Soll & Haben Nach dem Stahlbad
Hamburg - Bereits zum sechsten Mal seit 1980 haben der SPIEGEL-Verlag und der manager magazin Verlag die umfassendste deutsche Markt- und Medienstudie zum Thema Finanzdienstleistungen durchführen lassen. Insgesamt wurden für "Soll & Haben 6" über 10.100 Personen repräsentativ für die deutsche Wohnbevölkerung ab 14 Jahren befragt.
Die letzte Umfrage "Soll & Haben 5" war im Jahre 2000 kurz vor dem Börsencrash durchgeführt worden. Von dem Crash hat sich der Aktienmarkt bis heute nicht wieder erholt. Immerhin scheinen die dramatischen Verluste vieler Anleger die Bevölkerung für das Thema Finanzen sensibilisiert zu haben. So bezeichnen sich immerhin mittlerweile 49 Prozent der Befragten als in Geldangelegenheiten kompetent. Vor fünf Jahren behaupteten das nur 33 Prozent der Deutschen.
"So hatte das Stahlbad vielleicht doch noch etwas Gutes", sagt Sven Dierks, Leiter der Marktforschung der SPIEGEL-Gruppe. Ob sich das Finanzwissen allerdings auch tatsächlich verbessert habe, belege diese Zahl aber nicht. Die Vermutung der späten 90er Jahre, Deutschland entwickle sich zu einem Land der Aktionäre, habe sich auf jeden Fall nicht bestätigt: 79 Prozent der Bevölkerung haben bei der Anlage in Aktien Angst vor großen Verlusten, 41 Prozent halten Aktien derzeit nicht für eine vorteilhafte Geldanlage. Vor vier Jahren stand nicht mal jeder sechste Deutsche der Aktie skeptisch gegenüber.
So viele Aktionäre wie vor acht Jahren
Die Folgen dieses Sinneswandels sind eindeutig. Hatte 2000 noch fast jeder zehnte Deutsche Aktien im Depot, sind aktuell nur noch 6 Prozent der Bevölkerung Aktionäre. "Damit sind wir fast wieder beim Bodensatz angekommen, der schon bei der Befragung vor acht Jahren gemessen wurde", fasst Marktforscher Dierks zusammen.
Anforderung an die ideale Geldanlage (Auswahl)
Sehr wichtig/ziemlich wichtig | Prozent |
---|---|
Geldanlage, die langfristig eine gute Rendite bringt | 91 |
Geldanlage ohne Risiko | 91 |
Geldanlage, die nicht entwertet wird | 91 |
Geldanlage mit konstantem Wertzuwachs | 90 |
Ständig gleich bleibender Ertrag | 84 |
Geldanlage, die meine Bank/Sparkasse empfiehlt | 68 |
Geldanlage mit dauerhafter staatlicher Förderung | 58 |
Geldanlage mit der Freunde/Bekannte gute Erfahrungen gemacht haben | 55 |
Geldanlage, bei der man Verluste steuerlich abschreiben kann | 47 |
Geldanlage, die mein Steuerberater/Vermögensberater empfiehlt | 42 |
Zur gewachsenen Vorsicht bei der Investition in Aktien passt auch das gestiegene Misstrauen gegenüber Ratgebern. Nur 42 Prozent setzen auf Empfehlungen ihres Steuerberaters (2000: 49 Prozent). Auch die guten Erfahrungen von Freunden und Bekannten haben mit 55 Prozent (60 Prozent) an Bedeutung eingebüßt. Immerhin setzen aber noch 68 Prozent (69 Prozent) auf den Rat der Hausbank.
Dennoch sinkt die Loyalität der Kunden. Mittlerweile haben 27 Prozent der Deutschen mindestens einmal das Geldinstitut gewechselt, vor vier Jahren waren es erst 23 Prozent. Die Zahl derjenigen, die einen Wechsel planen, hat sich von 6 Prozent im Jahr 2000 auf nun 10 Prozent fast verdoppelt.
Dauerthema Altersvorsorge
Dauerthema Altersvorsorge
Ungelöstes Dauerthema ist und bleibt die Altersvorsorge. 72 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass das gesetzliche Rentensystem hier zu Lande vor dem Zusammenbruch steht. Doch auch die private Auffanglösung kommt nicht gut weg. Knapp zwei Drittel gehen davon aus, dass auch die Angebote zur privaten Absicherung nicht wirklich krisensicher sind. Dass man so früh wie möglich vorsorgen solle, ist aber für über 90 Prozent unumstritten.
Anlagen zur Altersvorsorge
Eignung* | Persönlicher Besitz* | |
---|---|---|
Kapital-Lebensversicherung | 34 | 18 |
Eigengenutzte Immobilien/Grundbesitz | 33 | 17 |
Private Rentenversicherung | 19 | 4 |
Vermietete Immobilien/Grundbesitz | 16 | 3 |
Sparvertrag mit regelm. Einzahlung/Laufzeit | 15 | 7 |
Keine | 6 | 36 |
Die düsteren Prognosen in Sachen Ruhestandsversorgung gehen einher mit einer generell schlechten Stimmung im Volk. 60 Prozent sehen die Zukunft der Gesellschaft eher pessimistisch. Damit liegen die aktuellen Zahlen deutlich über dem bekannten Stock von generell skeptisch eingestellten Menschen, der mit 30 bis 40 Prozent veranschlagt wird. Kleiner Trost: Bei den 14- bis 29-Jährigen sehen immerhin 79 Prozent optimistisch in die eigene Zukunft.
Technik wird nicht mehr als Bedrohung gesehen
Ebenfalls zuversichtlich - zumindest aus Sicht der Banken - dürfte stimmen, dass die Kunden den Einsatz von Technik mittlerweile als selbstverständlich betrachten. Fanden es vor acht Jahren noch zwei Drittel der Bevölkerung bedauerlich, dass die Banken Menschen durch Maschinen ersetzen, fiel der Aspekt der Technikangst bei der aktuellen Umfrage schon nach den Vortests aus dem Fragenkatalog.
Wirtschaftliche Sorgen und Probleme (Auswahl)
Sehr wichtiges/ziemlich wichtiges Problem* | |
---|---|
Wirtschaftliche Entwicklung/Konjunktur in Deutschland | 92 |
Erhalt des Sozialstaates/Absicherung von Menschen in Not | 92 |
Inflation/"Teuro" | 91 |
Arbeitslosigkeit/Abbau von Arbeitsplätzen | 88 |
Wachsende Unterschiede zwischen Arm und Reich | 87 |
Vielmehr sind anno 2004 drei Viertel der Bankkunden davon begeistert, dank moderner Technik nicht mehr auf die Öffnungszeiten angewiesen zu sein. Damit einher geht auch eine zunehmende Einbindung des Internets als Informationsquelle. Bereits gut 11 Prozent der Kunden nutzen in Finanzfragen das Web. Unangefochtene Nummer eins als Informationsquelle ist aber bei 80 Prozent der Befragten ihr Berater in der Zweigstelle, von dem sich immer mehr Kunden (17 Prozent) auch gerne in den eigenen vier Wänden beraten lassen würden.
Hier haben die Deutschen ihre Konten
Hier haben die Deutschen ihre Konten
Die meisten Deutschen haben nach wie vor ihr Konto bei einer Sparkasse (59 Prozent), die deutlich vor den Volks- und Raiffeisenbanken (26 Prozent) und der Postbank (9 Prozent) rangieren. Allerdings bestätigt die Studie "Soll & Haben" auch einen Trend zur Zweit- oder Drittbankverbindung.
Bei welchem Kreditinstitut besitzen Sie ein Konto?
Prozent | |
---|---|
Sparkasse | 59 |
Volks-/Raiffeisenbank | 26 |
Postbank | 9 |
Deutsche Bank | 6 |
Sparda-Bank | 4 |
Commerzbank | 3 |
Dresdner Bank | 3 |
DiBa | 3 |
Citibank | 2 |
HypoVereinsbank/Vereins- und Westbank | 2 |