Ausbildungskosten Eichels heimlicher Steuertrick

Nahezu unbemerkt hat der Finanzminister den Steuerabzug für Ausbildungskosten im Jahr 2004 gekappt. Mit einem Trick hebelte er für den Bürger freundliche Urteile des Bundesfinanzhofes aus, kritisieren Experten. Dennoch kann sich die Mühe mit der lästigen Erklärung lohnen.

Hamburg - Die Passage findet sich irgendwo versteckt im "Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze" - ein Platz, an dem man entscheidende Änderungen des Einkommensteuergesetzes nicht vermutet. Doch sie sorgt für Aufregung - auch deshalb, weil erneut eine für den Steuerzahler nachteilige Regelung "klammheimlich" erfolgt. So sieht es jedenfalls der Bund der Steuerzahler (BdSt). Die Rede ist von den Kosten für die Berufsausbildung. Ihren Steuerabzug hat der Gesetzgeber Ende Juli auf maximal 4000 Euro pro Jahr begrenzt - rückwirkend zum 1. Januar dieses Jahres.

"Diese Praxis erleben wir nicht zum ersten Mal. Das ist eine Unsitte des Gesetzgebers, wahrscheinlich um öffentliche Aufmerksamkeit zu vermeiden", meint Stefan Walter, Steuerreferent des BdSt im Gespräch mit manager-magazin.de. Seiner Ansicht nach hätten Finanzminister Hans Eichel und seine Länderkollegen über Parteigrenzen hinweg das Gesetz abgesegnet und damit eine für den Steuerzahler freundliche Rechtssprechung des Bundesfinanzhofes (BFH) gekippt. Was die Finanzminister einte, war die Angst vor geschätzten Steuermindereinnahmen von bis zu 1,5 Milliarden Euro.

Die Vorsilbe entscheidet über Bares

Zum Hintergrund: Berufsbedingte Weiterbildungskosten konnte der Steuerzahler als Werbungskosten geltend machen und voll absetzen. Das ist auch jetzt noch der Fall. Ausbildungskosten dagegen, so etwa die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung oder ein Erststudium, rechneten die Finanzämter dagegen der privaten Lebensführung zu. Diese Aufwendungen konnte der Steuerzahler lediglich als Sonderausgaben und maximal in Höhe von 1227 Euro (bei auswärtiger Unterbringung) im Jahr geltend machen.

Richter lehnten Unterscheidung ab

Der BFH dagegen hatte durch mehrere Urteile im vergangenen Jahr die bis dahin gültige Unterscheidung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten weitgehend aufgehoben. Die Richter, so Stefan Walter, folgten damit der Auffassung, dass der Arbeitsmarkt ein lebenslanges Lernen erfordere - notfalls auch für einen neuen Beruf.

Ein Diktum, das die Politik seit Jahren formuliert. Nach einer Studie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung bildet sich nahezu jeder zweite Deutsche neben dem Job, der Ausbildung oder parallel zum Studium fort. Etwa jeder dritte Erwerbstätige hat sogar bereits den Beruf gewechselt, was zumeist mit erheblichen Kosten für Weiterbildung verbunden ist.

Wenn's um die Staatskasse geht, ticken die Uhren anders

BFH: Ausbildungskosten keine Privatsache

Für die steuerliche Behandlung von Ausbildungsaufwendungen durfte es nach Ansicht des Bundesfinanzhofes nach einem Urteil vom 4. November vergangenen Jahres nicht mehr darauf ankommen, ob ein neuer, ein anderer oder ein erstmaliger Beruf ausgeübt werden soll (VI R 96/01). Die Richter interpretierten damit Ausbildungskosten nicht mehr als reine Privatsache und erklärten sie zu voll abzugsfähigen Werbungskosten. Dieser Grundsatz sollte indes auch dann gelten, wenn der Lernende gar keine Einnahmen erzielt. So sollte etwa der Student die Aufwendungen für sein Studium bei einer späteren Beschäftigung in Form eines Verlustvortrages geltend machen können.

Der Ministertrick mit den Sonderausgaben

Bildung hin - Wissensstandort Deutschland her: Wenn es um die Staatskasse geht, ticken die Uhren offenbar anders. Mit einem Trick, so der BdSt-Referent Walter, hebelten die Finanzminister die BFH-Urteile wieder aus. Sie erhöhten zwar den Sonderausgabenabzug von Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein erstmaliges Studium, die nicht Werbungskosten oder Betriebsausgaben darstellen, auf 4000 Euro. Allerdings behielt der Fiskus die Unterscheidung zwischen Ausbildungs- und Fortbildungskosten und damit auch die steuerliche Ungleichbehandlung grundsätzlich bei.

Das heißt, Kosten für eine erstmalige Berufsausbildung oder ein erstmaliges Studium sind ab 2004 lediglich beschränkt als Sonderausgaben abziehbar. Der Richterspruch hingegen hatte die volle Abzugsfähigkeit im Rahmen von Werbungskosten gefordert. Auch von einem steuerlichen Verlustvortrag aus der Zeit seines Studiums kann ein Student, der kurz nach dem Studium in den Job einsteigt, in diesem Steuerjahr nicht mehr profitieren, eben weil die Kosten keine Werbungskosten darstellen. "Man hat aus rein fiskalischen Gründen die Rechtssprechung gekippt, ohne sich inhaltlich mit den Urteilen auseinanderzusetzen", kritisiert Walter.

Die Kosten für ein Zweitstudium, die nach einer abgeschlossenen Ausbildung oder einem bereits absolvierten Studium anfallen, sind dagegen als Werbungskosten voll abziehbar. Gleiches gilt für Aufwendungen einer berufsbedingten Fortbildung. Voraussetzung ist, dass sie dem Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt bessere Chancen einräumen und aus beruflichen Gründen erfolgen.

2003: "Nachzügler" sollten die Chance wahrnehmen

Der Steuerexperte Walter weist ausdrücklich darauf hin, dass jene, die ihre Steuererklärung für das Jahr 2003 noch nicht gemacht haben, noch von der BFH-Rechtssprechung des vergangenen Jahres profitieren können. Das heißt, nahezu alle Aufwendungen für die Aus- und Fortbildung aber auch für eine mögliche Umschulung sind als Werbungskosten in 2003 voll absetzbar, also auch jene Aufwendungen für die erstmalige Ausbildung oder das Erststudium.

Ausbildung kostet - Was ist absetzbar?

Die folgenden Aufwendungen sind nach Angaben des Bundes der Steuerzahler abziehbar. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

1. Teilnahme-, Prüfungs-, oder Studiengebühren/ Repetitioriumskosten

2. Kosten für Lernmittel (gegebenenfalls Aufteilung der Kosten nach dem Grad der Privat- und beruflichen Nutzung)

  1. Computer/Faxgeräte/Drucker usw.(s.u. aber c)
  2. Bücher, Schreibwaren, Kopierkosten, Aktentasche, Schreibtisch, Bücherregal, bestimmte Berufskleidung (Kittel o.ä.)
  3. sofern Anschaffungswert kleiner als 410 Euro (exklusive Mehrwertsteuer) voll abziehbar im Jahr der Anschaffung, ansonsten ist die Anschaffung abzuschreiben nach den AfA-Tabellen (zum Beispiel PC über 3 Jahre, Fax über 6 Jahre, Möbel über 13 Jahre, Software über 3-4 Jahre
3. Reisekosten
  1. Fahrtkosten zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte, entweder die tatsächlichen oder nach den Regelungen für die Entfernungspauschale
  2. Bei einem Fernstudium sind die Reisekosten wie bei Dienstreisen absetzbar (0,30 Euro je mit PKW gefahrenem Kilometer)
  3. Bei unterschiedlichen Ausbildungsstätten sind die Kosten wie bei einer Einsatzwechseltätigkeit abziehbar
4. Kosten der doppelten Haushaltsführung - sofern am Hauptwohnsitz eigener Hausstand (seit 2004) beibehalten wird
  1. Mietkosten
  2. Kosten der notwendigen Ausstattung
  3. Kosten für wöchentliche Heimfahrt (Entfernungspauschale) oder wöchentliches Telefonat
  4. Zweitwohnungsteuer
5. Sonstige Aufwendungen
  1. Reisenebenkosten, zum Beispiel Parkgebühren
  2. Kosten des häuslichen Arbeitszimmers bis zu 1250 Euro pro Jahr, zum Beispiel anteilige Miet- und Mietnebenkosten, Kosten für die Ausstattung usw.
  3. Kosten der Teilnahme an privaten Lern- und Arbeitsgemeinschaften nach den Grundsätzen, die für Dienstreisen gelten

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