Rückschlag für London Softbanks Chip-Perle Arm geht in New York an die Börse

Die britische Chipfirma Arm plant 2023 einen der attraktivsten Börsengänge seit Jahren. Die britische Regierung wollte unbedingt, dass er in London stattfindet. Vergeblich: Mit Softbank im Rücken entschied sich Arm jetzt für die Wall Street.
New York statt London: Softbank-Chef Masayoshi Son zog bei Arms Entscheidung für die Wall Street die Fäden

New York statt London: Softbank-Chef Masayoshi Son zog bei Arms Entscheidung für die Wall Street die Fäden

Foto: Neil Hall / REUTERS

Die Entscheidung ist gefallen: Die britische Chipdesignfirma Arm geht in New York an die Börse. Das im Besitz des US-Investors Softbank befindliche Unternehmen teilte am Freitag mit, ausschließlich ein US-Listing anzustreben – eine Entscheidung, die als herber Rückschlag für den Finanzplatz London sowie die britische Regierung gewertet werden kann. Beide hatten sich um einen Börsengang der Firma an der London Stock Exchange bemüht. Dort, so teilte Arm am Freitag mit, kommt nun bestenfalls ein späteres Zweit-Listing in Betracht.

Hintergrund: Arm war bereits 18 Jahre lang an der Londoner Börse notiert, bevor Softbank im Zuge eines 32-Milliarden-Dollar-Deals 2016 die Mehrheit übernahm und das Unternehmen dann von der Börse nahm. Seinerzeit handelte sich die britische Regierung bereits Kritik ein, weil sie nicht verhindert hatte, dass eine der wertvollsten Tech-Firmen des Landes in ausländische Hände fiel.

Seither hat London einiges unternommen, um Arm zurück an die heimische Börse zu holen. Mitte vergangenen Jahres setzte eine Regierungskrise in Großbritannien den Bemühungen allerdings ein vorläufiges Ende: Softbank-Chef Masayoshi Son erteilte London eine Absage für den Börsengang.

Doch damit war der Schlusspunkt noch nicht gesetzt: Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, gab es noch im vergangenen Monat ein Meeting zwischen Großbritanniens Premierminister Rishi Sunak und Arm-CEO Rene Haas, in dem es um den möglichen Börsengang ging. Dazu sei auch Softbank-Chef Son zugeschaltet gewesen, so die Agentur.

Überzeugen konnte der britische Premier die Verantwortlichen von Arm jedoch offenkundig erneut nicht. "Nach mehrmonatigen Verhandlungen mit der britischen Regierung und der Finanzaufsicht haben Softbank und Arm beschlossen, dass es das Beste für Arm und seine Anteilseigner ist, im Jahr 2023 ausschließlich ein US-Listing anzustreben", wird Arm-Chef Haas in einer Mitteilung des Unternehmens zitiert.

Eine bittere Entscheidung für Sunak und den gesamten Standort Großbritannien. Es sei "ein heftiger Schlag für die britische Tech-Branche", zitiert das "Wall Street Journal"  Russ Shaw, den Gründer von Tech London Advocates, eines Zusammenschlusses von Unternehmern, Fachleuten und Investoren der britischen IT-Szene. "Es ist eine enttäuschende Nachricht für die Londoner Börse und die Zukunft der britischen Chip-Industrie."

Arm gilt als Perle der britischen Tech-Industrie und eines der Schlüsselunternehmen der weltweiten Chipherstellung. Das Unternehmen designt die Prozessortechnologie, die in beinahe jedem Smartphone genutzt wird. Zu den Kunden zählen Hersteller wie Apple oder Qualcomm. Zudem ist Arm auch in Märkte jenseits der tragbaren Telefone vorgedrungen, etwa den Markt für PCs oder für Server in Datenzentren. Arms Umsatz stieg im jüngsten Quartal um 28 Prozent auf 746 Millionen Dollar.

Softbank hatte ursprünglich vor, Arm an den Konkurrenten Nvidia zu verkaufen. Der mögliche 80-Milliarden-Dollar-Deal scheiterte jedoch im vergangenen Jahr an Kartellbedenken.

Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg  rangeln sich nun bereits zahlreiche Investmentbanken um die Begleitung des anstehenden Börsengangs. Dabei würden Bewertungen des Unternehmens zwischen 30 und 60 Milliarden Dollar aufgerufen, heißt es. Softbank habe im vergangenen Jahr noch eine Bewertung von 60 Milliarden Dollar angestrebt, so Bloomberg.

Die weite Spanne der Bewertungen von Arm resultiert aus dem Spannungsfeld, in dem die Investmentbanker ihre Einschätzungen vornehmen: Einerseits befindet sich die weltweite Chip-Industrie in einer kritischen Phase mit stark schwankenden Unternehmenswerten und Aktienkursen. Auf der anderen Seite gilt es einen Kunden zu begeistern, der Begleitung sucht für einen der wohl attraktivsten Börsengänge seit Jahren.

cr/Reuters

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