Schwedischer Kronen-Schein
Foto: © Scanpix Sweden / Reuters/ REUTERSSchweden brüstet sich gern als Vorzeige-Land beim bargeldlosen Bezahlen. Im ganzen Königreich verweigert eine wachsende Zahl von Geschäften und Restaurants die Annahme von Scheinen und Münzen. Verbraucher zahlen zunehmend mit Kreditkarten, Internet oder Mobiltelefon, Banken verzichten oft auf die traditionelle Kasse.
Doch nun wachsen Zweifel, ob die rasante Entwicklung wirklich segensreich für das Land ist. "Wenn die Bargeld-Menge weiterhin so schnell schrumpft, wird es schwierig, die Infrastruktur aufrecht zu erhalten", sagte Ökonom Mats Dillen gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg. Dillen ist Vorsitzender einer Kommission, die die Wirkung des Scheine-Schwunds untersucht.
Bargeld-Bestand in Schweden (zum Vergrößern bitte auf die Grafik klicken)
Zum Problem könnte offenbar werden, dass vor allem viele ältere Menschen mit Internet und Mobiltelefonen noch nicht ausreichend vertraut sind und weiterhin mit "echtem Geld" bezahlen wollen. Je mehr Geschäfte und Banken dieses nicht mehr ermöglichen, desto größer wird die Chance, dass Menschen sich nicht mehr komfortabel versorgen können.
Dillen sprich von einer "Negativspirale", die genauer untersucht werden müsste. Im vergangenen Jahr lag die Bargeld-Menge bereits 40 Prozent niedriger als 2007, als sie einen Höhepunkt erreicht hatte. Laut Bloomberg nutzen nur noch 25 Prozent der Schweden einmal oder mehrmals in der Woche überhaupt Bargeld.
Die schwedische Reichsbank erwägt derweil bereits, Banken dazu zu verpflichten, Bargeld vorzuhalten. Die aktuelle Entwicklung berge große Unsicherheiten.
In Deutschland halten die Verbraucher dagegen dem Bargeld weiter die Treue. Es ist weiterhin Gang und Gäbe, dass Geschäfte oder Restaurants ausschließlich Münzen und Scheine akzeptieren.
Gemessen an der Zahl der Einkäufe griffen Konsumenten im vergangenen Jahr noch bei 74 Prozent ihrer Geschäfte auf Scheine und Münzen zurück, hat die Bundesbank ermittelt. 2014 waren es 79 Prozent. "Die Liebe der Deutschen zum Bargeld ist ungebrochen", sagte Bundesbank-Vorstand Carl-Ludwig Thiele.
Dieses Festhalten an alten Gewohnheiten lässt auch manches Unternehmen verzweifeln. So führte die Mitfahr-Plattform Blablacar jüngst die Bargeldzahlung wieder ein, nachdem es sie vor zwei Jahren abgeschafft hatte.
Deutschland habe eine starke Bargeld-Kultur, sagte Deutschlandchef Jaime Rodriguez de Santiago. "Und die Hälfte unserer Fahrer erklärte, dass sie es vorziehen würden, in bar bezahlt zu werden."
Bitcoin ist der große Investment-Hype des Jahres 2017 - ungeachtet aller Zweifel an der Kryptowährung, die sich im Jahresverlauf (in Dollar gerechnet) um 1350 Prozent verteuerte. Der Absturz Ende Dezember von 20.000 auf 14.000 Dollar ist da schon eingerechnet. Da weltweit rund 16,8 Millionen virtuelle Münzen zirkulieren, ergab sich Zum Jahreswechsel ein "Marktwert" von 246 Milliarden Dollar. Bis Mitte Februar ist dieser allerdings auf weniger als 190 Milliarden Dollar weiter gesunken. Neben dem Bitcoin gibt es zudem mehr als 1000 Alternativen bei den Krypto-Währungen ...
Für große Furore sorgte Ethereum, dessen Gesicht Vitalik Buterin ist. Das Projekt will mit "smarten Verträgen" noch viel mehr umwälzen als nur die monetäre Wirtschaft. Ihre Währung Ether hat nach einer Hackerattacke 2016 bereits eine harte Spaltung hinter sich gebracht. Die Traditionalisten, die in dem Eingriff mit Regeländerung einen zentralistischen Verrat an der 2014 propagierten Idee "Vertrag ist Vertrag" sehen, setzen auf Ethereum Classic. Die ist mit knapp vier Milliarden Dollar Marktkapitalisierung jedoch weit abgeschlagen gegenüber dem zuletzt etwa 90 Milliarden Milliarden Dollar schweren reformierten Ethereum.
Ex-Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg ließ sich 2014 als Berater für Regulierungsfragen von Ripple Labs anheuern. "Das traditionelle Zahlungssystem ist antiquiert, teuer und ineffizient", gab der CSU-Politiker den Geldrevolutionären seinen Segen. Ripple ist nach Ethereum und vor Bitcoin Cash die Nummer drei der digitalen Nebengeldwelten mit etwa 41 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung, versteht sich aber als Ergänzung und nicht als Gegenentwurf zu Bitcoin.
Erst seit August gibt es Bitcoin Cash - das Ergebnis einer harten Spaltung der Bitcoin-Blockchain. Vorangegangen war ein Streit unter Entwicklern und Minern über die Blockgröße. Manche der großen Handelsplattformen lehnen Bitcoin Cash ab, trotzdem kam die Bitcoin-Alternative zeitweise auf 42 Milliarden Dollar Börsenwert. Aktuell liegt die Kapitalisierung bei etwa 23 Milliarden Dollar. Als Ersatz für Bargeld im alltäglichen Zahlungsverkehr taugt jedoch trotz des Namens auch sie nicht.
Litecoin wurde bereits 2011 als Bitcoin-Alternative gegründet. Die Entwickler wollen absichern, dass auch gewöhnliche Computerbesitzer Geld schöpfen können - und dass der Code einfach genug bleibt, um schnelle Transaktionen weltweit zu ermöglichen. "Leichtes" im Gegensatz zu "hartem" Geld - das Interesse der zahlreichen Nutzer hat Vorrang gegenüber der Wertsteigerung für wenige Altcoin-Superreiche. Wirklich durchgesetzt hat sich Litecoin - auch gegenüber mehreren Nachahmern - bisher nicht. Zuletzt flaute der Hype auf einen Wert von weniger als 13 Milliarden Dollar ab.
Erst, als der Bitcoin-Hype in vollem Gang war, kam auch Cardano im Oktober auf den Markt. Die Macher versprechen ein flexibles, den aktuellen Anforderungen anzupassendes System und zeigen sich offen für notwendige staatliche Regulierung. Inzwischen reicht es mit 9,5 Milliarden Dollar für Rang 6 im Ranking der Kryptowährungen laut coinmarketcap.com
Von einer gemeinnützigen Stiftung in Deutschland wird Iota betrieben, immerhin fünf Milliarden Dollar schwer. Der Name trägt das "Internet of Things" in sich, und in Anlehnung an den kleinsten griechischen Buchstaben Iota auch den Vorzug für kleine, gut handelbare Einheiten. Die Währung soll als Recheneinheit für den Datentransfer zwischen vernetzten Maschinen mit Minigebühren erleichtern. Die industrielle Nutzung dieses Konzepts, das mit der Blockchain nach Bitcoin-Art nichts zu tun hat, lockt auch Konzerne wie Bosch oder Fujitsu als Investoren.
NEM stammt aus Japan, der Hochburg der Altcoin-Fans. Das Angebot des "New Economic Movement" wurde erst 2015 gestartet. Die NEM-Macher versprechen den Nutzern, Energie und Kosten zu sparen. Geld wird hier "geerntet", nicht "geschürft". Die Validierungsmethode anstelle der komplexen Bitcoin-Blockchain nennt sich "Eigentrust". NEM belohnt Nutzer, die das Geld zirkulieren lassen, anstatt es zu horten. Die Digitalwährung kommt auf einen Marktwert von 4,5 Milliarden Dollar.
Der Name Dash ist die Kurzform für "digital cash", zielt aber kaum auf die Hauptrolle von Bargeld beim täglichen Einkauf. Früher war die Währung als "Darkcoin" bekannt und mit dem Darknet assoziiert, meist wechseln größere Summen den Besitzer. Hier liegt die Betonung vor allem auf der Anonymität der Nutzer, die größer sein soll als bei anderen Kryptowährungen, die auch immer wieder mit Betrugs- oder anderen Kriminalitätsfällen auf sich aufmerksam machen. Dash ist knapp 5,7 Milliarden Dollar schwer.
Bei Monero wird ebenfalls besonders die Anonymität der Nutzer betont. Jüngster Marktwert: 5,1 Milliarden Dollar. Dies sind nur die größten Kryptowährungen - gemessen am stark schwankenden Börsenwert. Nutzerzahlen lassen sich wegen der Anonymität nicht erheben, Daten über realweltlichen Austausch sind ebenso Mangelware.
Im Februar berichtete Venezuelas Präsident Nicolas Maduro, sein Land habe erfolgreich den Verkauf der landeseigenen Krypto-Währung Petro gestartet. Schon am ersten Vorverkaufstag kamen demnach mehrere hundert Millionen Dollar in die Kasse. Insgesamt will Venezuela 100 Millionen digitale Münzen à 60 Dollar unter die Käufer bringen. Damit hätte der Petro zum Start eine Marktkapitalisierung von sechs Milliarden Dollar, womit er auf Platz zehn des weltweiten Krypto-Währungs-Rankings Mitte Februar stünde. .
Im Februar berichtete Venezuelas Präsident Nicolas Maduro, sein Land habe erfolgreich den Verkauf der landeseigenen Krypto-Währung Petro gestartet. Schon am ersten Vorverkaufstag kamen demnach mehrere hundert Millionen Dollar in die Kasse. Insgesamt will Venezuela 100 Millionen digitale Münzen à 60 Dollar unter die Käufer bringen. Damit hätte der Petro zum Start eine Marktkapitalisierung von sechs Milliarden Dollar, womit er auf Platz zehn des weltweiten Krypto-Währungs-Rankings Mitte Februar stünde. .
Foto: FEDERICO PARRA/ AFPDie chinesischen Internetkonzerne Tencent (Wechat Pay) und Alibaba (Alipay) sind dank mobiler Technik in wenigen Jahren zur dominanten Kraft der Zahlungsabwicklung in Chinas Metropolen aufgestiegen. Solche mobilen Bezahlterminals, wie hier in Kanada gezeigt, ...
... werden fürs mobile Bezahlen aber kaum gebraucht: Es gibt ja Smartphones, die ohnehin allgegenwärtig sind. Auch die kommen ohne aufwändige Zusatzhardware aus, wie sie Silicon-Valley-Firmen erdenken und auch Tencent in seinem Innovationszentrum in Guangzhou ausstellt.
Durchgesetzt hat sich vielmehr das Einscannen von QR-Codes - so wie hier für die Wechat-Pay-App in der Tencent-Kantine.
Auch an Kiosk- und Supermarktkassen in Shanghai sind die Schilder Standard. Sogar Straßenmusiker lassen sich von Passanten per Smartphone bezahlen.
Im vergangenen Jahr wurden bereits Zahlungen im Wert von 5,5 Billionen Dollar in China mobil umgesetzt. Laut einem Bericht der "New York Times" könnten Wechat Pay und Alipay schon 2018 mehr Transaktionen abwickeln als die weltweit präsenten Kreditkartenriesen Visa und Mastercard. US-Systeme wie Apple Pay, erst 2016 in China eingeführt, hinken hinterher.
"Im Restaurant wird die Bedienung Sie fragen, ob Sie mit Wechat oder Alipay zahlen", berichtet "New York Times"-Korrespondent Paul Mozur, "bevor Bargeld als entfernte, dritte Möglichkeit auftaucht." Noch vor drei Jahren sei alles in Cash gelaufen. Sein Umzug von Hongkong, das von der Internetkultur des Festlands isoliert ist, nach Shanghai wirke wie ein Sprung in die Zukunft. Die Beobachtung beschränke sich allerdings auf die großen Metropolen.
Die Ära der Geld- und Kreditkarten, die in den fortgeschrittensten europäischen Ländern wie Schweden und Frankreich allmählich Bargeld im Alltag verdrängt, überspringt China einfach. Auch Mautstationen an den Autobahnen sind jetzt mit QR-Code-Scannern für Alipay ausgerüstet. Smartphones haben die Fahrer ja sowieso dabei.
Nach Deutschland, wo viele noch selbst für größere Summen Bargeld bevorzugen, kommt die Innovation über chinesische Touristen. Der Zahlungsdienstleister Wirecard zeigt sich im Juli stolz, hiesigen Händlern eine Lösung für Wechat Pay anzubieten - damit deren 600 Millionen aktive Nutzer, wenn sie mal nach Deutschland kommen, so bezahlen können wie von zu Hause gewohnt.