Börse Dax legt nach EZB-Zinserhöhung kräftig zu

Nach der Entscheidung der EZB, den Leitzins um 0,5 Prozentpunkte zu erhöhen, rutschte der Dax zunächst ins Minus, erholte sich jedoch und schloss mit einem deutlichen Kurssprung. Auch US-Aktien liegen mehrheitlich in der Gewinnzone.
Hilfspaket für Credit Suisse beschäftigt Märkte weltweit: Der Dax macht Boden gut

Hilfspaket für Credit Suisse beschäftigt Märkte weltweit: Der Dax macht Boden gut

Foto: JUSTIN LANE / EPA

Der deutsche Aktienmarkt hat am Donnerstag nach dem nächsten großen Zinsschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) deutlich zugelegt. Zunächst machte die Erhöhung die Anleger nervös und ließ den Dax  ins Minus drehen. Die Hoffnung auf eine künftig weniger rigide Geldpolitik trieb den Leitindex aber letztlich 1,57 Prozent höher auf 14.967 Punkte, womit er zumindest einen Teil seiner deutlichen Vortagesverluste wieder wettmachen konnte. Für den MDax ging es um 0,94 Prozent auf 27.044 Punkte nach oben, der EuroStoxx 50 legte sogar 2,0 Prozent auf 4117 Zähler zu.

Die EZB hob trotz der jüngsten Turbulenzen im Bankensystem die Schlüsselsätze um einen halben Prozentpunkt an. Der an den Finanzmärkten richtungsweisende Einlagensatz, den Geldhäuser für das Parken überschüssiger Gelder von der Notenbank erhalten, steigt dadurch von 2,50 auf 3,00 Prozent. "Das drückt berechtigtes Vertrauen in die Solidität des europäischen Bankensystems aus", sagte Ulrich Kater, Chefökonom der Dekabank. "Trotzdem müssen Notenbanken und Aufsicht auch in Europa Gewehr bei Fuß stehen, um im Einzelfall schnell stabilisieren zu können. Wirtschaft und Finanzsystem müssen von einer Dekade Nullzinsen entwöhnt werden."

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Bank- und Immobilienaktien verlieren

Die Banken standen am Markt erneut besonders im Fokus. Ein milliardenschweres Hilfspaket der Schweizer Notenbank für die angeschlagene Credit Suisse stützte den gesamten Sektor. Zudem betonte die EZB, dass die Kapital- und Liquiditätspositionen der Banken des Euroraums solide seien. Hierzulande reduzierte die Commerzbank ihre Erholungsgewinne nach dem EZB-Zinsentscheid auf ein Plus von 0,3 Prozent, die Deutsche Bank gab sogar 1,3 Prozent nach.

Abseits der Banken trotzte Siemens Energy mit einem Plus von 5,1 Prozent dem prinzipiell belastenden Effekt einer milliardenschweren Kapitalerhöhung zur Finanzierung der Komplettübernahme der Windkrafttochter Siemens Gamesa und setzte sich an die Dax-Spitze. Der Markt sei auf den Schritt bereits gut vorbereitet gewesen, hieß es von Börsianern.

Bei Grand City Properties kam dagegen der Verzicht auf eine Dividende nicht gut bei den Anlegern an. Die Aktien rutschten als Schlusslicht im Nebenwerte-Index SDax um 6,8 Prozent auf ein Tief seit Februar 2014. Noch etwas deutlicher um 10,2 Prozent fielen in diesem Sog die Anteile von Mutterkonzern Aroundtown im MDax. Am Dax-Ende ging es für Vonovia um 4,4 Prozent bergab. Europas größter Wohnungsvermieter schlug am Abend nach Börsenschluss die Kürzung der Dividende vor und veröffentlichte Zahlen. TAG Immobilien verloren zudem nach einem vorsichtigen Ausblick 4,5 Prozent.

US-Aktien deutlich im Plus

Auch die US-Börsen haben am Donnerstag deutliche Gewinne verzeichnet. Sie profitierten von zunehmenden Hoffnungen auf eine weniger rigide Geldpolitik und positiven Nachrichten aus dem Bankensektor, dies- wie jenseits des Atlantiks. Der Leitindex Dow Jones Industrial zog nach anfänglichen Verlusten an und stieg zuletzt um 0,8 Prozent auf 32.137 Punkte. Noch stärker präsentierten sich die anderen Indizes: Der S&P 500 gewann 1,3 Prozent auf 3943 Punkte und der Nasdaq 100  legte um 2,1 Prozent auf 12.513 Zähler zu.

Die EZB hob den Leitzins zwar wie erwartet um 0,5 Prozentpunkte an. Analyst Ulrich Wortberg von der Landesbank Helaba verwies indes darauf, dass die EZB sich in ihrem begleitenden Statement nicht auf weitere Erhöhungen festgelegt habe. "Alles in allem hat es den Anschein, dass die Währungshüter sich eher in Zurückhaltung üben könnten und das Zinstempo reduzieren." Darauf hoffen auch die Marktteilnehmer in den USA, wenn in der kommenden Woche der Zinsentscheid der US-Notenbank Fed ansteht.

Im Bankensektor stützte die Nachricht, dass die Schweizer Notenbank der angeschlagenen Großbank Credit Suisse mit einer milliardenschweren Kreditlinie unter die Arme greift. Zudem berichtete das "Wall Street Journal" am Donnerstag unter Berufung auf Insider, dass mehrere große Banken in den Vereinigten Staaten – unter ihnen JPMorgan und Morgan Stanley – der unter Druck geratenen US-Bank First Republic beispringen könnten. Mögliche Optionen, die derzeit diskutiert würden, beinhalteten auch eine beträchtliche Kapitalspritze, um das Institut zu stützen.

Die zuletzt gebeutelten Aktien von First Republic honorierten die Nachricht mit einem Kursplus von rund 6 Prozent. Die Aktien der Branchengrößen JPMorgan und Goldman Sachs aus dem Dow sowie Bank of America, Citigroup, Morgan Stanley und Wells Fargo legten ebenfalls zu.

Abseits des Finanzsektors konnten sich die Anteilseigner von Snap und Meta über Aufschläge von knapp 7 und 0,5 Prozent freuen. Die Aktien des Unternehmens hinter der populären Foto-App Snapchat und der Facebook-Mutter profitierten von Medienberichten, wonach die US-Regierung bei der populären Video-App Tiktok erneut einen Eigentümerwechsel anstrebt. Sie fordere, dass chinesische Anteilseigner aussteigen sollten. Als Begründung wurden Sorgen um die nationale Sicherheit angeführt. Nach der EU-Kommission verbot am Donnerstag auch die britische Regierung die App auf Dienst-Handys.

Die Titel von Adobe verteuerten sich um 5,7 Prozent, nachdem das Softwareunternehmen Jahreszahlen vorgelegt und einen optimistischen Umsatzausblick gegeben hatte.

Schwankungen bei asiatischen Banken

Die Börsen in Asien hatten die Vortagsturbulenzen in Europa noch ein Stück weit nachvollzogen – vor allem im Bankensektor. Der japanische Nikkei 225 gab um 0,8 Prozent nach. Die Schwankungen bei den japanischen Banken führten dazu, dass der Nikkei erstmals seit dem 23. Januar unter die Marke von 27.000 Punkten fiel, da Investoren einen Domino-Effekt nach dem Zusammenbruch der Silicon Valley Bank und der Probleme bei der Credit Suisse befürchteten.

Der Hongkonger Hang-Seng-Index verlor zuletzt 1,5 Prozent. Der CSI-Index mit den 300 wichtigsten Werten der Börsen Shanghai und Shenzhen gab um 0,8 Prozent nach.

Bitcoin steigt leicht

Die Digitalwährung Bitcoin konnte in dieser Woche um mehr als zehn Prozent zulegen und notierte zuletzt bei 24.682 US-Dollar. Im November 2022 war die Währung unter dem Eindruck des Zusammenbruchs der Kryptobörse FTX von über 21.000 US-Dollar auf rund 16.000 US-Dollar eingebrochen. Ein Jahr zuvor erreichte der Bitcoin noch ein Rekordhoch von 69.000 US-Dollar.

Bitcoin

Ölpreise legen zu

Die Ölpreise haben sich am Donnerstag nach dem Einbruch am Vortag nur leicht erholt. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent  zur Lieferung im Mai kostete am späten Nachmittag 73,95 US-Dollar. Das waren 23 Cent mehr als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur April-Lieferung stieg um 19 Cent auf 67,83 Dollar.

Nach der Leitzinserhöhung der Europäischen Zentralbank gerieten die Ölpreise zeitweise unter Druck. Die EZB hat sich zunächst nicht von den Finanzmarktturbulenzen verunsichern lassen. Steigende Zinsen belasten tendenziell die Konjunktur und damit auch die Nachfrage nach Rohöl. Die Ölpreise erholten sich jedoch rasch von zwischenzeitlichen Verlusten.

Mit Nachrichtenagenturen
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