Kursrutsch an der Börse Bankenbeben lässt Dax stürzen

Kursrutsch an der Frankfurter Börse: Der Dax taucht ab, Bankentitel knicken ein
Foto: Boris Roessler / dpaErneuter Kursrutsch im Dax: Der Absturz der Schweizer Großbank Credit Suisse hat Europas Börsen erneut auf Talfahrt geschickt. Anleger warfen vor allem Bank-Aktien aus ihren Depots. Nach der jüngsten Erholung rutschte der Dax am Mittwoch in der Spitze um 3,5 Prozent auf 14.702 Punkte ab. Der EuroStoxx50 büßte bis zu 3,9 Prozent auf 4018 Zähler ein. Am Abend startete der Dax jedoch einen zaghaften Erholungsversuch und kletterte wieder über die Marke von 14.800 Punkten, da auch Dow Jones und Nasdaq in den USA ihre Verluste eingrenzen konnten.
Im Xetra-Handel (Handelsschluss 17.30 Uhr) hatte der Dax noch um 3,3 Prozent tiefer geschlossen. Für den MDax der mittelgroßen Werte ging es um 3,56 Prozent auf 26.790 Punkte abwärts. Die Märkte seien durch die Schlagzeilen der Credit Suisse verängstigt, sagte Richard McGuire, Zinsstratege bei der Rabobank.
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Die wichtigsten US-Indizes eröffneten den Handel ebenfalls mit Verlusten: Der Leitindex Dow Jones und der marktbreitere S&P 500 notierten zum Handelsschluss in Europa 2,0 und 1,76 Prozent leichter. Der Technologieindex Nasdaq 100 hielt sich mit einem Verlust von knapp 1 Prozent noch vergleichsweise wacker. Im späten Handel konnte der Dow Jones seine Verluste jedoch auf 1,3 Prozent begrenzen, was auch den Dax ein wenig stützte.
Die Ankündigung des Credit Suisse Großaktionärs Saudi National Bank, aus aufsichtsrechtlichen Gründen keine frischen Mittel in die Credit Suisse einschießen zu können, beschleunigte den dramatischen Kursverfall bei dem krisengeplagten Schweizer Institut. Die Titel rauschten um mehr als 30 Prozent auf ein Rekordtief von 1,55 Franken ab. "Die Anleger sind der Meinung, dass diese Bank gerettet werden muss", wertete Joost Beaumont, Leiter des Banken-Research bei der niederländischen Bank ABN Amro, den Kurssturz gegenüber dem "Wall Street Journal ". "Wenn die Aufsichtsbehörden die Situation der Credit Suisse nicht gut handhaben, wird dies Schockwellen durch den gesamten Sektor schicken", sagte er.
Der gesamte europäische Bankensektor verbuchte schwere Verluste. Neben der Krise der Credit Suisse sorgen auch die Probleme der Regionalbanken in den USA für zusätzliche Unruhe.
Deutsche Bank und Commerzbank verlieren deutlich
Mit einem Minus rund 9 Prozent auf 9,49 Euro zählte die Aktie der Commerzbank mit jener der Deutschen Bank, , die 9,30 Prozent auf rund 9,60 Euro verloren, zu den schwächsten Werten im Dax. Auch in Frankreich, Spanien und Italien trennten sich die Anleger massenweise von Bankaktien. Knapp 12 Prozent nach unten ging es in London auch für Prudential. Der auf Asien fokussierte Versicherer konnte zwar den Betriebsgewinn steigern. Finanzchef, James Turner, teilte unterdessen mit, dass der Konzern ein Engagement von einer Million Dollar bei der Silicon Valley Bank habe, was bei einem Gesamtschuldenbestand von 23 Milliarden Dollar "minimal" sei.
Flucht in sichere Häfen, Euro unter Druck
Angesichts der Unsicherheiten im Bankensektor flüchteten Anleger in sichere Häfen. Die Nachfrage nach Bundesanleihen mit zehnjähriger Laufzeit stieg sprunghaft an. Im Gegenzug sank die Rendite weiter auf 2,128 Prozent von 2,454 Prozent am Dienstag. Auch beim als sichere Anlage gesehenen Dollar griffen Investoren zu. Der Dollar-Index, der den Wert zu wichtigen Währungen misst, gewann bis zu 1,2 Prozent auf 104,96 Punkte.
Dagegen setzte der Credit-Suisse-Absturz und die Furcht vor den Folgen der SVB-Pleite auf Europas Banken den Euro unter Druck. Die Gemeinschaftswährung fiel um bis zu zwei Prozent auf 1,0520 Dollar. "Die Nachrichten der Credit Suisse richten an den Devisenmärkten den ganzen Schaden an, da die europäischen Bankaktien erneut unter die Räder kommen", sagte Simon Harvey, Devisen-Experte bei Monex. Der Ausverkauf der Bankaktien schüre nun wieder die Sorgen um die Finanzstabilität. Federn ließ auch das britische Pfund, das um bis zu ein Prozent auf 1,2040 Dollar nachgab. Der Schweizer Franken verlor 1,2 Prozent auf 0,9251 Dollar.
VW und BMW mit Verlusten
Auch viele Auto- und Zulieferer-Aktien notierten schwach. Für die Volkswagen-Vorzüge ging es um 4,27 Prozent bergab, der Konzern hatte das Margenziel für seine Kernmarke gesenkt. Die zuvor nach der Jahresbilanz noch gefragten BMW-Aktien konnten dem Abwärtssog ebenfalls nicht standhalten, sie verloren zuletzt ein Prozent. Zunächst hatte der Münchener Autobauer die Anleger noch mit einem höheren Margenziel und einer verbesserten Investitionsquote überzeugen können.
Der Einzelhandel musste ebenfalls Federn lassen, der europäische Retail-Sektor fiel um 4,4 Prozent. Schwache Zahlen bei den Modehändlern H&M und Inditex zogen auch die deutschen Sportartikelhändler mit nach unten. Adidas gab 4,6 Prozent nach, Puma verlor 2,7 Prozent.
Eon trotzt Abwärtssog, Lanxess verliert zweistellig
Positiver Ausreißer im Dax war zuletzt Eon mit einem Plus von noch 0,5 Prozent. Ein Händler erklärte, die endgültigen Zahlen des Energieversorgers seien noch besser ausgefallen als nach den Eckdaten erhofft. Er lobte vor allem den Ausblick: Die Ziele machten «einen starken Eindruck» und mit der geplanten Ausweitung des Investitionsprogramms liege der Konzern über den Erwartungen einiger Analysten.
Zweistellige Verluste von 11,3 Prozent mussten derweil die Aktionäre von Lanxess im MDax verkraften. Die Geschäftszahlen und Prognosen des Chemiekonzerns kamen schlecht an. Börsianer störten sich vor allem an verhaltenen Zielen für das Auftaktquartal und an der Entwicklung des freien Mittelflusses im Schlussquartal 2022.
Bitcoin nach Neun-Monats-Hoch mit Verlusten
Die Digitalwährung Bitcoin gibt nach der Erholung vom Vortag ebenfalls wieder nach und notierte zuletzt bei 24.180 US-Dollar - gegenüber dem Stand von vor 24 Stunden ist das ein Verlust von knapp 7 Prozent. Die Hoffnung auf kleinere Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed nach den US-Inflationsdaten gaben dem Bitcoin zuvor Auftrieb. Die wichtigste Kryptowährung kletterte am Dienstag zeitweise um 6,8 Prozent auf 25.885 Dollar und war damit so teuer wie seit Juni 2022 nicht mehr. Auch andere Cyberdevisen wie Ethereum und Ripple gewannen zwischen 2,8 und 5,4 Prozent.
Bitcoin
Im November 2022 war die Währung unter dem Eindruck des Zusammenbruchs der Kryptobörse FTX von über 21.000 US-Dollar auf rund 16.000 US-Dollar eingebrochen. Ein Jahr zuvor erreichte der Bitcoin noch ein Rekordhoch von 69.000 US-Dollar.
Ölpreise geraten stark unter Druck
Die Ölpreise sind am Mittwoch durch die erneuten Turbulenzen an den Finanzmärkten im Tagesverlauf immer stärker unter Druck geraten. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Mai kostete 72,210 US-Dollar. Das waren 4,83 Dollar oder 6,3 weniger als am Vortag. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur April-Lieferung fiel um 4,14 Dollar auf 67,19 Dollar. Damit sank der WTI-Preis erstmals seit Dezember 2021 unter die Marke von 70 Dollar.
Belastet wurden die Ölpreise durch die erneuten Turbulenzen an den Finanzmärkten. Diese wurden durch die angeschlagene Großbank Credit Suisse ausgelöst. Die Aktie der Bank brach an den Märkten ein, nachdem der Großaktionär Saudi National Bank weitere Hilfe ausgeschlossen hatte. In Europa gerieten die Aktienmärkte unter Druck. Darunter litten auch die Ölpreise. Die Nachfrage nach Rohöl könnte bei einer Konjunkturabschwächung leiden.
Belastet wurden die Ölpreise auch durch den deutlich gestiegenen Wechselkurs des Dollar. Der Dollar wird als sicherer Hafen gesucht. Da Rohöl in Dollar gehandelt wird, macht ein höherer Kurs Rohöl für Käufer in anderen Währungsräumen teurer. Dies dämpft die Nachfrage.
Die Rohöllagerbestände in den USA sind in der vergangenen Woche gestiegen. Der Anstieg hielt sich im Rahmen der Erwartungen. Am Ölmarkt spielten sie daher kaum eine Rolle.
Zu Handelsbeginn hatten die Ölpreise noch zugelegt. Konjunkturdaten aus China hatten den Ölpreisen Rückenwind gegeben. Die Wirtschaftstätigkeit in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt zeigte in den ersten beiden Monaten des Jahres weitere Anzeichen einer Belebung, unter anderem in der Ölraffination, auch wenn die Erholung insgesamt weiterhin unausgewogen ist.