Börsenprofi Robert Halver erklärt Darum wird Öl vorläufig nicht teurer werden

Von Robert Halver

Euro-Geldpolitik - keine Lösung für die Konjunktur

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Das beispiellose Anleiheaufkaufprogramm der EZB und die mit ihm verbundene Rendite- und Kreditzinsdrückung ist bislang nicht von konjunkturellem Erfolg gekrönt. Das Kreditwachstum in der Eurozone bleibt erbärmlich. Und so mehren sich die Stimmen, die Notenbank möge ihr Kaufprogramm auf Aktien ausdehnen. Damit verbundene Kursgewinne sollen Unternehmen über Kapitalerhöhungen zu mehr Investitionen animieren.

Robert Halver

Robert Halver ist Leiter der Kapitalmarkt-analyse der Baader Bank AG und bekannt durch regelmäßige Medienauftritte und als Kolumnist. Mit Wertpapieranalyse beschäftigt er sich seit über 20 Jahren.

Mit Käufen Euro-fremder Aktien könnte die EZB sogar eine exportfreundliche Euro-Abwertung betreiben. Was für eine Schnapsidee!

Zunächst würde die Planwirtschaft nach dem Anleihe- auch noch den Aktienmarkt mit all seinen Fehlentwicklungen heimsuchen. Klar ist aber auch, dass dieser neue geldpolitische Tabubruch die Konjunktur nicht beleben wird. Denn die Eurozone leidet nicht unter geldpolitischer Unterversorgung, wir haben kein Angebots-, sondern ein Nachfrageproblem. Unsere schwache Euro-Konjunktur liegt eindeutig an mangelnder Wettbewerbsfähigkeit der Euro-Staaten, die kein investitionsfreundliches Klima schafft. Politiker sollten nicht auf das Wirtschaftsproblem schauen, sie sind selbst das Problem.

Deutsche Aktien - mehr Liquiditäts- als Fundamentalhausse

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Die deutsche (Export-)Industrie zeigt sich wegen der Gefahr einer radikalen Reindustrialisierung Großbritanniens nach Brexit zur Wiedergewinnung wirtschaftlicher Stärke bei gleichzeitiger Reformzurückhaltung Deutschlands besorgt. Sich auf den Lorbeeren der aktuell sicherlich noch guten deutschen Industriekultur auszuruhen, ist sicherlich fatal.

Deutschland muss mehr sein, als der Einäugige unter den wirtschaftlich Blinden in der Eurozone. Europameister reicht nicht, Weltmeister müssen wir sein, denn in Amerika und Asien sitzt die eigentliche Industriekonkurrenz. Aktuell finden diese strukturellen Einschätzungen an den Aktienmärkten jedoch noch kaum Beachtung: Fundamentaldaten sind bei der Aktienentwicklung gegenüber dem geldpolitischen Rettungsversprechen der EZB als "Killerargument" deutlich in den Hintergrund getreten.

Durch den Ausfall des Zinsvermögens als attraktive Alternativanlageklasse ergibt sich ein massiver Anlagenotstand, der durch Aktienengagements befriedigt werden muss. Daher steht der Dax am Jahresende bei 11.300 Punkten.

US-Zinsen - der Wunsch der Fed nach Normalisierung

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Das Verwirrspiel der Fed geht auch nach dem Treffen der Notenbanker im amerikanischen Jackson Hole weiter. Dort sprach US-Notenbankpräsidentin Yellen von zunehmenden Argumenten für eine Zinserhöhung. Substanz hat diese Aussage aber nicht, wurde sie doch schon häufig vernommen und dann zurückgenommen.

Oft genug haben sich nämlich zinserhöhungsrelevante starke Konjunkturdaten durch schwache anschließend wieder in Luft aufgelöst. Mit dieser wechselstromartigen Zinsrhetorik ist die Fed nicht mehr der ruhende Pol an den Finanzmärkten, sondern ein chronischer Unsicherheitsfaktor. Angesichts eines völlig überbewerteten Anleihemarkts - die größte Anlageblase aller Zeiten - stellt sich ohnehin die Frage, inwieweit Zinserhöhungen verkraftbar sind.

Im Extremfall verursachen sie ein Bersten der Blase, was - wie 2008 bei der Immobilienblase - schwerste realwirtschaftliche Kollateralschäden nach sich zieht. Und über die anschließende Risikoaversion würden auch die umfangreichen Wertpapierkredite abgebaut, die nicht nur den US-Aktienmarkt schwächten.

Schwellenländer-Aktien - Krise überwunden

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Die schlechte Stimmung gegenüber Aktien der Schwellenländer seit Mitte 2015 hat sich spürbar aufgehellt. Fiskal- und geldpolitische Stimulierungsmaßnahmen insbesondere in China haben die Wende zum Besseren ebenso begünstigt wie der große Anlagebedarf infolge international unattraktiver Zinsmärkte.

Die Emerging Markets profitieren nicht zuletzt von der politischen Unsicherheit in Europa, die sich durch den Brexit, eine zunehmende Stärke EU-kritischer Parteien auch in großen Euro-Staaten und eine Bankenkrise in Italien äußert.

Nach knapp 30-prozentigen Kursgewinnen seit ihrem 6-Jahres-Tief im Januar - der MSCI Emerging Markets Index befindet sich klar im Bullenmarkt - steigt zwar das Risiko zwischenzeitlicher Kursrücksetzer durch Gewinnmitnahmen. Jedoch spricht die deutlich nachgelassene Volatilität für eine auch weiterhin geringe Risikoaversion.

Ölpreis - keine Steigerung in Sicht

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Die Erwartungen am Öl-Terminmarkt, dass es anlässlich des Treffens wichtiger Ölproduzenten Ende September in Algier zu einer Einigung auf Produktionsobergrenzen kommt, sind fundamental wenig gerechtfertigt. Denn der verbissene Preiskampf um Anteile am Rohölmarkt vor allem zwischen Saudi-Arabien und dem Iran geht unvermindert weiter. Der Iran will seine bereits am Förderlimit liegende Produktion zum Zwecke der Finanzierung der Reindustrialisierung deutlich ausweiten. Auch Russland ist dringend auf Öleinnahmen angewiesen.

Obwohl die Internationale Energieagentur von einer robusteren Ölnachfrage ausgeht, ist insgesamt eine nachhaltige Ölpreissteigerung unwahrscheinlich. Preisliche Abwärtsrisiken ergeben sich zusätzlich aus der Tatsache, dass bei Preisen um 50 US-Dollar immer mehr US-Fracking-Unternehmen ihre Gewinnschwelle erreichen und geschlossene Bohrlöcher wieder in Betrieb nehmen. Insgesamt ist das Aufwärtspotenzial beim Ölpreis bei 50 US-Dollar begrenzt.

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