Autobauer in Liquiditätsnot Tesla-Aktien auf Talfahrt? Das wahre Problem sind die Bonds!

Durchblick verloren? Mit Eskapaden wie dem Rauchen eines Joints vor laufender Kamera verstört Tesla-Chef-Musk zunehmend die Investoren.

Durchblick verloren? Mit Eskapaden wie dem Rauchen eines Joints vor laufender Kamera verstört Tesla-Chef-Musk zunehmend die Investoren.

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Aderlass in Führungsriege: Elon Musk verliert seinen wichtigsten Mitstreiter

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Unter dem Eindruck schlechter Nachrichten und merkwürdiger Aktivitäten von Firmenchef Elon Musk ist die Aktie des Elektroautobauers Tesla (Kurswerte anzeigen) in den vergangenen Wochen um bis zu 30 Prozent in den Keller gerauscht - begleitet von aufmerksamer Medienberichterstattung. Was dabei aber beinahe unbemerkt blieb: Der vermutlich wesentlich besorgniserregendere Kursrutsch vollzog sich am Anleihenmarkt, wo Bonds von Tesla zuletzt binnen weniger Wochen auf Rekordtiefstände sanken.

Eine Anleihe im Volumen von 1,8 Milliarden Dollar etwa, die Tesla im vergangenen Jahr begeben hatte, und die im Jahr 2025 fällig wird, stand noch Anfang August bei einem Kurs von deutlich mehr als 90 Cents. Bis Ende vergangener Woche ging es mit dem Kurs abwärts auf zeitweise weniger als 84 Cents.

Die Verantwortlichen bei Tesla dürften diese Entwicklung mit ziemlicher Sorge verfolgen, und zwar gleich aus mehreren Gründen. Zum einen zeigt sich darin - wie auch am Aktienmarkt - wie sehr das Vertrauen von Investoren in das Unternehmen und dessen Fähigkeit, in Zukunft insbesondere mit dem neuen Modell, dem Hoffnungsträger Model 3, Gewinne erzielen zu können, schwindet.

Ein Grund für die Skepsis der Anleger sind dabei immer neue Eskapaden von Firmenchef Musk, sei es, dass dieser im Streit mit einem thailändischen Höhlentaucher üble Beleidigungen in die Welt posaunt, sei es, dass er in einem Interview mit der "New York Times" über Stress klagt und von Schlafmittelkonsum berichtet, oder sei es, dass er in einem Podcast in den USA, wie vor einigen Tagen geschehen, öffentlich an einem Joint zieht.

Hinzu kommen "echte" Nachrichten aus dem Hause Tesla, die ebenfalls kaum dazu geeignet sind, die Investoren zu beruhigen. Dazu zählen zum Beispiel die Abgänge mehrerer Top-Führungskräfte in den vergangenen Wochen, darunter ausgerechnet auch der Chefbuchhalter des Konzerns, sowie der zunächst angekündigte Abgang Teslas von der Börse, der später wieder abgeblasen wurde.

All dies zusammengenommen hat bereits die Investoren am Aktienmarkt verschreckt. Dass auch die Akteure am Bondmarkt inzwischen auf Abstand zu Tesla gehen, erscheint für das Unternehmen allerdings noch fataler. Schließlich gelten Bond-Anleger im Vergleich zum Gros der Aktienkäufer im allgemeinen als "smarter". Sie reagieren nicht unbedingt auf jeden Tweet, den ein Firmenchef um die Welt sendet. Entscheiden sie sich jedoch zum Verkauf eines Papiers, so hat sich ihre Meinung meist grundlegend gewandelt.

Tesla am Bond-Markt in einer Liga mit bekannten Krisenfirmen

Dass das im Falle Teslas nun offenbar der Fall ist, lässt sich auch an den Renditen der Anleihen ablesen. Im Falle des 1,8-Milliarden-Dollar-Papiers mit Fälligkeit 2025 beispielsweise hat der Kursrutsch zu einem Anstieg der Rendite auf rund 8,6 Prozent geführt. Zum Vergleich: Tesla hatte das Papier 2017 mit einem Zins von 5,3 Prozent in den Markt gegeben. Wegen der großen Nachfrage konnte der Autobauer seinerzeit das Volumen sogar von ursprünglich geplanten 1,5 Milliarden Dollar auf 1,8 Milliarden Dollar erhöhen.

Eine Nachfrage, von der inzwischen nicht mehr viel zu spüren ist. Die Investoren, die die Tesla-Bonds gegenwärtig auf den Markt werfen, haben offenbar Zweifel, dass das Unternehmen seine Verpflichtungen in den kommenden Jahren wird erfüllen können. Schließlich hat sich Tesla in der Vergangenheit einen gewaltigen Schuldenberg aufgeladen, um sein Wachstum finanzieren zu können. Der muss naturgemäß irgendwann auch wieder abgetragen werden.

Mehr als neun Milliarden Dollar, so rechnet der US-Sender CNN  vor, muss Tesla bis 2025 an Anleiheinvestoren zurückzahlen. Allein bis Ende des kommenden Jahres werden bereits 2,7 Milliarden Dollar fällig, so der Sender mit Verweis auf eine Goldman-Sachs-Analyse, in der die Bilanz Teslas unter anderem als "besorgniserregend" bezeichnet wird.

Wohl gemerkt: All das in einer Zeit, in der Tesla nach wie vor schon beinahe notorisch Verluste macht und Geld in großen Mengen verbrennt. "Tesla ist in einer Cash-Klemme", kommentiert US-Analyst Jeffrey Osborne vor dem Hintergrund gegenüber CNN. Das größte Problem für das Unternehmen sei es nach wie vor, Cash zu generieren.

Für das aktuelle Quartal hat Firmenchef Musk zwar einen Gewinn in Aussicht gestellt, und US-Medien zufolge setzt der umstrittene Unternehmer auch alle Hebel in Bewegung, um dieses Ziel zu erreichen. Ob das jedoch ausreicht, um die Investoren zu beruhigen, ist fraglich. 2016 gelang es Musk schon einmal mit Mühe und Not in einem Quartal schwarze Zahlen zu schreiben - es blieb bislang ein einmaliges Ereignis.

Die Signale vom Anleihenmarkt sollten daher bei Tesla zweifellos ernst genommen werden. Dabei ist das wohl größte Problem für das Unternehmen: Das Renditeniveau der Tesla-Anleihen im laufenden Handel bildet zugleich die Benchmark für den Zins, den das Unternehmen seinen Investoren bei etwaigen Neuemissionen bieten muss.

Die Gefahr ist daher, dass die steigenden Finanzierungskosten die Liquiditätsprobleme des Unternehmens noch verstärken, was eine tödliche Spirale in Gang bringen könnte. Schon jetzt spielt Tesla gemessen am Renditeniveau am Bond-Markt in einer Liga mit schwächelnden US-Konzernen wie dem Einzelhändler JC Penney oder dem Konzern Bausch Health, besser bekannt unter seinem früheren Namen Valeant, wie das US-Finanzblog Seeking Alpha  süffisant bemerkt.

Die Tesla-Renditen seien zwar derzeit noch etwas niedriger als bei den genannten Krisenfirmen, so Seeking Alpha. Das liege jedoch mehr an Teslas "Über-Optimismus" zur Zeit der Ausgabe der Papiere - und nicht etwa an einem möglicherweise positiveren Ausblick.

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