Tui Befreiungsschlag ohne Befreiung
Hamburg - Das Warten hatte am Wochenende ein Ende: Nach rund einem halben Jahr steht der Verkauf der Tochter Hapag-Lloyd fest. Für das Touristikunternehmen Tui bedeutet das einen Buchgewinn von einer Milliarde Euro und eine deutlich sinkende Verschuldung. Das war bitter nötig, sagen Experten.
Experten wie Christian Hamann zum Beispiel, der bei der Haspa die Aktien der Tui "covert" analysiert. "Das Unternehmen musste seine Verschuldung senken". Und da blieben dem Unternehmenslenker Michael Frenzel nur zwei Möglichkeiten. "Sie konnten ihre Tui-Travel-Aktien verkaufen oder sich von der Hapag trennen. Der Verkauf der Reederei war der einfachere Weg."
Und kurzfristig ein offenbar erfolgversprechender Weg. Die Nettoverschuldung werde um etwa 3,3 Milliarden Euro abnehmen, sagte Tui-Finanzvorstand Rainer Feuerhake. Mit dem Abschluss der Transaktion rechnet man bei Tui für Januar 2009. Dann werde übrigens auch der Buchgewinn realisiert. Hamann lobt: "Das Geld zur Entschuldung zu nutzen, ist klug, alles andere wäre in der aktuellen Marktumfeld fahrlässig. Das Unternehmen sollte stattdessen darauf achten, zukünftig flexibel agieren zu können."
Endlich, scheint auch die Börse zu sagen. Die Tui-Aktie legte an dem ersten Handelstag nach Verkündung des Geschäfts bis vier Uhr Nachmittags um rund 20 Prozent zu. "Erleichterung" ist das, wertet Hamann. "Immerhin ist der Weg des Unternehmens nun klarer."
Tui ohne Hapag wird offenbar künftig als Holding arbeiten, als Dachgesellschaft quasi. Und genau das bringt die Kritiker auf den Plan. "Denn was das Unternehmen künftig genau macht, ist damit noch offen", so Hamann. Einfacher wäre es, wenn Tui sich frei entfalten können. "Doch genau das ist das Problem. Tui hat Aktionäre, die nicht wie Aktionäre denken. Es sind Lieferanten". Lieferanten wie die spanischen Hoteliers wie die Kette Riu. "Die wollen ihre Hotels gefüllt sehen. Und das ist eine Erblast für Tui". Ein echter Befreiungsschlag wäre daher gewesen, wenn der norwegische Investor John Frederiksen sich eine Mehrheit hätte sichern können. "Hätte das geklappt, würden die Hoteliers auch schnell austeigen."
Dax als neue Heimat?
Das Frenzel selbst sich optimistisch gebt, ist seinem Amt geschuldet. "Wir haben trotz widriger Umfeldbedingungen einen Preis für die Containerschifffahrt erzielt, der den fairen Wert auch unter normalen Marktbedingungen widerspiegelt", sagte der Tui-Chef. "Der Verkauf von lediglich zwei Dritteln der Hapag-Lloyd hat diesen Preis ermöglicht", so Frenzel, der AR-Vorsitzender von Hapag-Lloyd bleiben wird.
Auch andere springen ihm bei. "Ich bin mit dem Preis zufrieden - insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Marktlage. Zudem ist die Containerschifffahrt vom Konjunkturverfall als zyklisches Geschäft stark betroffen, aber wir hatten ein sehr gutes erstes Halbjahr 2008. Ich denke, dass sich die Ergebnisqualität im zweiten Halbjahr deutlich abschwächen dürfte. Daher ist der erzielte Kaufpreis positiv zu werten", sagt NordLB-Analystin Martina Noß.
Der Preis gefällt also, die Zukunftsvision weniger. Keine einfache Situation für Tui. Was bleibt für die Zukunft? Rätselraten über die Indexzugehörigkeit. "Wenn die HRE nach dem deutlichen Kursverfall aus dem Dax weichen muss, dann könnte Tui wieder aufgenommen werden", sagt Noß. Und fast so, als erschrecke sie über ihre eigene Courage: "Aber ich glaube nicht, dass da so schnell neu gemischt werden wird. Bis zu Beginn des kommenden Jahres wird Tui vermutlich im MDax verbleiben".