Börse RWE bricht ein, Tech-Selloff in den USA

Die Wahl ist gelaufen, schwierige Koalitionsverhandlungen stehen bevor. Die Aktie der Lufthansa steigt auf ein 16-Jahres-Hoch. Bankentitel sowie RWE geben dagegen deutlich nach. An der Nasdaq geraten Technologietitel schwer unter Druck.
Händler an der Wall Street

Händler an der Wall Street

Foto: BRYAN R. SMITH/ AFP

Das Ergebnis der Bundestagswahl hat Anleger zum Wochenbeginn nicht aus der Ruhe gebracht. Die Parteien der Großen Koalition, CDU/CSU und SPD, erlitten bei der Wahl herbe Verluste. Im frühen Handel kletterte der Dax zeitweise um 0,3 Prozent, schloss dann aber auf Grund der schwächeren Wall Street praktisch unverändert bei 12.595 Zählern.

Wahlausgang drückt Bankentitel

Bankenaktien haben am Montag europaweit nachgegeben. Auch die Papiere der Deutschen Bank  und der Commerzbank  verloren jeweils mehr als 1 Prozent an Wert.

Beobachter wiesen darauf hin, dass der Ausgang der Bundestagswahl die Position Deutschlands in Europa schwächen und die von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron favorisierte Integration erschweren könnte. Auch könnten sich die Brexit-Verhandlungen verkomplizieren. Beide Aspekte seien tendenziell belastend für die Banken der Eurozone, hieß es im Handel.

Technologie-Selloff in den USA - Gewinnmitnahmen bei Tesla und Amazon

Auch die Wall Street ist am Montag zurückhaltend in den ersten Handelstag der Woche gestartet. Der Dow Jones  notierte am frühen Abend 0,2 Prozent schwächer. Bereits Ende vergangener Woche hatte die Nordkorea-Krise quasi für einen Kursstillstand gesorgt.

Der technologielastige Nasdaq 100 verlor dagegen mehr als 1 Prozent. Bei hoch bewerteten Tech-Titeln wie Tesla , Amazon , Priceline oder Apple  ging es zum Teil deutlich abwärts.

Die Bundestagswahl spielte im Grunde keine Rolle am US-Aktienmarkt. Allerdings hinterließ sie Spuren beim Eurokurs , der angesichts des für die Regierungsbildung schwierigen Wahlausgangs unter die Marke von 1,19 US-Dollar gefallen war. Der im Gegenzug stärkere Dollar drückte daher etwas auf die Stimmung am New Yorker Markt, denn die Einnahmen der US-Konzerne im Ausland können dadurch geschmälert werden.

In Deutschland hatten am Sonntag die Regierungsparteien aus Union und SPD hohe Verluste hinnehmen müssen. Die CDU blieb aber die stärkste Kraft

Euro gibt zum Dollar nach

Der Euro (Kurswerte anzeigen) hat unterdessen mit leichten Abgaben auf den Wahlausgang reagiert und handelte zuletzt mit 1,1928 US-Dollar.

"Die FDP hatte vor der Wahl einige der von Macron vorgeschlagenen Vertiefungen der Währungsintegration strikt abgelehnt", hieß es hierzu von der Landesbank Baden-Württemberg. Das Wahlergebnis könne also zum Bremsfaktor werden. Die Märkte hätten ursprünglich erwartet, dass die Bundestagswahl die Weichen für eine enge Partnerschaft zwischen Merkel und Macron stellen und damit weiterhin eine Stütze für den Euro sein würde, merkte Paul Hatfield von der Bank of New York Mellon an. Diese Hoffnung wurde enttäuscht.

Lufthansa legt zu- Lieblingskäufer für Air Berlin

Stärkster Wert im Dax war am Morgen die Aktie der Lufthansa (Kurswerte anzeigen), die um knapp 2 Prozent auf ein 16-Jahres-Hoch stieg. Air Berlin  teilte am Montag nach einer Aufsichtsratssitzung mit, dass man weiter vorhabe, die insolvente Fluggesellschaft an Lufthansa  oder an Easyjet zu verkaufen.

Citigroup stützt Merck-Aktie

Die US-Bank Citigroup hat die Einstufung für Merck KGaA  auf "Buy" mit einem Kursziel von 123 Euro belassen. Sinkende Marktanteile bei Flüssigkristallen und Wechselkurse belasteten den Chemie- und Pharmakonzern kurzfristig, schrieb Analyst Peter Verdult in einer Studie vom Montag. Dem stünden jedoch Wertsteigerungen im Pharmageschäft im weiteren Jahresverlauf dank der Markteinführung neuer Produkte entgegen

Mögliche Jamaika-Koalition macht RWE-Aktionäre nervös

Spekulationen auf eine Regierungsbeteiligung der Grünen machen Anleger von RWE  am Montag nervös. Die Aktien des Energiekonzerns brachen zeitweise um mehr als 5 Prozent auf ein Sechs-Wochen-Tief ein und waren mit Abstand der größte Verlierer im deutschen Leitindex Dax  .

"Eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen ist wahrscheinlich und da ist mit Blick auf die Energiepolitik die Positionierung der Parteien sehr unterschiedlich", sagte ein Händler. "Vor allem RWE mit seinen Kohlekraftwerken ist davon betroffen." In der Vorwoche hatten noch Verkaufsgerüchte um die die RWE-Tochter Innogy die Aktie gestützt, da auch Eon den Anteil an seiner Tochter Uniper voraussichtlich verkaufen wird.

"Merkel wird nicht mehr als das Bollwerk gegen Populismus gesehen"

"Für das stabilitätsorientierte Deutschland ist es ein schlechtes Zeichen, dass sich fast jeder siebte Wähler für die AfD entschieden hat und mehr als jeder vierte radikal wählt", kommentierte Martin Moryson, Chefvolkswirt bei Sal. Oppenheim, das starke Abschneiden der AfD. "Deutschland erschien immer noch als Fels in der Brandung des Populismus. Dieser Fels hat nun deutliche Risse bekommen." Das sehr starke Abschneiden der AfD schwäche außerdem Merkels Position, weil sich der rechte Flügel in der CDU mit seiner Kritik an der Bundeskanzlerin bestärkt sehen dürfte, ergänzte Moryson. "Zudem wird auch Merkel nicht mehr als das Bollwerk gegen Populismus gesehen."

Unabhängig von der Zusammensetzung der neuen Regierungskoalition werden jedoch mit Angela Merkel und Wolfgang Schäuble "auf jeden Fall zwei erfahrene Hauptakteure aus der Eurokrise auch der neuen Regierung angehören", wie Thomas Altmann von QC Partners ergänzte. Diese Konstanz sollte die europäischen Partner ein Stück weit beruhigen, schrieb der Portfoliomanager in einem Kommentar.

Leidet die Achse Paris-Berlin?

Paut Hatfield von der Bank of New York Mellon macht sich Sorgen um den hohen Stimmenanteil der AfD, dieser habe für "Bestürzung" gesorgt. Kurzfristig dürfte dies die Märkte zwar nicht belasten; längerfristig könne sich der Erfolg der Rechtspopulisten jedoch belastend auf die enge Partnerschaft zwischen Deutschland und Frankreich auswirken - möglicherweise zum Nachteil der europäischen Aktienmärkte, die nach dem Wahlsieg Emmanuel Macrons auf die Stärke eben dieser Achse gesetzt hätten.

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