Börsenschluss Ben Bernanke lässt Dax hochschießen

Fed-Präsident Bernanke: "Expansive Geldpolitik ist, was die US-Wirtschaft braucht"
Foto: J. Scott Applewhite/ APFrankfurt am Main - Spekulationen auf eine doch länger anhaltende US-Geldschwemme haben dem Dax am Donnerstag Auftrieb gegeben. Federal-Reserve-Chef Ben Bernanke sorgte mit der erneuten Zusicherung "sehr expansiver Geldpolitik für absehbare Zeit" bei den Anlegern für weiter gute Laune. Bis zum Handelsschluss kletterte der deutsche Leitindex um 1,14 Prozent auf 8158,80 Punkte. Auf Wochensicht liegt er damit bislang rund viereinhalb Prozent im Plus. Der MDax (Kurswerte anzeigen) stieg am Donnerstag um 0,44 Prozent auf 14.000,52 Punkte. Für den TecDax ging es um 1,55 Prozent auf 986,72 Punkte nach oben.
Ähnlich das Bild an den anderen größeren Börsen in der Welt. Der EuroStoxx 50 stieg um 0,8 Prozent auf 2682 Punkte. Die asiatischen Börsen hatten ebenfalls deutlich im Plus geschlossen. Der amerikanische Dow-Jones-Industrial-Index legte zum europäischen Handelsschluss 0,9 Prozent zu.
US-Notenbankchef Ben Bernanke hatte in einer Rede betont, dass die an den Finanzmärkten ab Herbst erwartete schrittweise geldpolitische Straffung in den USA keineswegs ausgemacht sei. Er versprach "sehr expansive Geldpolitik für absehbare Zeit". Dass die US-Wirtschaft Hilfe benötigt, zeigten neue Konjunkturdaten am Nachmittag. Die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stieg überraschend gegenüber der Vorwoche um 16.000 auf 360.000. Die Einfuhrpreise fielen um 0,2 Prozent gegenüber dem Vormonat, als sie bereits 0,7 Prozent nachgegeben hatten. Volkswirte hatten mit einer Stagnation gerechnet.
"Für die Aktienmärkte bietet die aktuelle Lage das Beste aus zwei Welten", sagte Analyst Nick Beecroft von der Saxo Bank. "Die Wirtschaft entwickelt sich gut genug, um Zuversicht für die zukünftigen Unternehmensgewinne zu schüren, aber nicht zu gut, um die Fed zu einer Aufgabe ihrer lockeren Geldpolitik zu bewegen."
Zyklische Titel an der Spitze, defensive hinken hinterher
Besonders gefragt waren sehr konjunkturabhängige Unternehmen. Mehr als 4,5 Prozent legten die Aktien von Lanxess zu, die von HeidelbergCement und ThyssenKrupp stiegen um 2,5 Prozent. Der Ruhr-Konzern profitierte zudem von Berichten, ein Einstieg der RAG-Kohlestiftung könnte die nötige Kapitalerhöhung erleichtern. Nur leichte Gewinne oder Verluste verzeichneten dagegen als eher defensiv geltende Werte wie der Konsumgüterhersteller Henkel , Pharmakonzern Merck oder die Lufthansa . Im Dax gab es mit den Aktien des Automobilzulieferers Continental (Kurswerte anzeigen) mit minus 0,09 Prozent nur einen Verlierer.
Südzucker-Aktienkurs schwankt auf und ab
Im MDax drehten Aktien von Südzucker (Kurswerte anzeigen) eine Achterbahnfahrt. Zunächst lagen sie mit bis zu plus 5 Prozent an die Spitze des Indexes. ,Letztlich verloren sie 1,90 Prozent auf 24,475 Euro. Der Zuckerproduzent hatte einen Gewinnrückgang gemeldet. Metallunternehmen wie Aurubis , Salzgitter und Klöckner & Co. gewannen 2 bis 5 Prozent an Wert.
Praktiker-Aktien brechen nach Gläubigerveto ein
Im Kleinwerte-Index SDax brachen die Anteilsscheine von Praktiker dagegen um bis zu 72 Prozent auf 10 Cent ein. Die Baumarktkette ist insolvent, nachdem Verhandlungen mit den Gläubigern über weitere Mittel für die Sanierung gescheitert sind.
Annington-Aktien starten über Ausgabepreis
Bei ihrer Börsenpremiere sind die Aktien des Wohnungskonzerns Deutsche Annington (Kurswerte anzeigen) deutlich über ihrem Ausgabepreis gestartet. Der erste Kurs am Donnerstag lag bei 17,10 Euro. Der im zweiten Anlauf reduzierte Ausgabepreis betrug 16,50 Euro; Das Marktbarometer CDax schloss 1,06 Prozent höher. Nach dem Scheitern des ersten Börsengangversuchs hatte der Eigentümer Terra Firma seine ursprünglichen Preisvorstellungen aufgeben müssen.
Euro steigt auf Drei-Wochen-Hoch
Der Euro (Kurswerte anzeigen) hat am Donnerstag zumindest zeitweise einen Steilflug wie selten zuvor hingelegt. Nach Äußerungen von US-Notenbankchef Ben Bernanke in der Nacht zum Donnerstag stieg die Gemeinschaftswährung innerhalb weniger Minuten um drei Cent auf bis zu 1,32 US-Dollar. Bis zum Donnerstagnachmittag gab der Euro einen Teil der Gewinne ab, stand mit 1,3060 Dollar aber immer noch klar im Plus. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs gegen Mittag auf 1,3044 (Mittwoch: 1,2813) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete damit 0,7666 (0,7805) Euro.
Die Kurse deutscher Staatsanleihen haben am Donnerstag nach Hinweise auf eine weiter lockere Geldpolitik in den USA zugelegt. Außerdem enttäuschte eine Versteigerung von langlaufenden Staatsanleihen in Italien. Der für die deutschen Staatspapiere richtungweisende Euro-Bund-Future stieg am späten Nachmittag um 0,22 Prozent auf 142,89 Punkte. Die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen fiel im Gegenzug auf 1,62 Prozent.
Italien konnte mit langlaufenden Staatsanleihen weniger Kapital an Land ziehen als geplant. Mit einer Platzierung dreier Schuldtitel nahm das rezessionsgeplagte Euro-Land insgesamt 6,35 Milliarden Euro auf, wie aus Zahlen der italienischen Notenbank hervorgeht. Die Mittelaufnahme blieb damit gut 150 Millionen Euro hinter dem Platzierungsziel zurück. Die zu zahlenden Renditen stiegen im Vergleich zu früheren Auktionen überwiegend an. Der Zins für Papiere mit 30-jähriger Laufzeit stieg von 4,99 auf 5,19 Prozent.
Lücke zwischen Nordsee- und US-Ölpreis schließt sich
Die Ölpreise entwickelten sich unterschiedlich. Die amerikanische Sorte West Texas Intermediate (WTI) verteuerte sich. Der WTI-Preis hatte zur Wochenmitte bereits von einem weiteren Rückgang der Ölreserven in den USA profitiert. Sinkende Bestände deuten auf eine steigende Nachfrage hin - die von einer weiterhin lockeren Geldpolitik zusätzlich befeuert werden könnte. Die Nordseesorte Brent wurde hingegen mit leichten Abschlägen gehandelt.
Ein Fass (159 Liter) WTI zur Lieferung im August kostete am Morgen 106,69 US-Dollar. Das waren 17 Cent mehr als am Mittwochabend. Der Preis für ein Fass Brent fiel um acht Cent auf 108,43 Dollar. Damit schließt sich die vor zwei Jahren aufgegangene Lücke zwischen den beiden Notierungen, die im Februar noch mehr als 20 Dollar betragen hatte, zusehends. Der Preisunterschied zwischen Brent und WTI ist erstmals wieder kleiner als zwei Dollar.
Edelmetallpreise ziehen an
Edelmetalle als Inflationsschutz waren wieder gefragt. Gold verteuerte sich um 2,7 Prozent auf 1298 Dollar je Feinunze, in Euro gerechnet um 1,5 Prozent auf 986 Euro. Der US-Goldfuture stieg sogar um 3,9 Prozent auf 1296,50 Dollar. Nomura-Analystin Amber MacKinnon zufolge werde der Preis kurzfristig auf bis zu 1400 Dollar steigen, um dann auf das aktuelle Niveau zurückzufallen. Silber legte in der Spitze knapp 5 Prozent auf 20,26 Dollar zu. Platin- und Palladiumpreise zogen um jeweils mehr als 2 Prozent an.