Start-up von BMW-i3-Veteran Ulrich Kranz
Elektroauto-Neuerfinder Canoo fusioniert sich an die Börse
Mit einem Trick bringt Ex-BMW-Manager Ulrich Krause sein US-Start-up Canoo an die Börse. Die Firma will ein ganz neues Geschäftsmodell für Elektroautos etablieren.
Der von einem langjährigen BMW-Manager geführte Elektroauto-Entwickler Canoo will an die Börse. Die Firma aus Los Angeles nimmt dabei eine Abkürzung, die bei Start-ups der Branche zuletzt populär geworden ist: Canoo schließt sich mit einer Firma zusammen, die bereits an der Börse notiert ist. Die Hennessy Capital Acquisition Corp. IV ist eines der Unternehmen, die speziell für diesen Zweck gegründet und an die Börse gebracht wurden.
Das fusionierte Unternehmen werde mit rund 2,4 Milliarden Dollar bewertet, teilte Canoo mit. Man könne einen Bruttoerlös von 600 Millionen Dollar einnehmen. Die Hälfte davon komme aus einem deutlich überzeichneten und daher aufgestockten, privaten Aktienangebot an Investoren wie Blackrock. Damit solle die Produktion und Entwicklung der bereits vorgestellten Elektrovans finanziert werden. Ihr Marktstart sei für 2022 vorgesehen.
Ein ähnliches Modell für den Gang an die Börse wählten jüngst auch der Konkurrent Fisker und die Firma Nikola, die an Trucks mit Elektro- und Brennstoffzellen-Antrieben arbeitet.
Der Plan von Canoo ist, auf Basis einer einheitlichen technischen Plattform Autos, Kleinbusse und Nutzfahrzeuge anzubieten - und zwar in einem Abomodell. Erste Fahrzeuge sollen 2022 auf den Markt kommen. Im Zuge des Deals sollen 300 Millionen Dollar bei Investoren eingesammelt werden, wie Canoo am Dienstag ankündigte.
Foto: Jack Schroeder/Canoo
Fotostrecke
Elektro-Van von Canoo in Bildern: Dieses Auto soll uns in die "Post-SUV-Ära" bringen
Chef und Mitgründer der Firma ist Ulrich Kranz (62), der bei BMW seinerzeit unter anderem für die Entwicklung des Elektromodells i3 zuständig war.
Zuvor hatten zwei weitere Veteranen der deutschen Autoindustrie das anfangs Evelozcity genannte Start-up geführt. Ex-BMW-Finanzchef Stefan Krause (57) zog sich im vergangenen Jahr aus familiären Gründen in den Aufsichtsrat zurück, nachdem sich der frühere Opel-Chef Karl-Thomas Neumann (59) anderen Projekten zugewendet hatte.
9 BilderElektro-Van von Canoo in Bildern: Dieses Auto soll uns in die "Post-SUV-Ära" bringen
1 / 9
Er bietet die höhere Sitzposition eines SUVs - bei den Außenmaßen eines Kompaktklasse-Modells: In Los Angeles hat das Start-Up Canoo nun einen ersten, laut Eigenangaben ziemlich seriennahen Prototypen eines Elektrotransporters präsentiert. 4,40 Meter lang ist der Wagen nur, im Inneren bietet er allerdings bis zu sieben Personen Sitzplätze. Technische Basis ...
Foto: Jack Schroeder/Canoo
2 / 9
... des Wagens ist eine Bodenplatte, auf der neben den Akkus auch noch die Antriebsmotoren sitzen. Auf diese "Skateboard"-Plattform packt Canoo Batterien mit einer Kapazität bis zu 95 kWh, genug für 400 Kilometer Reichweite. Der Topspeed des Fahrzeugs soll bei 200 km/h liegen, wichtiger ist allerdings ein weiteres technisches Detail: Auf eine mechanische Lenksäule verzichtet Canoo ...
Foto: Canoo
3 / 9
... zugunsten einer elektronischen "drive by wire"-Lenkung. Das macht die Platzierung des Fahrers flexibler, auf der Bodenplatte lassen sich so neben einem Minivan auch eine Limousinen-Bauweise realisieren - oder auch Pick-up-Autos, Lieferwagen oder sogar etwa Spezialfahrzeuge wie Mülltransporter mit Elektroantrieb. Starten will Canoo 2021 aber erstmal ...
Foto: Canoo
4 / 9
... mit einer Art Van-Karosserie. Es sei ein Fahrzeug für die "Post-SUV-Ära", warb Canoo-CEO Ulrich Kranz - mit dem Platzangebot eines Großraum-SUVs bei den Abmessungen eines Kompaktklasse-Autos. Hinterbänklern soll der Wagen ein "Lounge-Erlebnis" bieten - Canoo setzt also auf eine Art Minivan mit besonders angenehmen und durchdachten Rücksitzen, die richtig viel Fußfreiheit bieten. Der Wagen, so heißt es bei Canoo, sei für den urbanen Raum gedacht ...
Foto: Jack Schroeder/Canoo
5 / 9
... und wendet sich wohl an jüngere Zielgruppen. Denn Canoo will seine Fahrzeuge nicht klassisch verkaufen, sondern nur zur Miete anbieten - und zwar gegen eine Flatrate, die monatlich kündbar sein soll. Wie hoch der monatliche Preis ausfallen wird, will Canoo allerdings noch nicht verraten - er werde jedoch "durchaus attraktiv" sein, sagt CEO Kranz.
Foto: Jack Schroeder/Canoo
6 / 9
Innen wird das Fahrzeug, das sich wohl gut für Fahrer von Fahrdienstvermittlern eignet, in Maßen personalisierbar sein. An den Türen finden sich Metallplatten mit Löchern, in die sich etwa klassische Uhren oder eine Blumenvase einhängen lassen.
Foto: Jack Schroeder/Canoo
7 / 9
Bei stehendem Fahrzeug lässt sich an den Türen ein Hilfssitz herausklappen - einer spontanen Party steht so also nichts mehr im Weg.
Foto: Canoo
8 / 9
Die nun gezeigten Prototypen sollen bereits zu 90 Prozent der Serienversion entsprechen, hieß es bei Canoo - bequemes Lümmeln während der Fahrt gibt es also wohl serienmäßig. Gebaut werden soll der Wagen von Auftragsfertigern, ab 2021 sollen in den USA die ersten Fahrzeuge ausgeliefert werden.
Foto: Jack Schroeder/Canoo
9 / 9
Vorgehen will Canoo dabei Stadt für Stadt, nach den USA stehen Chinas Städte auf dem Programm. Um seine Pläne voranzubringen, muss Canoo aber erstmal weiteres Geld beschaffen - das 350 Mitarbeiter starke Start-up sei nun bereit für weitere institutionelle Investoren, hieß es nach der Präsentation der Fahrzeuge. Ob die ehrgeizigen Pläne aufgehen, wird sich also in den kommenden Monaten weisen.