Deutsche Bank und Commerzbank auf Talfahrt, aber ... Diese Finanzaktien laufen in der Krise gut

Bargeldlos ist Trumpf: Die Aktien von Unternehmen, die bei der elektronischen Zahlungsabwicklung mitmischen, laufen an der Börse auch in der Krise gut - anders als viele Banktitel.
Foto: MAXIM ZMEYEV/ REUTERSDer europäische Bankenindex auf Rekordtief - das war eine der Börsennachrichten dieser Woche. Am Donnerstag sackte der Index, der die Aktienkurse der wichtigen Geldhäuser Europas abbildet, um 4 Prozent ab, auf einen so niedrigen Stand, wie er ihn zuvor noch nicht erreicht hatte.
Es liegt auf der Hand, dass Banken zu den Hauptleidtragenden in der aktuellen Corona-Krise gehören: Sie sind direkt betroffen, weil auch sie Filialen schließen und auf Geschäfte verzichten mussten. Hinzu kommt das wegbrechende Firmengeschäft: Das Geldgewerbe bildet den Blutkreislauf, der die Wirtschaft am Leben hält - eine zentrale Funktion, die in Krisen fatale Folgen haben kann. Quer durch die Wirtschaft bringt der Lockdown Unternehmen und ganze Branchen in Not. Umsätze brechen ein, Kredite können nicht mehr bedient werden - und immer steht am Ende der Kette eine Bank, die eine Forderung ausbuchen muss. Hinzu kommt noch, dass angesichts anhaltend niedriger Zinsen auch auf der Einnahmenseite nicht viel zu holen ist.
Für die großen deutschen Institute kommen eigene Probleme hinzu, mit denen die Häuser seit Langem zu kämpfen haben: Deutsche Bank (Kurswerte anzeigen) und Commerzbank befinden sich mitten in großen Umstrukturierungen und sind daher zusätzlich anfällig für externe Schocks. Kein Wunder also, dass ihre Aktien in den vergangenen Monaten besonders schlecht abgeschnitten haben. Mit minus 40 Prozent seit Beginn der Corona-Turbulenzen Mitte Februar (Deutsche Bank) und sogar minus 60 Prozent (Commerzbank) hinken sie deutlich hinter dem Marktschnitt gemessen etwa am Dax (bis heute etwa minus 25 Prozent) hinterher. Das Papier der Commerzbank stürzte am Donnerstag bei deutlich weniger als drei Euro sogar auf den tiefsten Stand seit der Börsennotierung.
Der Verlauf des europäischen Bankenindex zeigt allerdings, dass Investoren darüber hinaus dem gesamten Bankensektor auf dem Kontinent misstrauen. Selbst die großen, erfolgsverwöhnten US-Banken wie JP Morgan oder Goldman Sachs stehen am Aktienmarkt in der Corona-Krise nicht besser da. Gleiches gilt übrigens für andere Finanzwerte der "Old Economy" wie Versicherer (Allianz, Münchener Rück) oder Kreditkartenkonzerne (Visa, Mastercard).
Banken haben Digitalisierung weitgehend verschlafen
Wer allerdings denkt, Finanzaktien seien damit durchweg abgemeldet im Corona-Debakel, der irrt. Es gibt auch Gewinner - und dafür gibt es sehr konkrete Gründe.
Ein genauer Blick zeigt schließlich: Eine Ursache für das schlechte Abschneiden herkömmlicher Finanzinstitute in den vergangenen Wochen und Monaten ist auch deren Rückstand beim Thema Digitalisierung und moderner Zahlungsverkehr. Dieses Feld haben Deutsche Bank, Commerzbank und Co in der Vergangenheit zu sehr einer Vielzahl an Fintech-Start-ups überlassen, von denen einige inzwischen zu ernsthaften Playern am Finanzmarkt geworden sind.
Gerade in der Corona-Krise sind diese Fintechs nun im Vorteil: Der Shutdown zwingt viele Millionen Menschen weltweit in die heimische Teilisolation. Das Online-Shopping boomt, und auch im allmählich wieder öffnenden Einzelhandel ist das bargeldlose Zahlen mehr und mehr Trumpf.
Ein Unternehmen, das davon besonders profitiert, ist beispielsweise der schwedische Zahlungsabwickler Klarna. Das Unternehmen, das bei einer Finanzierung im vergangenen Jahr mit 5,5 Milliarden Dollar bewertet wurde und damit zu den wertvollsten jungen Tech-Unternehmen in Europa zählt, bekommt durch die Corona-Krise noch einmal einen zusätzlichen Schub, wie Gründer und CEO Sebastian Siemiatkowski in diesen Tagen in einem Interview sagte. Klarna wachse angesichts des weltweiten Ausnahmezustands schneller, als es sonst gewachsen wäre, so Siemiatkowski.
"Wir sehen einen massiven Wechsel von Leuten aus dem lokalen Einzelhandel in den Online-Bereich", so der Klarna-Chef. In Großbritannien etwa sei die Zahl der mit Klarna kooperierenden Händler innerhalb von zwei Monaten um 20 Prozent gestiegen.
Was Wirecard und die Deutsche Bank gemeinsam haben
Siemiatkowski ist zudem überzeugt, dass viele Konsumenten ihr Kaufverhalten dauerhaft umstellen. "Es ist unwahrscheinlich, dass die Leute wieder komplett zu der Art zurückwechseln, wie sie früher ihr Geld ausgegeben haben", sagt er.
Wermutstropfen für Investoren: Klarna hat den Gang an die Börse noch nicht angetreten. Doch es gibt Unternehmen mit ähnlichen Geschäftsfeldern, die bereits am Aktienmarkt notiert sind - und bei einigen davon zeigen sich die positiven Auswirkungen der Krise auf die Geschäfte bereits im Aktienkurs.
Beispiel Adyen: Das niederländische Unternehmen mischt ebenfalls im Geschäft mit der Abwicklung von Bezahlungen im stationären Handel sowie online und mobil kräftig mit. Und auch bei Adyen hat der Corona-Turbo bereits gezündet: Im April meldete Firmenchef Pieter van der Does einen Umsatzanstieg im ersten Quartal um 34 Prozent, angetrieben vor allem durch die besonderen Umstände der Covid-19-Pandemie. Der Aktienkurs von Adyen hat seit Mitte Februar um etwa 10 Prozent zugelegt. Seit Jahresanfang beträgt das Plus sogar etwa 30 Prozent.
Sogar noch etwas besser performte 2020 die Aktie des US-Zahlungsdienstleisters Paypal, dessen Geschäfte in der Corona-Krise ebenfalls bestens laufen. Wie sehr Investoren Paypal vertrauen, zeigt sich zudem nicht nur am Aktienkurs: Erst kürzlich konnte das Unternehmen eine Vier-Milliarden-Dollar-Anleihe am Finanzmarkt zu extrem günstigen Konditionen platzieren.
Zu guter Letzt: Selbst der deutsche Fintech-Konzern Wirecard, seit inzwischen mehr als einem Jahr Mitglied im Dax, hat sich an der Börse in der Corona-Krise stark entwickelt - bis das Unternehmen Ende April den Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG zu den Vorwürfen der Bilanzmanipulation veröffentlichte. Die Vorwürfe waren zuvor durch die "Financial Times" in die Welt gesetzt worden. Investoren waren dadurch verunsichert, die Aktie schwankte monatelang immer wieder stark, obwohl das Wirecard-Management bis heute alles dementiert.
Weil nach Meinung vieler Investoren die Verdachtsmomente gegen Wirecard auch durch den Bericht von KPMG nicht ausgeräumt werden, geriet die Aktie des Unternehmens Ende April erneut massiv unter Druck. Bis heute setzen zahlreiche Leerverkäufer auf einen fallenden Aktienkurs bei dem Zahlungsabwickler. Inzwischen beträgt das Minus beim Aktienkurs im Jahr 2020 insgesamt rund 20 Prozent - beinahe exakt so viel wie bei der Deutschen Bank.