Nachhaltige Investments
Sonnenschein bis in die Nische
Öko-Investments sind en vogue, Solaraktien erzielen Traumrenditen. Die Anbieter ökologisch und sozial orientierter Aktienfonds profitieren davon allerdings nur bedingt. Zwar hängen Nachhaltigkeitsfonds mittlerweile bei der Rendite auch die etablierte Fondskonkurrenz ab. Doch sie sind nach wie vor Nischenprodukte.
Hamburg/Frankfurt am Main - 55 Prozent Kursplus in den ersten Handelsminuten: Der Börsengang des Solarzellenherstellers Ersol weckt Erinnerungen an die verstrichenen Zeiten des New-Economy-Booms. Kaum eine Branche erzielt derzeit ähnliche Wachstumsraten wie die Solarindustrie. Dank intensiver staatlicher Förderung und rekordhoher Ölpreise ist die Nachfrage nach Sonnenenergieanlagen explodiert.
Die Aktionäre sind in Feierlaune, denn die Solaraktien bringen es regelmäßig auf zwei-, nicht selten dreistellige Renditen. Branchenvorreiter Solarworld erzielte binnen zwölf Monaten ein Kursplus von mehr als 270 Prozent. Und nach dem fulminanten Börsengang des Thüringer Anbieters Ersol, wecken mit Q-Cells und Sunline zwei weitere Debütanten die Hoffnung auf einen Börsentraumstart noch in diesem Herbst.
Auch die Fondsbranche blickt aufmerksam auf diesen Trend. Schließlich sind Investments in Einzelwerte nur für die wenigsten Anleger ratsam. Wer auf eine breite Risikostreuung setzt, greift häufig zu Aktienfonds. Längst wächst daher das Angebot auch für jene Anleger, die nicht nur gute Renditen erwirtschaften, sondern dabei auch ein gutes Gewissen haben wollen.
So genannte Nachhaltigkeitsfonds, bisweilen fälschlich verkürzt zum Schlagwort Ökofonds, haben sich etabliert - zumindest im Blick auf ihre Rendite. Der Branchenstar Ökovision beispielsweise schnitt im vergangenen Jahr als bester Fonds für Wertpapiere großer internationaler Unternehmen ab. Ein nachhaltig investierender Fonds dominierte die zahllosen klassischen Aktienfonds. Seine Jahresrendite von 16 Prozent schlug sogar den Vergleichsindex MSCI World. Seit Beginn dieses Jahres kommt der Ökovision auf ein Kursplus von 21 Prozent.
Variierende Prinzipientreue
Variierende Prinzipientreue
Der Fonds, der von der Luxemburger Ökoworld S.A. verwaltet und von der belgischen Fortis Investments vertrieben und gemanagt wird, steht dabei beileibe nicht allein. Nach Berechnungen des Sustainable Business Institute (SBI) an der European Business School in Oestrich-Winkel haben rund 110 untersuchte nachhaltige Fonds im vergangenen Jahr im Schnitt 7 Prozent Wertzuwachs erzielt - während die Durchschnittsrendite klassischer Investmentfonds nur bei weniger als 6 Prozent lag.
Allerdings hinkt der Vergleich, denn die Auswahlkriterien der ethisch, sozial und ökologisch orientierten Fondsangebote variieren kräftig. Viele Anbieter bestimmen die Zusammensetzung des Portfolios anhand der so genannten Best-in-class-Methode. Sie suchen in den einzelnen Branchen lediglich nach den ökologisch, sozial und ethisch "vertretbarsten" Werten, ohne dabei einzelne Branchen generell auszuschließen. Andere Fonds hingegen schließen bestimmte Branchen oder Unternehmen wie Tabak- oder Atomkonzerne, Autohersteller oder Glücksspielanbieter von vornherein aus. Mal mehr, mal weniger streng.
"Die Unterschiede liegen nicht so sehr in den Kriterien selbst", sagt Karl-Heinz Brendgen, Managing Director bei Ökoworld gegenüber manager-magazin.de. "Es kommt vielmehr darauf an, wie sie angewendet werden." Brendgens Zugpferd Ökovision gilt dabei als einer der strengsten Fonds der Branche, weil er in bestimmten Branchen auch Tochterunternehmen oder Lieferanten problematischer Konzerne ausschließt.
Dem Erfolg der Nachhaltigkeitsfonds tut deren variierende Prinzipientreue keinen Abbruch. Das gesamte Anlagevolumen stieg im vergangenen Jahr nach Angaben des SBI um 26 Prozent auf 5,3 Milliarden Euro - weit überproportional im Vergleich zu den klassischen Publikumsfonds. "Dieses Anlagesegment nimmt mächtig zu, das gilt sowohl für die Nachfrage wie auch für das Angebot. Und das ist gut so", zitiert das "Hamburger Abendblatt" Peter Grieble, Finanzexperte bei der Verbraucherzentrale in Stuttgart.
Nach wie vor "Bückware"
Nach wie vor "Bückware"
Entsprechend ehrgeizige Ziele haben sich die Anbieter gesetzt. Branchengröße Ökoworld kommt derzeit auf ein Anlagevolumen von insgesamt rund 225 Millionen Euro. Binnen fünf Jahren soll es auf eine Milliarde Euro anwachsen. Auf den Boom der Solarbranche und die Panik durch den hohen Ölpreis allein kann die Branche bei solchen Wachstumsplänen jedoch nicht setzen.
Reine Ökofonds, die ihren Schwerpunkt auf Unternehmen der alternativen Energieerzeugung legen, profitieren zwar stark von der Goldgräberstimmung in der Sonnenindustrie. Breiter aufgestellte Fonds, die Unternehmen auch in vollkommen anderen Branchen suchen, spüren diesen Effekt weniger stark. "Es gibt keinen Automatismus, dass der Erfolg der Solartitel auch andere sozial- und umweltverträgliche Werte mitzieht", sagt Brendgen. "Eine unmittelbare Beeinflussung gibt es nur, wo der Bereich Energie und Energieeffizienz eng berührt ist."
Wenn aber auch Fonds outperformen, deren Schwerpunkt nicht allein auf energienahen Branchen liegt, hat dann das gesamte Geschäftsfeld nachhaltiger Investments den Durchbruch ins Massengeschäft geschafft? "Nein", sagt Brendgen. "Wir bewegen uns nach wie vor in einer Nische. Sie ist zwar sehr komfortabel und wächst, aber sie bleibt eine Nische."
"Immenser Nachholbedarf"
Nach aktuellen Rechnungen entfällt in Deutschland etwa 1 Prozent der Anlegergelder auf nachhaltige Fondsprodukte. In den USA sind es gut 10 Prozent. "Wir haben einen immensen Nachholbedarf und sind mindestens zehn Jahre hintendran", so Brendgen.
Und das liegt nicht nur daran, dass die US-Anleger seit jeher eine größere Affinität zu Aktien und Aktienfonds und auch in Sachen Nachhaltigkeit Pionierarbeit geleistet haben. "Die Idee kommt aus dem Bereich religiös motivierter Investments", erklärt Brendgen.
Das Nischendasein der deutschen Ökofonds ist auch hausgemacht. "Das ist hier zu Lande eine Bückware", klagt Brendgen. "Die meisten Fondsgesellschaften bewerben diese Produkte kaum, obwohl die Performance ordentlich ist." Noch reicht die Rendite allein nicht für den Sprung ins Massengeschäft. "Um unser Nischendasein zu beenden, müssen wir laut klappern - lauter als andere Fonds", sagt Brendgen.