Teure Dax-Treue Warum Anleger in die Ferne schweifen sollten

In die Ferne schweifen: Für Urlauber ein teurer Luxus, doch für Anleger ist der Sprung über nationale Grenzen Pflicht
Foto: DPAFür Dax-Anleger war es eine eher traurige Woche: Während der US-Leitindex Dow Jones über die Marke von 27.000 Punkten und damit auf ein Rekordhoch stürmte, warnten deutsche Unternehmen gleich in Serie vor sinkenden Gewinnen. Nach dem Chemieriesen BASF gaben die Maschinenbauer Krones und Aumann einen düsteren Ausblick auf das laufende Geschäft, und am Freitag düpierte der Autobauer Daimler seine Investoren mit einer weiteren Gewinnwarnung sowie einem Milliardenverlust im zweiten Quartal. Ob Autobauer, Zulieferer oder Maschinenbauer: Das Herz der deutschen Industrie hat Rhythmusstörungen. Deutschland ist für Investoren derzeit ein raues Pflaster.
Das alles wäre besser auszuhalten, wenn deutsche Anleger nicht so eine teure Verbundenheit zu deutschen Konzernen pflegen würden. Gekauft werden vor allem Aktien von heimischen Unternehmen, die man besser kennt oder zu kennen glaubt: Dieser home bias kostet Dax-Anleger Jahr für Jahr viel Geld.
Mehr als 50 Prozent deutsche Aktien in deutschen Depots - das ist teuer
Der Anteil deutscher Aktien in einem durchschnittlichen deutschen Anlegerdepot liegt nach Berechnungen der Deutschen Bank bei mehr als 50 Prozent. Das ist eine krasse Übergewichtung angesichts der Tatsache, dass deutsche Unternehmen derzeit nur rund 3 Prozent zur globalen Marktkapitalisierung beitragen. Im Vergleich zu US-Tech-Riesen wie Facebook , Apple , Amazon , Netflix , Google oder den asiatischen Riesen Alibaba oder Samsung sind deutsche Aktien derzeit Leichtgewichte.
Auch in der Wertentwicklung der vergangenen Jahre hinkt der deutsche Leitindex Dax weit hinter dem amerikanischen Index S&P 500 oder dem weltweiten Index MSCI World hinterher. Wer breit gestreut global investierte, hat auf Sicht von 5 oder auch 10 Jahren deutlich mehr Rendite erzielt als ein nationaler Investor.
Der Dax ist eine Wette auf den Konjunkturboom - und das ist sein Problem
Ein Problem ist die Größe und Zusammensetzung des Dax : Er besteht lediglich aus 30 Titeln und ist im Grunde eine Wette auf eine gut laufende globale Konjunktur. Autobauer wie Daimler , Volkswagen und BMW sind ebenso wie der Industriekonzern Siemens oder der Chemieriese BASF darauf angewiesen, dass die weltweite Nachfrage nach Autos und Industriegütern weiter steigt. Das bedeutet im Umkehrschluss: Kühlt sich die globale Konjunktur ab und lähmt ein Zollstreit den globalen Handel, dann gehört der Dax regelmäßig zu den größten Verlierern. Zudem ging die globale Technologie-Party mit rasant steigenden Bewertungen an Dax-Fans weitgehend vorbei.
Deutsche Anleger müssen deutsche Aktien deshalb nicht gänzlich meiden - denn auch die Konjunktur dürfte sich eines Tages wieder erholen, zum Beispiel durch Zinssenkungen der Notenbanken. Entscheidend ist aber die richtige Mischung im Depot: Und die bedeutet sicherlich nicht, einen Heimat-Anteil von 50 Prozent und mehr im Portfolio zu halten. Die Portfoliotheorie des US-Ökonomen Harry Markowitz ist fast 70 Jahre alt, aber weiterhin gültig: Sie besagt stark vereinfacht gesagt, dass man durch eine möglichst breite Streuung seiner Investments das Risiko mindern kann - ohne dass die Rendite darunter leiden muss.
Weltweite Streuung war noch nie so einfach - Markowitz würde sich freuen
Ein deutscher Daimler-Aktionär kann also die Verluste dieser Woche besser aushalten, wenn er zugleich Papiere wie Apple, Netflix oder Samsung im Depot hat. Vor allem US-Papiere wiesen in den vergangenen Wochen beeindruckende Gewinne aus und glichen die deutsche Schwäche im Depot mehr als aus.
Außerdem war es selten einfacher als heute, seine Aktienanlagen weltweit zu streuen. Statt in mehrere 100 weltweit verteilte Einzeltitel zu investieren und dabei Unsummen an Handelsgebühren zu bezahlen, reicht ein kostengünstiges ETF-Investment in einen weltweiten Index wie den MSCI World. Wer zusätzlich bestimmte Regionen wie die USA oder Asien stärken will, legt noch ein ETF auf den amerikanischen S&P 500 oder auf die Region Asien dazu - oder eben auch auf den deutschen Leitindex Dax. Wer bei der Geldanlage in die Ferne schweift und durch einen globalen Mix die heimatlichen Grenzen hinter sich lässt, ist kein heimatloser Geselle, sondern schlicht und einfach ein besserer Risiko-Manager, der in der Regel auch durch eine bessere Rendite belohnt wird.