahren für Ihr Geld

Staatsschulden, Preisstabilität, Spekulationsblasen und, und, und - Unwägbarkeiten, die den Aufschwung der Weltwirtschaft gefährden können, gibt es viele. Noch mehr Risiken bergen zurzeit die Anlagemärkte. manager magazin nennt die wichtigsten - und sagt, wie Anleger sich davor schützen können.

Hamburg - Wirtschaftskrise? War da was? Nach der schlimmsten Rezession der Nachkriegszeit, die beispielsweise Deutschland im vergangenen Jahr einen Rückgang der Wirtschaftsleistung um 5 Prozent bescherte, stehen die Zeichen weltweit wieder auf Wachstum. Hierzulande beispielsweise ist dieses Jahr beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) Ökonomen zufolge ein Plus von fast 2 Prozent möglich.

Für Anleger erfreulich: Nicht nur die Aktienmärkte haussieren. Auch bei anderen Asset-Klassen stabilisiert sich augenscheinlich die Lage - oder mehr als das. Der Ölpreis etwa hat sich seit dem Frühjahr 2009 verdoppelt. Und mit dem Goldpreis ging es - von Korrekturen abgesehen - während der gesamten Krise aufwärts, was wohl daran liegt, dass das Metall als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten gilt.

Doch Vorsicht, noch immer bedrohen zahlreiche Risiken den Aufschwung der globalen Ökonomie - und damit auch den der Anlagemärkte. "Die Weltwirtschaft bewegt sich zurzeit auf einem sehr schmalen Grat", sagt Eberhard Weinberger, Vorstand der DJE Kapital AG. "Sie wächst zwar, sodass auch die Börsen aufwärts tendieren. Der Aufschwung ist aber noch zu fragil, als dass zum Beispiel die Notenbanken bereits wieder die Zinsen heraufsetzen könnten." Laut Weinberger könnte bereits eine geringfügige Störung den Aufwärtstrend gefährden.

Ob es dazu kommt, hängt zum Großteil von der Entwicklung auf sechs großen Risikofeldern ab, die Experten zurzeit an den Märkten sehen (und die zumeist miteinander zusammenhängen): Die ausufernden Schulden von Staaten und Privatleuten, die mögliche Entstehung neuer Spekulationsblasen, die Frage der Preisstabilität, die Entwicklung der Arbeitslosigkeit sowie eine mögliche Kreditklemme, die beide unmittelbar das Wachstum gefährden können, und - last but not least - das Timing der Notenbanken beim anstehenden Exit aus der lockeren Geldpolitik.

"Die größte Gefahr stellt sicher die immense Verschuldung im privaten und im öffentlichen Sektor dar", sagt Weinberger. "Dieses Thema hängt wie ein Damoklesschwert über den Volkswirtschaften und wird uns sicher auch noch sehr lange beschäftigen."

Der Grund: Die hohen Staatsschulden erschweren den Staaten zunehmend konjunkturstützende Ausgaben. Gleichzeitig ist die wirtschaftliche Entwicklung nach Einschätzung des Fachmanns vielerorts aber noch so schwach, dass Steuereinnahmen eher sinken, als dass sie steigen und die Staatsetats so entlasten würden. "Über kurz oder lang werden die Staaten ihre Einnahmen aber eher steigern müssen", so Weinberger. "Das wiederum kann ebenfalls den Aufschwung bremsen."

"Das kann zu einer Bilanzrezession führen"

Auch Burkhard Allgeier, Volkswirt und Portfoliomanager bei der Privatbank Hauck & Aufhäuser, sieht in der Verschuldung das größte Problem. "Viele Bilanzen im privaten wie auch im institutionellen Sektor müssen repariert werden", sagt er. "Das kann zu einer sogenannten Bilanzrezession führen."

Dazu kommt es laut Allgeier, sobald die Kreditbereitschaft der Banken sinkt. "Dann sind viele Wirtschaftssubjekte gezwungen, ihren Schuldenstand abzubauen, zum Beispiel durch Verkauf von Aktiva", sagt der Experte. "Das kann eine gefährliche Deflationsspirale in Gang setzen."

Vor allem in den USA haben sich nach Einschätzung Allgeiers viele Privatleute aber auch Firmen zu hoch verschuldet. Zu den Staaten, deren Etats in Schieflage geraten sind, gehören nach Meinung des Vermögensverwalters nicht nur bekannte Wackelkandidaten wie Griechenland, sondern auch etablierte Wirtschaftsmächte wie die USA, Großbritannien und vor allem Japan.

Nicht nur durch ein hohes Wirtschaftswachstum oder steigende Staatseinnahmen allerdings lässt sich das Schuldenproblem bekämpfen. Auch eine hohe Inflationsrate wirkt in diese Richtung. Durch sie, so die Theorie, nimmt die reale Schuldenlast im Laufe der Zeit automatisch ab.

"Gefahren, die jeder erwartet, sind keine Gefahren"

Möglich also, dass Notenbanken bei ihrer Geldpolitik auch dieses Thema im Auge haben - und die Zinsen eher später als früher erhöhen, um die Inflation nicht zu sehr im Zaum zu halten. Das wäre bis zu einem gewissen Grad sogar förderlich für den Wirtschaftsaufschwung, der durch viel Liquidität weiter befeuert würde. Verbrauchern und Anlegern dagegen käme die Geldentwertung nicht gelegen.

Viele Experten halten das Risiko einer Inflation derzeit allerdings für überschätzt. "Gefahren, die jeder erwartet, sind keine wirklichen Gefahren", sagt etwa Hannes Peterreins, Vermögensverwalter in München. "Daher macht mir das Thema Inflation keine großen Sorgen, denn davon reden ja derzeit viele Leute."

Im Gegenteil, so Peterreins: "Stagnierende Preise beziehungsweise Deflation, das ist das eigentliche Gift für die Wirtschaft." In der Volkswirtschaftslehre lernt man die Philips-Kurve, so der Geldexperte. "Danach sinkt die Arbeitslosigkeit bei steigender Inflation, und umgekehrt."

Die siebte Gefahr

Inflation oder Deflation, Staatsverschuldung, Exitstrategie der Notenbanken, dazu noch die latenten Ungewissheiten am Arbeitsmarkt und beim Thema Kreditvergabe seitens der Banken - die Situation ist komplex. Das macht es für Anleger schwer, den Überblick zu bewahren und die richtige Strategie zu finden. Zu allem Überfluss müssen sie auch noch darauf achten, nicht in Märkte zu investieren, die schon heiß gelaufen sind oder an denen sich vielleicht sogar bereits wieder Spekulationsblasen gebildet haben.

"Ob es an einem Markt eine Blase gab oder nicht, weiß man immer erst hinterher", sagt Burkhard Allgeier. "Derzeit scheint das Risiko aber speziell an einigen Rohstoffmärkten sowie an den Börsen Asiens recht groß zu sein."

Der Hintergrund: Die Aktienkurse in Fernost wurden laut Allgeier vor allem durch sogenannte Carry Trades in die Höhe getrieben. Dabei transferieren Investoren im Dollar-Raum günstig geliehenes Geld an die vermeintlich lukrativeren Märkte zum Beispiel in China. "Das Risiko ist, dass die Notenbank in New York die Zinsen schneller und kräftiger als erwartet erhöht", sagt Allgeier. "Sobald das geschieht, dürften die Anleger die Dollar zurückholen, die Blase könnte dann platzen."

Angesichts solcher Gefahren wundert es nicht, dass die Fachleute bei der Vermögensanlage derzeit zu besonderer Vorsicht raten. "Pauschale Investments in aussichtsreiche Anlageklassen sind kaum noch möglich", sagt etwa Weinberger. "Die Anlagemärkte bieten ein extrem differenziertes Bild, bei dem jedes Engagement - jede Aktie, jede Immobilie also - einzeln geprüft werden muss."

Gefahr Nummer sieben: Selbstüberschätzung

Vermögensverwalter Peterreins sieht das ähnlich. Seine Strategie unterscheidet sich allerdings kaum von dem, was auch in ruhigeren Zeiten opportun erscheint: "Man sollte möglichst in alle relevanten Anlageformen nach ausgewogenen Quoten anlegen. Niemals zu 100 Prozent in eine Asset-Klasse, aber auch bei keiner jemals ganz raus." Wenn eine Anlageform steigt, so Peterreins, verkauft man tendenziell. Fällt eine, kaufe man nach.

"So ein Vorgehen ist strikt antizyklisch und - so denke ich jedenfalls - sehr rational", sagt der Experte. Er warnt dringend vor einseitigen Entscheidungen. "Beispielsweise ganz raus aus Staatsanleihen, ganz rein in Gold oder zu 100 Prozent in Immobilien", so Peterreins. "Eine einseitige, unausgewogene Entscheidung ist unvernünftig. Denn es kann immer anders kommen als gedacht."

Das Problem: Diese Binsenweisheit wird gerade in Zeiten des Aufschwungs, in denen besonders hohe Gewinne locken, von vielen Investoren gern missachtet. Sie geben sich stattdessen der Illusion hin, klüger zu sein als alle anderen - und tappen damit genau in die Falle, die die Gefahr Nummer sieben bildet: die Selbstüberschätzung. Denn wer glaubt, besonders viel am Aufschwung verdienen zu können, erhält als Ergebnis oft das genaue Gegenteil.

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