Aktienkurse rund um den Globus auf Rekordjagd Vier Gründe, warum die Börsen weltweit abheben

Börse in Indonesien: Wie in Jakarta so befinden sich auch an zahlreichen anderen Aktienhandelsplätzen weltweit die Kurse auf Rekordniveau
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An den Aktienmärkten weltweit tut sich gerade Historisches: Wohl noch niemals in der Geschichte notierten die Aktienkurse in so vielen Ländern weltweit gleichzeitig auf so hohem Niveau. Ein Beleg dafür ist etwa der Index MSCI World, der die Kurse in 23 Ländern widerspiegelt und der in dieser Woche auf ein neues Rekordhoch stieg. In dem Börsenbarometer enthalten sind auch wichtige Handelsplätze wie jene in Deutschland oder den USA, die zurzeit ebenfalls auf bislang ungekannten Höhen notieren.
Auslöser des jüngsten Kursanstiegs war der Ausgang des ersten Wahlgangs zur Präsidentschaft in Frankreich, wo der gemäßigte Kandidat Emanuel Macron mit seiner Bewegung "En Marche!" am vergangenen Sonntag das beste Ergebnis erzielte und nun gute Aussichten zu haben scheint, seine rechtspopulistische Kontrahentin Marine Le Pen vom Front National in der Stichwahl zu besiegen.
Als Begründung für die Aktienhausse insgesamt kann dieses Ereignis allein allerdings nicht herhalten. Stattdessen gibt es eine Reihe weiterer Gründe, wie diese Übersicht zeigt:
Den Populisten geht die Puste aus

Die aufkommenden populistischen Kräfte in vielen europäischen Ländern sowie in den USA waren in den vergangenen Monaten ein starker Unsicherheitsfaktor an der Börse. Die Beliebtheit von Parteien wie dem Front National in Frankreich schienen beispielsweise die Zukunft des Euro zu gefährden, was an den Finanzmärkten enorme Turbulenzen befürchten ließ.
Spätestens seit der Frankreich-Wahl mit dem wahrscheinlichen Sieger Macron jedoch lösen sich solche Befürchtungen zumindest für den Moment mehr und mehr in Luft auf. Zuvor war bereits der niederländische Rechtsausleger Geert Wilders bei Wahlen gescheitert, und in Deutschland hat die AfD zuletzt - vor allem wohl aufgrund interner Querelen - ebenfalls an Popularität eingebüßt.
Selbst US-Präsident Donald Trump, leuchtendes Vorbild aller Populisten weltweit, hat inzwischen einiges von seinem Schrecken verloren. An den Börsen war die Wahl Trumps ohnehin begrüßt worden, mit seinem Triumph hatten die Kurse vor allem an der Wall Street zum Höhenflug angesetzt.
Inzwischen zeigt sich zudem noch mehr und mehr: Auch politische Befürchtungen gegenüber dem häufig als unberechenbar eingeschätzten Trump waren in der Vergangenheit womöglich übertrieben.
So bekam der Immobilienmilliardär aus New York während der ersten 100 Tage im Weißen Haus kräftig Gegenwind von US-Gerichten sowie US-Parlamentariern, die wichtige Projekte der US-Regierung wie die Einwanderungseinschränkungen oder die Reform des Gesundheitssystems torpedierten. Gleichzeitig ließ Trump selbst Kompromissbereitschaft erahnen, indem er beispielsweise seinen umstrittenen Chefstrategen Stephen Bannon offenbar ins Abseits stellte und zuletzt im Etatstreit auf Gelder für den geplanten Mauerbau an der mexikanischen Grenze verzichtete.
Ein Schreckgespenst verliert an Schrecken
Trotz allem bleibt Trump jedoch weiterhin einer der großen Hoffnungsträger für die Investoren. Seine Ankündigungen von einer Deregulierung wichtiger Branchen der US-Wirtschaft wie der Banken oder der Ölindustrie, von milliardenschweren Investitionen in die US-Infrastruktur sowie von Steuererleichterungen für US-Unternehmen regen weiterhin die Fantasie der Börsianer an und stützen die Aktienkurse.

Just am heutigen Mittwoch werden von Trump konkrete Informationen zu seinen Steuerplänen erwartet. Der US-Präsident will die Steuern für Unternehmen angeblich signifikant senken. Vor allem Konzerne wie Apple, Pfizer oder Google, die Milliardensummen auf Auslandskonten horten, könnten davon profitieren, denn Trump will den Transfer solcher Gelder in die USA für die Unternehmen billiger machen.
Zwar enthält Trumps wirtschaftspolitisches Programm auch Bestandteile, die nach Meinung von Experten weder für die US-Wirtschaft noch für andere Länder vorteilhaft wären, wie beispielsweise die mögliche Einschränkung des Freihandels. Investoren dürften jedoch darauf hoffen, dass sich an der Stelle letztendlich mäßigende Kräfte durchsetzen können, sprich: Dass es am Ende schon nicht so schlimm kommen wird, wie mitunter befürchtet.
Jede Menge Spielgeld
Wichtigster Schmierstoff an der Börse ist seit Jahren ohnehin das viele billige Geld der Notenbanken. Über Minizinsen und billionenschwere Kaufprogramme fluten die großen Zentralbanken die Märkte mit Liquidität. Und die landet oft an den Aktienhandelsplätzen, weil andere Anlagen wie Festgeld oder Anleihen von Staaten mit sehr guter Kreditwürdigkeit wie Deutschland kaum noch etwas abwerfen.
Zwar zieht die US-Notenbank Fed die Zügel schrittweise an. Zuletzt erhöhte sie den Leitzins auf eine Spanne von 0,75 bis 1,0 Prozent und stellte weitere Zinsanhebungen in Aussicht. Doch im Euroraum bleibt Geld absehbar ultrabillig: Die Europäische Zentralbank (EZB) verlängerte ihre milliardenschweren Käufe von Staats- und Unternehmensanleihen bis Ende 2017 und macht vorerst keine Anstalten, das Nullzinsniveau zu verlassen.
Leckeres von McDonald's und anderen ...

Abgesehen von finanztechnischen oder psychologischen Faktoren gibt es auch harte Fakten, so genannte Fundamentaldaten, die die Aktienkurse zurzeit stützen. Die Wirtschaft in den USA etwa entwickelt sich sehr robust, was beispielsweise regelmäßig an erfreulichen Zahlen vom Arbeitsmarkt zu erkennen ist. Weil viele US-Konzerne weltweit tätig sind, strahlt diese gute Entwicklung auch auf andere Nationen aus.
Zudem legen zurzeit reihenweise Unternehmen ihre Geschäftsergebnisse vor, und auch die können sich zum Großteil sehen lassen. Erfreuliche Zahlen wurden beispielsweise in den USA jüngst von Caterpillar oder McDonald's veröffentlicht - die Anleger griffen daraufhin bei beiden Aktien kräftig zu.
Weit über 100 Unternehmen haben inzwischen in der laufenden Berichtssaison ihre Ergebnisse vorgelegt. Der US-Analysegesellschaft Earning Scout zufolge übertrafen 76 Prozent der Firmen ihre Gewinnprognosen. 68 Prozent konnten ihre Umsatzprognosen toppen. Erstmals seit 2014, so erwarten die Experten, könnte in diesem Quartal das Wachstum des Gewinns pro Aktie mehr als 10 Prozent betragen.
Hierzulande schraubte zudem am Mittwoch der Autobauer Daimler nach starken ersten drei Monaten seine Jahresziele nach oben. "Hinter uns liegt ein äußerst erfolgreiches Quartal. Vor uns liegt eine Vielzahl an Möglichkeiten für weiteres profitables Wachstum", erklärte Vorstandschef Dieter Zetsche. Die Aktionäre überzeugte er damit spontan allerdings nicht - die Daimler-Aktie lag am Mittwochmittag mit 0,5 Prozent im Minus.
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