Börse Dax schließt im Minus - im Schuldenstreit wird die Zeit knapp

Kursrutsch: Nach seinem Rekordhoch bei 16.300 Zählern geht es für den Dax zunächst abwärts. Die charttechnisch wichtige 21-Tage-Linie hat der Index am Mittwoch durchbrochen
Foto: Frank Rumpenhorst/ dpaDer Dax hat sich nach einer Verlustserie am Donnerstag etwas stabilisiert. Zum Börsenschluss notierte er noch 0,31 Prozent im Minus bei 15.793 Punkten, womit er sich klar über seinem Tagestief im frühen Handel behauptete. Seit dem Rekordhoch bei 16.331 Punkten am Freitag war es für den deutschen Leitindex nur noch bergab gegangen – am Mittwoch hatte sich die Abwärtsdynamik angesichts des näher rückenden möglichen US-Zahlungsausfalls noch verschärft.
Der MDax der mittelgroßen Unternehmen schaffte sogar ein Plus von 0,03 Prozent auf 26.786 Punkte. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 schloss 0,1 Prozent fester.
Die Katerstimmung nach dem jüngsten Ausverkauf halte indes an, kommentierte Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets UK. Denn die Verhandlungen über eine Erhöhung der US-Schuldenobergrenze dürften sich nun bis in die kommende Woche hinziehen. Dazu sei die größte europäische Volkswirtschaft Deutschland im ersten Quartal überraschend in die Rezession gerutscht.
Nach Prognosen des Finanzministeriums droht der US-Regierung der Zahlungsausfall Anfang Juni, wenn keine Einigung erzielt und die Schuldenobergrenze nicht erhöht wird. Der Streit bedroht auch die Kreditwürdigkeit der USA in immer stärkerem Maß. Die US-Ratingagentur Fitch signalisierte bereits eine mögliche Bonitätsabstufung der weltgrößten Volkswirtschaft.
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Aktien von Infineon und Fresenius geben nach
Die Aktien des Chipkonzerns Infineon büßten dennoch als einer der größten Dax-Verlierer 1,9 Prozent ein, womit sie an ihre schwache Vortagsentwicklung anknüpften. Analyst Stacy Rasgon von Bernstein Research verwies auf eine etwas trägere Umsatzentwicklung im Geschäft mit der Autoindustrie im Sog der Schwäche Chinas. Möglicherweise nahm das den Aktien des stark auf die Autobranche ausgerichteten Infineon-Konzerns etwas den Wind aus den Segeln.
Im MDax zogen hingegen Aixtron um 1,4 Prozent an, während Siltronic an der Spitze sogar mehr als acht Prozent nach oben sprangen.
Bei Fresenius hielt die anfängliche Kauflaune nicht an, obwohl der Konzern für seine Arznei- und Medizintechniktochter Kabi optimistischer wird – am Ende büßten die Aktien 1,7 Prozent ein.
Auch die konjunktursensiblen Chemietitel gehörten zu den Verlierern. Börsen-Experte Andreas Lipkow sagte, eine Rezession in Deutschland sei nun ausgemachte Sache, was auf die exportlastigen Branchen und die Konsumtitel drücke.
Aroundtown fällt auf Rekordtief
In der erneut schwachen Immobilienbranche rutschten Aroundtown auf ein weiteres Rekordtief. Die Baader Bank hatte die Titel des Immobilienkonzerns abgestuft und das Kursziel von 2,50 auf 1,15 Euro eingestampft. Zum Schluss notierten sie noch 2,8 Prozent tiefer.
Für die bereits im frühen Handel sehr schwachen Aktien von Südzucker ging es nach den anschließend veröffentlichten endgültigen Geschäftszahlen und dem Ausblick des Konzerns letztlich um weitere 7,8 Prozent bergab – das bedeutete den letzten Platz im Nebenwerte-Index SDax.
Höhere Ergebnisprognosen hauchten dagegen den Aktien des IT-Dienstleisters Cancom Leben ein. Sie gewannen 1,2 Prozent. Die Anpassung der Prognose resultiert daraus, dass die übernommene KBC voraussichtlich ab Anfang Juni ihren Beitrag zur Konzernbilanz leistet.
Ifo-Geschäftsklima kühlt sich ab
Auch enttäuschende Konjunkturdaten aus Deutschland sorgten für schlechte Laune. Die Stimmung in den Chefetagen der größten Wirtschaft Europas hat sich im Mai eingetrübt. Das Barometer für das Geschäftsklima fiel auf 91,7 Punkte von revidiert 93,4 Zählern im April, wie das Münchener Ifo-Institut mitteilte. Es war der erste Rückgang des an den Finanzmärkten stark beachteten Barometers nach sechs Anstiegen in Folge. "Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle", sagte der Leiter der Ifo-Umfragen, Klaus Wohlrabe. "Im zweiten Quartal dürfte es in Richtung einer Stagnation gehen."
Nvidia-Aktie erreicht Rekordhoch
Die Wall Street hat am Donnerstag keine gemeinsame Richtung gefunden. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte notierte 0,15 Prozent niedriger bei 32.750 Punkten, wogegen der marktbreite S&P 500 um 0,89 Prozent auf 4151 Zähler zulegte. Der technologielastige Nasdaq 100 zog dank der Kursrally von Halbleiterwerten nach einem starken Umsatzausblick von Nvidia sogar um über 2,5 Prozent auf 13.945 Punkte an. Der Konzern erwartet einen Quartalsumsatz 50 Prozent über den Analystenerwartungen. Der Hype um Künstliche Intelligenz (KI) bescherte dem US-Chiphersteller einen Nachfrageboom.
"Das Wort des Monats ist KI", sagte Sam Stovall, Chefstratege beim Analysehaus CFRA in New York. "Die Investoren sind stets auf der Suche nach Wachstumssektoren, und das sind im Moment die Halbleiter."
Die Aktie von Nvidia sprang um 27 Prozent auf ein Rekordhoch. Die neue Höchstmarke für den Kurs setzten die Aktien zwischenzeitlich bei 394,80 Dollar. Der Börsenwert liegt damit bei 706 Milliarden US-Dollar. Auch Konkurrenten mit einem Fokus auf das KI-Geschäft wie Microsoft und Alphabet folgten Nvidia ins Plus und gewannen 3,4 beziehungsweise 2,5 Prozent. Der europäische Tech-Sektor rückte ebenfalls um 1,7 Prozent vor.
Dagegen brachen die Titel von Dollar Tree um 10,4 Prozent ein. Der Discounter reduzierte seinen Gewinnausblick und machte dafür die hohe Inflation verantwortlich, die die Nachfrage nach margenstärkeren Produkten dämpfe. Noch schlimmer erwischte es die Aktien von Snowflake, die um gut 16 Prozent absackten. Das Umsatzziel des Softwareunternehmens für das laufende Quartal fiel Börsianern zufolge enttäuschend aus.
Im erbitterten US-Schuldenstreit gibt es nach den Worten des republikanischen Verhandlungsführers Kevin McCarthy (58) noch immer reichlich Diskussionsbedarf. "Es gibt eine Reihe von Punkten, bei denen wir noch weit auseinander liegen", sagte McCarthy am Mittwoch im US-Kongress in Washington bei einer Pressekonferenz. Prognosen des US-Finanzministeriums zufolge droht ab Anfang Juni ein Zahlungsausfall der US-Regierung, sollte die Schuldenobergrenze nicht erhöht werden. Dies könnte schwerwiegende Folgen für die Finanzmärkte und die Weltwirtschaft haben. Möglichkeiten das zu verhindern, gäbe es durch eine Priorisierung der Ausgaben. So könnten etwa Rentenzahlungen zeitweise ausfallen, um Auslandsschulden zu bedienen.
Überwiegend Verluste in Asien
Die wichtigsten Börsen Asiens haben am Donnerstag nachgegeben. Der japanische Leitindex Nikkei 225 fiel zuletzt um 0,6 Prozent. Der CSI-300-Index mit den 300 wichtigsten Werten der Börsen in Shenzen und Shanghai sank um 0,3 Prozent und der Hang-Seng-Index in der Sonderverwaltungsregion Hongkong büßte 0,9 Prozent ein. Nach unten ging es auch in Australien, während der koreanische Kospi sich knapp im Plus hielt.
Bitcoin unter 27.000 US-Dollar
Die Digitalwährung Bitcoin schwächelte weiter und notierte zuletzt bei rund 26.200 US-Dollar. Im November 2022 war die Währung unter dem Eindruck des Zusammenbruchs der Kryptobörse FTX von über 21.000 US-Dollar auf rund 16.000 US-Dollar eingebrochen. Ein Jahr zuvor erreichte der Bitcoin noch ein Rekordhoch von 69.000 US-Dollar.
Bitcoin
Ölpreise fallen – Russland erwartet keine weitere Förderkürzung der Opec+
Die Ölpreise haben am Donnerstag leichte Verluste aus dem frühen Handel ausgeweitet. Marktbeobachter sprachen von einer Gegenbewegung nach Kursgewinnen in den vergangenen Handelstagen. Zuletzt kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juli 76,79 US-Dollar. Das waren 1,57 Dollar weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel um 1,71 Dollar auf 72,63 Dollar.
Am Markt wurde vor allem auf Aussagen des russischen Vize-Ministerpräsidenten Alexander Nowak (51)vom Donnerstag verwiesen. Der frühere Energieminister hatte sich etwa eine Woche vor einem Treffen der Opec+ zur Förderpolitik des Ölverbunds geäußert. In der Opec+ sind Mitglieder des Ölkartells Opec und andere wichtige Förderländer wie Russland organisiert. Nach Einschätzung von Nowak ist es unwahrscheinlich, dass die Opec+ eine erneute Kürzung der Fördermenge beschließen werde.
Zudem lastete der aktuell starke Dollar auf den Ölpreisen. Da Rohöl auf dem Weltmarkt in der US-Währung gehandelt wird, macht ein steigender Dollarkurs den Rohstoff teurer, was für eine geringere Nachfrage sorgt.
Zuvor waren die Ölpreise bis zur Wochenmitte unter anderem wegen Aussagen aus dem großen Förderland Saudi-Arabien gestiegen. Energieminister Abdulaziz bin Salman hatte Investoren gewarnt, auf fallende Ölpreise zu setzen. Spekulanten hätten sich schon einmal die Finger verbrannt, als einige Opec-Länder vor wenigen Wochen überraschende Produktionskürzungen verkündeten.