Reits gelten als eine der attraktiven Anlageformen der Zukunft. Doch nun scheint der Startschuss für das begehrte Immobilieninvestment in Deutschland erst im Jahr 2007 zu fallen. Findige Anleger haben schon einen Ausweg gefunden, vorher zum Zuge zu kommen.
Hamburg - Das Bundesland Hessen macht es vor. Gerade erst hat Finanzminister Karlheinz Weimar landeseigene Immobilien im Wert von etwa einer Milliarde Euro zum Kauf angeboten, schon kündigt er den nächsten Schlag an: "Wir haben für Immobilienverkäufe bereits 770 Millionen Euro in den Landeshaushalt 2006 eingestellt."
Dass Landesfinanzminister Weimar seine Gebäude los wird, scheint im Moment sicher zu sein. Hessen will die Gebäude für 20 bis 30 Jahre zurückmieten, die Käufer der ehemals landeseigenen Immobilien können somit die Erträge aus ihrem Investment gut kalkulieren. Gleichzeitig sind die Zinsen für den Kauf der Hessen-Immobilien auf historisch niedrigem Niveau. Für viele Kapitalanlagegesellschaften rechnet sich deshalb der Einstieg in den deutschen Immobilienmarkt.
"Das Interesse an handelbaren Immobilienanlagen in Deutschland ist vor allem im Ausland riesig", sagt Peter Barkow, Analyst bei HSBC Trinkaus & Burkhardt zu manager-magazin.de.
Vor einigen Monaten hatte beispielsweise der Düsseldorfer Energieriese Eon seine Immobilientochter Viterra an die Deutsche Annington Immobilien Gruppe verkauft, hinter der das britische Beteiligungsunternehmen Terra Firma und die Immobiliensparte der Citigroup stehen.
Viele ausländische Investoren planen mittlerweile, Anteile an ihren neu erstandenen Wohnungen und Gewerbeimmobilien, wenn möglich als steuerbegünstigte Immobilien-AGs auf dem Kapitalmarkt anzubieten, als so genannte Real Estate Investment Trusts - oder kurz: Reits. Spätestens dann dürften auch private Kapitalanleger vom Engagement der Ausländer profitieren.
Europäische Lösung
Europäische Lösung
"In den vergangenen fünf Jahren erzielten global anlegende Reits insgesamt - einschließlich der Kursgewinne auf Grund von Wertsteigerungen des zu Grunde liegenden Immobilienportfolios - einen Jahresertrag von 15,62 Prozent und verzeichneten so eine bessere Wertentwicklung als weltweite Aktien- oder Rentenanlagen", sagt Klaus Esswein, Sprecher der Geschäftsleitung von State Street Global Advisors.
Reits sind nicht regulierte und börsennotierte Aktiengesellschaften, die ihre Erträge zu 75 Prozent aus Vermietung, Verpachtung und Verkauf von Immobilien erzielen. Dass damit auch künftig Geld zu verdienen ist, glaubt beispielsweise Ted Bigman, Chef von Morgan Stanley Investment Management.
"Mittel- bis langfristig sollten die Erträge von Immobilienaktien zwischen denen von Anleihen und Aktien liegen", sagt Bigman zu manager-magazin.de.
Dennoch mussten deutsche Reits-Interessenten zuletzt Rückschläge hinnehmen. Der Startschuss für das begehrte Investmentvehikel verzögert sich.
Ursprünglich für das kommende Jahr geplant, sollen Reits nach einiger Überarbeitung am Gesetzeswerk nun wohl Anfang 2007 in Deutschland eingeführt werden - Jahre später als beispielsweise in Großbritannien oder den Niederlanden.
Nach den bisher geplanten Reits-Regeln hätten schließlich vor allem ausländische Immobilieninvestmentgesellschaften mit ihren Investments ihre Steuerschuld in Deutschland senken können. Das aber will der deutsche Gesetzgeber vermeiden, und der Streit um die Besteuerung börsennotierter Immobiliengesellschaften (Reits) soll jetzt vor Einführung der Reits auf europäischer Ebene gelöst werden.
Investment-Umweg Großbritannien
Investment-Umweg Großbritannien
Branchenvertreter und Beamte der zuständigen Behörden wollen offenbar noch in diesem Herbst über offene Besteuerungsfragen beraten. "Konkrete Gespräche sind für Oktober und November angesetzt", sagte Nick van Ommen, Chef der European Public Real Estate Association (EPRA) der "Financial Times Deutschland". "Wir wollen gemeinsame Lösungen bei der Besteuerung ausländischer Anleger suchen. Fernziel ist eine einheitliche Reit-Struktur für ganz Europa", sagte van Ommen.
Trotz der Verzögerung im Genehmigungsverfahren können deutsche Anleger schon heute in Immobilienanlagen investieren, die von ausländischen Gesellschaften vertrieben werden.
Kleinere Börsen bieten bereits eine Vielzahl solcher Immobilieninvestmentvehikel zum Kauf und Verkauf an. Anleger können allein an der Börse Berlin-Bremen zwischen Anteilen von 95 solcher Investmentangebote wählen. Beispiel US-Reits: Für die Order werden die gängigen Bankgebühren fällig, dazu kommt eine Maklercourtage in Höhe von 0,08 Prozent des Orderwertes.
Darüber hinaus bietet eine Reihe von Banken Zertifikate auf Reits an, und auch Reit-Investmentfonds fast aller führenden Fondshäuser sind in Deutschland zu haben.
In Europa haben zudem bereits Frankreich und die Niederlande Reits zugelassen, Großbritannien plant es Anfang 2006. Und britische Reits sollen in Immobilien weltweit und damit auch in den deutschen Markt investieren können. Über diesen Umweg könnten deutsche Investoren ihr Geld im heimischen Immobilienmarkt anlegen und das hiesige Steuerrecht unterlaufen.
Die Dividenden würden nach dem Halbeinkünfteverfahren mit dem halben Satz versteuert, gleichzeitig müsste wegen des Doppelbesteuerungsabkommens die britische Quellensteuer abgerechnet werden.
Immobilienmilliarden ungenutzt
Immobilienmilliarden ungenutzt
Einen kräftigen Schub für das deutsche Reits-Geschäft könnte nach dem Start in Deutschland die Ausgliederung von großen Firmenimmobilien in Reits bringen - und zugleich den Unternehmen in der Bundesrepublik nutzen. Sie verbesserten mit solchen Immobiliendeals nicht nur ihre Bilanzstrukturen, haben Experten der Privatbank M.M. Warburg kürzlich vorgerechnet, sondern auch ihre Kapitalrenditen. Die Privatbanker schätzen, dass die 65 größten börsennotierten deutschen Unternehmen über stille Immobilienreserven in Höhe von mindestens 80 Milliarden Euro verfügten.
Mehr noch: 60 Prozent der Liegenschaften, die deutsche Firmen insgesamt nutzen, gehören ihnen selbst. In Großbritannien beträgt die Eigentumsquote dagegen 40 Prozent, in den USA nur 30 Prozent - eine Spätfolge des Zweiten Weltkrieges. Nach Kriegsende mussten viele Firmen selbst Werkshallen und Verwaltungsgebäude bauen, zu viele Gebäude waren im Krieg zerstört worden.
Nach Berechnungen von M.M. Warburg hat DaimlerChrysler die größten stillen Reserven in Form von Immobilienvermögen: stolze 9,57 Milliarden Euro. Die Deutschen Telekom (8,41 Milliarden Euro) und Volkswagen (6,28 Milliarden Euro) folgen auf den Plätzen zwei und drei.
Die guten Geschäftsaussichten für Reits haben die Aktienkurse der drei deutschen Reit-Kandidaten IVG Immobilien, Deutsche Euroshop und Deutsche Wohnen bereits kräftig nach oben getrieben. In den vergangenen zwölf Monaten stieg der IVG-Aktienkurs um gut 60 Prozent auf aktuell 16,92 Euro, Titel der Deutsche Wohnen zogen im gleichen Zeitraum um gut 50 Prozent auf 197,50 Euro an.
"2005 dürften deutsche und britische Immobilienaktien verstärkt ins Blickfeld der Investoren rücken, die geplante Einführung von Reit-Strukturen in beiden Ländern weckt schon jetzt Börsenfantasie", glaubt Eckart John von Freyend, Vorstand der IVG.