Kursrally Anleger feiern Bankenhilfen

Kursrally in Frankfurt: Der Dax gewinnt mehr als 4 Prozent hinzu
Foto: A4014 Marius Becker/ picture alliance / dpaHamburg - Mit ihrer überraschenden Einigung auf eine zentrale Bankenaufsicht haben die Euro-Regierungen die Anleger am Freitag in Hochstimmung versetzt. Vor allem der Plan, angeschlagene Banken künftig direkt mit Kapital aus dem Rettungsfonds zu versorgen, weckte unter Investoren Hoffnung auf eine mögliche Eindämmung der Schuldenkrise.
Nicht nur an der Frankfurter Börse gerieten Anleger in einen Kaufrausch. Der Dax baute seine Gewinne im Laufe des Tages immer weiter aus und schloss auf Xetra schließlich mit einem Gewinn von 4,3 Prozent bei 6416 Punkten. Der Index schloss damit 266 Punkte fester auf Tageshoch.
Auch der französische, der italienische und der spanische Leitindex legten mit jeweils 3,5 bis 4,5 Prozent deutlich zu.
Erleichterung auch an der Wall Street. In New York legte der Dow Jones (Kurswerte anzeigen) im frühen Handel um rund 2 Prozent zu, und an der Nasdaq verzeichnete der Nasdaq Composite (Kurswerte anzeigen) ein Plus von 1,8 Prozent.
Ein Händler verwies neben der Euro-Gipfel-Euphorie auch auf den besser als erwartet ausgefallenen US-Einkaufsmanagerindex der Region Chicago. Marktexperte Andreas Lipkow sieht in der Marktrally nach dem EU-Gipfel einen Paradigmenwechsel unter den Anlegern. "Die Risikoscheu weicht den Chancen, die Aktien im Gegensatz zu den Anleihenmärkten haben. Investoren greifen bei Banken- und Konsumtiteln zu", sagte Lipkow.
Kurssprünge bei Öl, Gold und Rohstoffen
Der Euro stieg zeitweise um mehr als zwei US-Cent auf 1,269 Dollar, der größte Tagesgewinn seit mehr als einem Jahr. Am Rohstoffmarkt schossen die Preise für Kupfer, Öl und auch Gold (Kurswerte anzeigen) in die Höhe, der Ölpreis kletterte um mehr als 5 Prozent.
Die Angst, dass Euro-Land in eine schwere Rezession zurückfällt , ist zumindest kleiner geworden. "Die Banken können sich nun leichter in der Krise rekapitalisieren als das bisher der Fall war", urteilte Oliver Roth, Kapitalmarktstratege bei Close Brothers. "Bislang waren ja hauptsächlich die Nationalstaaten dafür verantwortlich. Diese Last ist den Staaten nun von den Schultern genommen, und damit wird zum Beispiel der Staatshaushalt von Spanien wesentlich entspannter."
Deutsche Bank und Commerzbank haussieren
Am deutschen Aktienmarkt profitierten vor allem die Finanzwerte von der Hoffnung auf rasche Fortschritte im Kampf gegen die Euro-Krise. Aktien der Deutschen Börsestiegen um 6 Prozent, die Titel von Deutscher Bankund Commerzbankverteuerten sich um mehr als 5 Prozent.
Auch andere europäische Institute zogen spürbar an: So schnellten Société Générale, ING, BNP Paribas, BBVAund Intesaum mehr 6 Prozent nach oben. "Da den Banken ja nun direkt ohne den Umweg über den Staat geholfen werden kann, scheint auch der Abschreibebedarf auf Staatsanleihen gesunken zu sein", sagte ein Händler. "Das nimmt ordentlich Druck aus dem Kessel." Papiere der teilverstaatlichten spanischen Bankiahingegen drehten nach steilem Anstieg um 8 Prozent am Nachmittag klar ins Minus, ebenso wie die von Banco Popular, Banco Sabadellund Banca Monte dei Paschi di Siena.
Renditen für spanische und italienische Anleihen gehen zurück
Am Rentenmarkt war die Freude über die Beschlüsse ebenfalls deutlich zu spüren: Die Renditen der spanischen und italienischen Anleihen gingen zurück. Spanische Bonds wurden mit 6,5 Prozent verzinst nach mehr als 7 Prozent im Vortagesgeschäft. Die Renditen ihrer italienischer Pendants fielen unter die 6-Prozent-Marke. Auch die Kosten der Kreditausfallversicherungen (CDS) für die beiden klammen Euro-Länder verringerten sich. Deutsche Bundesanleihen hingegen waren weniger gefragt, die Rendite stieg auf bis zu 1,69 Prozent.
Analysten: Vergemeinschaftung von Schulden
Analysten gingen allerdings nicht davon aus, dass die Euphorie an den Märkten lange anhalten dürfe: "Viele Anleger bejubeln die überraschende Aktivität der Regierungschefs. Schließlich war nicht viel erwartet worden", schrieb Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann in einem Kommentar. "Nur muss man sich auch klarmachen, dass die Beschlüsse mittel- bis langfristig problematisch sind."
So könne etwa die direkte Bankenrekapitalisierung zu einer Vergemeinschaftung der Staatsschulden durch die Hintertür verkommen, erklärte der Experte. "Banken- und Fiskalrisiken sind in der Peripherie eng verwoben. In solchen Ländern, in denen die Geschäftsbanken im großen Umfang Staatsanleihen kaufen, können die fiskalischen Probleme so auf den Bankensektor abgewälzt werden, der dann, ohne dass der Fiskus involviert wird, Kapital vom ESM erhält - womöglich ohne makroökonomische Auflagen."
Mit Adidas gab es im Dax nur einen Verlierer im Dax. Die Papiere des Sportartikelkonzerns sackten um rund 1 Prozent ab, nachdem US-Konkurrent Nike am Vorabend mit einem Ergebnisrückgang enttäuscht hatte.