Altersvorsorge Unsichere Rente
Berlin - Die Verbände der rund 20 Millionen Rentner in Deutschland fordern Gesetzesänderungen, um Kürzungen oder Nullrunden für die Ruheständler zu verhindern. Erklärungen der Bundesregierung zum Verzicht auf Kürzungen reichten ihnen nicht aus, machten der Sozialverband VdK und der Sozialverband Deutschland (SoVD) deutlich. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte derweil in der "Schweriner Volkszeitung", es werde keine Rentenkürzungen geben. Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) arbeite derzeit eine Regelung aus, dass dies auch bei abnehmender Lohnsumme gelte.
VdK-Präsidentin Ulrike Mascher kritisierte die Rentengarantie der großen Koalition als "Mogelpackung". "Das wird den Rentnern als Geschenk verkauft, dabei handelt es sich um nichts anderes als eine Nullrunde", sagte sie der "Bild am Sonntag". Um "Nullrunden bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag" zu verhindern, forderte Mascher eine Rentenreform. Die unter Rot-Grün eingeführten Kürzungsfaktoren müssten in das "Geschichtsbuch verbannt" werden. "Die Rentner haben seit 2004 wegen drei Nullrunden und zwei Minierhöhungen den Gürtel schon so eng geschnallt, dass sie keine Luft mehr zum Atmen haben."
SoVD-Präsident Adolf Bauer begrüßte zwar die Rentengarantie. Er forderte die Regierung jedoch auf, diese noch vor der Sommerpause gesetzlich festzuhalten. Die Rentner müssten Klarheit haben, sagte Bauer der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Samstag). In den letzten fünf Jahren hätten sie Kaufkraftverluste von zehn Prozent hinnehmen müssen. "Sie waren am stärksten von Kaufkraftverlusten betroffen und haben anders als die Arbeitnehmer keinerlei Entlastungen erhalten."
Die Entwicklung der Renten orientiert sich an der Lohnentwicklung des Vorjahres. Eine Debatte über mögliche Rentenkürzungen im kommenden Jahr war entbrannt, weil Wirtschaftsforschungsinstitute mit sinkenden Bruttoeinkommen rechnen. Arbeitsminister Scholz hatte daraufhin angekündigt, eine Sicherheitsklausel zu erarbeiten, um sinkende Renten auszuschließen. Er sicherte außerdem einen stabilen Beitragssatz von 19,9 Prozent für die nächsten zehn Jahre zu.
Die Verve, mit der die Verbände für die staatliche Rente streiten, überrascht nicht. Denn die privaten Pensionen sind nicht so solide wie sie scheinen. Bereits Ende 2008 hatte die OECD einen düsteren Ausblick geliefert. Die private Altersvorsorge sei seit Beginn des Jahrtausends in einen "perfekten Sturm" geraten. Die Öffentlichkeit muss sich also der Risiken eines solchen Systems bewusst werden und entsprechend handeln, so die Organisation.
Der stete Zankapfel
Das zeigen schon die Verluste, die einige Fonds haben hinnehmen müssen. Real verloren sie im OECD-Schnitt bis Oktober 2008 rund 24 Prozent. In Deutschland waren es etwas über 10 Prozent, in Irland über 30 Prozent.
Dazu trug auch die Aktienquote bei. Zwischen 2001 und 2007 hatten irische Pensionsfonds ihren Aktienanteil bis auf 60 Prozent hochgefahren. Ein weiteres Problem ist die Größe der Fonds, so die OECD. Im Schnitt würden sie weniger als eine Milliarde Dollar verwalten, eine Minimalgröße, so die Organisation. In Belgien und der Türkei liegt der Schnitt sogar bei nur 100 Millionen.
Kein Wunder also, wenn Politiker der staatlichen Rente die Stange halten. Kanzlerin Merkel bekräftigte zum Beispiel, nach Berechnungen der Regierung zur Lohn- und Gehaltsentwicklung im nächsten Jahr bestehe ohnehin keine Gefahr einer Rentenkürzung. Die Regierung wolle aber vermeiden, dass die Menschen unnötig nervös gemacht würden. Die Arbeitgeber warnten davor, die bestehenden Rentenregelungen immer wieder zu ändern. Das könne die Beiträge in die Höhe treiben. Auch Sachsen-Anhalts CDU-Ministerpräsident Wolfgang Böhmer hält den gesetzlichen Ausschluss von Rentenkürzungen für unnötig, wie er dem Magazin "Spiegel" sagte.
Bis 2007 mussten die Rentner mehrere Nullrunden hinnehmen. Danach wurden ihre Bezüge wieder moderat angehoben. Für 2009 hatte die Bundesregierung vor kurzem die höchste Rentenerhöhung seit mehr als zehn Jahren beschlossen - mit 2,41 Prozent im Westen und 3,38 Prozent im Osten.
manager-magazin.de mit Material von Nachrichtenagenturen