Anleihen Im Rentenjammertal
Frankfurt am Main - Der Ausverkauf am europäischen Rentenmarkt hat sich am Mittwoch fortgesetzt. Die Renditen zogen weiter an und liegen aktuell so hoch wie seit fast fünf Jahren nicht mehr. "Die Inflationsangst geht um", brachte Analyst Thomas Amend von HSBC Trinkaus & Burkhardt die Marktstimmung auf den Punkt.
"Die EZB ist weiter auf Zinserhöhungskurs, die Fed gibt keine Hinweise auf baldige Zinssenkungen, Neuseeland hat die Zinsen erhöht und auch die Briten betonen die Inflationsgefahr sehr deutlich." Der richtungsweisende Bund-Future lag am Mittag 56 Ticks im Minus bei 109,87 Zählern. Die dem Kontrakt zugrunde liegende zehnjährige Bundesanleihe büßte 53 Ticks ein auf 96,59 Stellen und rentierte mit 4,681 Prozent. "Ich glaube, dass wir da noch mehr sehen werden", sagte HVB-Analyst Kornelius Purps. Eine Rendite von 4,7 Prozent sei nicht mehr außer Reichweite.
"Eine Trendwende ist nicht in Sicht, auch wenn das allmählich in eine Übertreibung hineingeht." Angesichts der sich ausbreitenden Zinsängste hatten die Renditen der US-Treasuries in der Nacht bereits die 5,3-Prozent-Marke überwunden. "Inzwischen werden nicht mehr nur Zinssenkungs-Erwartungen für die USA ausgepreist, sondern es wird auch schon wieder eine gewisse Wahrscheinlichkeit einer nochmaligen US-Zinsanhebung gehandelt", sagte Analyst Ralf Umlauf von der Helaba.
Noch vor wenigen Wochen waren Experten mehrheitlich davon ausgegangen, dass die US-Notenbank (Fed) angesichts des sich abschwächenden Wachstums der weltgrößten Volkswirtschaft den Leitzins im zweiten Halbjahr 2007 senken werde. Nach zuletzt unerwartet robusten Konjunkturdaten und erneuten Warnungen vor Inflationsgefahren von Fed-Vertretern haben viele Investoren ihre Einschätzung aber geändert. Die Fed hält den Schlüsselzins inzwischen seit fast einem Jahr bei 5,25 Prozent.
Die geänderte Erwartungshaltung an den Finanzmärkten kam auch dem Dollar zugute. Der Euro fiel bis auf 1,32-73 Dollar zurück und liegt damit wieder auf dem Niveau von Ende März. Die EZB hatte den Referenzkurs am Vortag mit 1,33-45 Dollar festgesetzt. Ende April hatte die Gemeinschaftswährung noch ein Rekordhoch bei 1,36-82 Dollar markiert. Investoren hatten zu dem Zeitpunkt auf baldige Zinssenkungen in den USA und eine florierende Konjunktur in der Euro-Zone gewettet.
Zur japanischen Währung stieg der Greenback auf 122,34 Yen. Zuletzt war der Dollar im Dezember 2002 so teuer gehandelt worden. Für einen Euro mussten 162,25 Yen bezahlt werden. Am Nachmittag steht in den USA die Veröffentlichung der Mai-Statistiken für die Einzelhandelsumsätze sowie die Im- und Exportpreise an. Analysten zufolge sollte sich das Interesse der Investoren allerdings eher auf das am Abend anstehende Beige Book der US-Notenbank richten.
manager-magazin.de mit Material von reuters