Geldanlage ist auch Vertrauenssache. Ausgerechnet die Anlageprofis der großen Investmenthäuser verlieren ihren Optimismus, dabei hat die Konjunkturerholung doch gerade erst begonnen. Vor allem dem US-Aktienmarkt stehen schwere Zeiten bevor.
Hamburg/London - Glaubt man den global agierenden Fondsmanagern, dann steht der Wirtschaftsaufschwung auf tönernen Füßen. In einer Umfrage äußerten sich die Investmentprofis besorgt über eine weltweit schwache Konjunkturentwicklung und skeptisch über die Gewinnaussichten der großen Unternehmen. Die Ängste vor einer anziehenden Inflation nehmen dagegen ab.
"Die Euphorie, die wir noch Anfang des Jahres gesehen haben angesichts einer synchronen, zyklischen Erholung weltweit, ist verflogen", resümiert David Bowers, Chief Global Investment Strategist bei Merrill Lynch und verantwortlich für die monatliche Fund-Manager-Survey-Umfrage. Insgesamt 275 Fondsmanager, die zusammen 852 Milliarden Dollar verwalten, haben an der Juli-Befragung teilgenommen.
"Zwar fühlt es sich nicht so an, als ob eine Rezession schon hinter der nächsten Ecke lauert, Fondsmanager sind aber deutlich weniger zuversichtlich, dass der Aufschwung aufrechterhalten werden kann", resümiert Bowers weiter.
Ist der Aufschwung schon vorbei?
Die am Dienstag veröffentlichten Daten deuten auf einen neuen Pessimismus unter den Anlageprofis. Zum ersten Mal seit Anfang 2001 geht die Mehrheit der Fondsmanager davon aus, dass die Weltwirtschaft nicht mehr auf Wachstumskurs ist. 64 Prozent gaben an, dass der Zenit des Konjunkturzyklus bereits überschritten sei.
Ihren Pessimismus begründen die Investoren mit schwachen US-Konjunkturindikatoren, enttäuschenden Signalen von US-Unternehmen im Vorfeld der Berichtssaison und dem hohen Ölpreis.
In den zurückliegenden Monaten klang der Grundtenor des "Fund Manager Survey" noch deutlich optimistischer. Während aktuell nur noch 2 Prozent der befragten Fondsmanager steigende Unternehmensgewinne prognostizieren, so waren es im Juni noch 11 Prozent gewesen, 26 Prozent im Mai und 47 Prozent im April.
Hoffnungen ruhen auf Japan
Hoffnungen ruhen auf Japan
Entgegen dem Trend zum Schwarzmalen entpuppt sich Japan als neuer Hoffnungsträger. Für den Yen und das Land in Fernost hellt sich die Stimmung zusehends auf. Immerhin 47 Prozent der institutionellen Investoren haben japanische Aktien in ihrem Portfolio übergewichtet, und 40 Prozent glauben, dass die japanischen Unternehmen die besten Gewinnaussichten haben im weltweiten Vergleich.
24 Prozent der befragten Fondsmanager gaben an, dass der japanische Aktienmarkt international am günstigsten bewertet sei und 39 Prozent erachten den Yen sogar als unterbewertet.
"Die feste Sicht auf Japan ist etwas überraschend", sagt dagegen Merrill-Lynch-Stratege Bowers. Sollte die Weltwirtschaft wirklich nachgeben, dann "ist Japan ein ungewöhnlicher Ort zum Zurückziehen angesichts der vielen Unternehmen dort, die von zyklischen Faktoren abhängig sind." Ein zusätzliches Nippon-Risiko sieht Bowers in der Abhängigkeit zum chinesischen Markt, dem immerhin 39 Prozent der befragten Fondsmanager für das kommende Jahr "etwas schwächere" bis "deutlich schwächere" Aussichten prognostizieren.
Wall Street verliert an Anziehungskraft
Der US-amerikanische Aktienmarkt verlor in der Gunst der Fondsmanager beträchtlich. Knapp 30 Prozent der Aktienexperten haben den Markt untergewichtet, rund 43 Prozent sagten, sie würden die US-Region in den kommenden zwölf Monaten untergewichten. In solch schlechtem Ansehen standen US-Aktien zuletzt Anfang 2002. Damals stürzten mehrere Unternehmensskandale die Wall Street in Turbulenzen.
Inflationsängste schwinden nur langsam
Die Preis- und Zinsentwicklung wird vom Finanzmarkt weiterhin mit Skepsis verfolgt. Zwar nehmen die Ängste vor einer deutlich anziehenden Inflation langsam ab, immerhin 72 Prozent (Vormonat: 87 Prozent) der befragten Fondsmanager erwarten aber immer noch "deutlich höhere" bis "etwas höhere" Raten in den kommenden zwölf Monaten.
Weit gehende Einigkeit herrscht hingegen beim Thema Leitzinsen: Für die nächsten zwölf Monate prognostizieren 94 Prozent (Vormonat: 97 Prozent) der Fondsmanager steigende Leitzinsen. 83 Prozent gehen sogar davon aus, dass die US-Notenbank innerhalb der kommenden drei Monate nochmals die Zinsschraube anziehen wird. Ende Juni hatte Fed-Chef Alan Greenspan zum ersten Mal seit vier Jahren die Zinsen wieder erhöht, von 1,00 Prozent auf 1,25 Prozent.
Trotz der von Greenspan eingeleiteten Trendwende gehen die meisten Fondsmanager jedoch davon aus, dass das Zinsniveau auf absehbare Zeit niedrig bleiben wird. Bis zu einer "neutralen Geldpolitik", die bei einem Zinssatz von rund 3 Prozent liegt, sei es noch "ein weiter Weg", so Bowers.