Nur wenige Fondsmanager zählen über Jahre zu den besten. Die Deutsche-Bank-Fondstochter DWS hat einen von ihnen unter Vertrag: Klaus Kaldemorgen sagt im Gespräch mit manager-magazin.de, warum es zurzeit nicht so gut läuft und wo er den Dax am Jahresende sieht.
Herr Kaldemorgen, Ihr Renommee als Fondsmanager ist in den vergangenen Jahren auch mit dem Erfolg Ihres Vermögensbildungsfonds I gewachsen. Würden Sie sagen, dass dieser Fonds auch heute noch Ihr Flaggschiff ist?
Kaldemorgen: Ja, schon allein auf Grund der Größe ist er das. Denn allein mit dem Vermögensbildungsfonds investieren wir für unsere Anleger ein Vermögen im Wert von sieben Milliarden Euro. Allerdings haben andere Fonds aufgeholt: Der DWS-Top-Dividende-Fonds zum Beispiel kommt derzeit auf eine Größe von etwa vier Milliarden Euro.
mm.de: Würde Ihr Urteil anders ausfallen, wenn Sie Ihren Vermögensbildungsfonds anhand seines Anlageerfolges auf seine Eignung als Flaggschifffonds überprüfen sollten?
Kaldemorgen: Im Moment liegt die Rendite des Vermögensbildungsfonds etwas hinter seinem Vergleichsindex MSCI Welt (inklusive Dividenden) zurück, und zwar um rund 2,5 Prozentpunkte. Obwohl das Ergebnis absolut gesehen noch immer zufrieden stellend für unsere Anleger ist, sollte das aus professioneller Sicht nicht passieren. Über drei Jahre liegt der Fonds jedoch 6,5 Prozent über der Benchmark.
mm.de: Haben Sie dieses Mal in die falschen Aktien investiert?
Kaldemorgen: Nein, der Rückstand liegt vor allem an Währungssicherungsgeschäften, die wir insbesondere für den US-Dollar abgeschlossen haben. Ich hoffe, dass mir viele Anleger den kleinen Renditenachteil verzeihen, haben sie dafür doch ein Sicherheitsplus erhalten. Zudem muss der Vermögensbildungsfonds sehr ausbalanciert anlegen. Selbst bei Energieaktien, die zwischenzeitlich sehr gut gelaufen sind, musste ich mich auf höchstens 15 Prozent des Fondsvolumens beschränken.
mm.de: Zuletzt haben auch Kernfonds viel kleinerer Investmenthäuser bessere Ergebnisse erzielt als Ihr Vermögensbildungsfonds, beispielsweise der Lingohr-Systematik-BB-Invest. Der wird gerade einmal von vier Leuten verwaltet. Bei Ihrem Flaggschifffonds dagegen mischen deutlich mehr Leute mit. Wie kann das passieren?
Kaldemorgen: Wenn Größe allein das Argument für Anlageerfolg wäre, dann wären viele Investmentprobleme längst gelöst: Man müsste nur ein paar Leute mehr einstellen.
Neuer Fonds zur Altersvorsorge
mm.de: Allerdings stützen sich die vier Lingohr-Systematik-Analysten wie Sie größtenteils auf Titel großkapitalisierter Aktiengesellschaften Asiens, Europas und Nordamerikas. Dennoch erwirtschaftet der Konkurrenzfonds derzeit eine höhere Rendite als Ihr Vermögensbildungsfonds. Haben Sie vielleicht doch auf die falschen Aktien gesetzt?
Kaldemorgen: Nein, das glaube ich nicht. Unter den fast 400 angebotenen globalen Fonds werden immer welche vor dem DWS Vermögensbildungsfonds I liegen. Mein Ziel ist, über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren im oberen Viertel zu liegen. Eine kurzfristige Outperformance kann schnell zu Lasten der langfristigen Performance gehen, da man Gefahr läuft, die kurzfristigen Marktbewegungen längerfristigen Trends überzuordnen.
mm.de: Ziehen Sie doch bitte einmal Bilanz, Herr Kaldemorgen: Seit knapp zwei Jahren arbeiten Sie nicht nur als Manager für den DWS Vermögensbildungsfonds I und den DWS Akkumula, sondern auch als Geschäftsführer der Deutsche-Bank-Fondstochter DWS. Konnten Sie Ihre beiden Fonds in den vergangenen Monaten genauso intensiv betreuen wie in der Zeit vor Ihrer Dreifachbelastung?
Kaldemorgen: Ich musste schon ein paar Aufgaben innerhalb des Fondsmanagements abgeben. Dennoch gilt, dass ich für die Aktienperformance der DWS verantwortlich bin. Und das kann ich am besten leisten, wenn ich weiterhin selbst für ein oder zwei Fonds verantwortlich bin. Den Vermögensbildungsfonds und den Akkumula-Fonds werde ich also auch weiterhin betreuen.
mm.de: Können Sie derzeit einen Ihrer beiden Fonds als Geldanlage zur Altersvorsorge empfehlen?
Kaldemorgen: Dafür eignen sich beide Fonds, die ich betreue. Denn sowohl der Vermögensbildungsfonds als auch der Akkumula haben eine breite Basis, sind regional und nach Branchen gut diversifiziert - und ich gehe mit diesen Fonds keine besonderen Wetten ein. Das liegt vielleicht auch an meinem Charakter.
mm.de: Bieten Sie dann auch spezielle Altersvorsorgeprodukte an, die sich auf beide Fonds stützen?
Kaldemorgen: Ja, wir planen einen Fonds, dessen Management den Aktienanteil des Portfolios im Laufe der Zeit zu Gunsten des Anleihenanteils senken wird. Das entspricht ja auch dem, was jeder Anleger ohnehin machen sollte, der für seine Altersvorsorge spart. Bewährte Fonds wie der Vermögensbildungsfonds oder der Akkumula werden bei unserem neuen Angebot durchaus eine Rolle spielen.
Mit anderen Worten: Wir wollen eine Vorsorgealternative zu Lebensversicherungen anbieten, allerdings ohne den Versicherungscharakter mitbezahlen zu müssen.
mm.de: Wann wird Ihr neuer Fonds zu haben sein?
Kaldemorgen: Schon in einigen Wochen.
Japans Investmentstau als Chance
mm.de: Ist der Zeitpunkt für den Fondsstart gut gewählt? Anleger kaufen derzeit lieber Renten- als Aktienfonds, zu denen ja auch Ihr Vermögensbildungsfonds und der Akkumula zählen. Selbst dann, wenn der geplante Anlagezeitraum durchaus für Aktieninvestments sprechen würde.
Kaldemorgen: Das ist in der Tat erstaunlich. Ich glaube, den Anlegern steckt noch der Schock der Baissejahre 2000 bis 2002 in den Knochen. Viele Sparer stecken heute noch im Minus, gerechnet auf die Aktienperformance der vergangenen fünf Jahre. Womöglich bevorzugen viele Anleger deshalb jetzt vermeintlich sicherere Anleiheninvestments. Das ist meiner Meinung nach allerdings die falsche Strategie: Wer jetzt eine Anleihe mit zehn Jahren Laufzeit kauft, den erwartet eine mickrige Rendite von 3,5 Prozent pro Jahr - und das zehn Jahre lang.
mm.de: Wie viel Prozent Rendite bringen dagegen Aktieninvestments Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren?
Kaldemorgen: Ohne zu optimistisch für den Aktienmarkt gestimmt zu sein: Nominal 8 Prozent sind im Durchschnitt mit Aktien wohl pro Jahr drin. Aus Altersvorsorgegründen wird deshalb derzeit in Deutschland zu wenig auf Aktien gesetzt.
mm.de: Mit welchen Aktien glauben Sie in Ihren beiden Fonds die avisierte Rendite von nominal 8 Prozent in der nächsten Zeit erreichen zu können?
Kaldemorgen: Vergleichsweise gute Chancen räume ich in den nächsten sechs bis zwölf Monaten beispielsweise dem japanischen Aktienmarkt ein, und da speziell den Immobilien- und Bankenaktien. Beide sollten zumindest eine Zeit lang von der langsam steigenden Inflationsrate Japans profitieren. Zudem haben sich viele Japaner nach der langen Baisse in dem Land noch nicht wieder getraut, Aktieninvestments einzugehen. Dieser Investmentstau sollte sich langsam auflösen, und das kann der Kursentwicklung an Tokios Börse zusätzlich Kraft geben.
mm.de: Auch Schwellenländer bieten gute Anlagechancen, seit der Wohlstand aus Europa und den USA in diese Anlageregionen wandert. Meiner Meinung nach ist beispielsweise Brasilien ein aussichtsreicher Schwellenlandmarkt. Wie steht Ihrer Meinung nach der Deutsche Aktienmarkt am Jahresende da?
Kaldemorgen: Nicht schlecht. Die Börse hat sich ein wenig von der unübersichtlichen politischen Lage hier zu Lande abgekoppelt, die sich zum Beispiel im Koalitionsvertrag widerspiegelt: vergleichsweise geringe Ausgabenkürzungen auf der einen Seite, deutliche Steuererhöhungen auf der anderen.
Nichtsdestotrotz verdienen Deutschlands Unternehmen gut, weil sie teils sowohl im Ausland produzieren als auch dort ihre Produkte verkaufen können. Zudem hat die Bundesrepublik in den vergangenen Monaten durchaus an Wettbewerbsfähigkeit gewonnen, ein Beispiel dafür sind die sinkenden Lohnstückkosten.
mm.de: Wie lautet Ihr Tipp für den Silvester-Dax-Stand 2005?
Kaldemorgen: Ich glaube, dass der Deutsche Aktienindex die 5000-Punkte-Marke über den Jahreswechsel verteidigen wird.