Regulierung Bafin soll Hochfrequenzhandel überwachen

Frankfurter Kurstafel: Zitterkurven dank Hochfrequenzhandel
Foto: Frank Rumpenhorst/ dpaBerlin - Die Koalition hat sich auf erste Eckpunkte zur Regulierung des umstrittenen Hochfrequenzbörsenhandels geeinigt. Die Betreiber superschneller Handelssysteme werden künftig von der Börsenaufsicht Bafin überwacht. Marktmanipulierende Strategien wie andauernde Preisanfragen ohne echte Handelsabsicht sollen verboten werden.
Nach Angaben aus dem Regierungsbündnis vom Donnerstag ist eine Mindesthaltedauer für einzelne Orders aber vom Tisch. Dies hätte hierzulande das Geschäftsmodell vieler sogenannter Algotrader zerstört, die mithilfe komplizierter Algorithmen kleinste Kursschwanken ausnutzen.
Die Deutsche Börse begrüßte die Pläne, forderte allerdings gleiche Regeln für alle Börsenbetreiber in Europa. Bei der Kontrolle des Algotradings hinkt der Staat weit hinterher. So besteht bisher keine besondere Erlaubnispflicht für solche Investoren und keine Regeln für Systemstörungen.
Beim Hochfrequenzhandel setzen Anleger auf Computer, die nach minimalen Kursschwankungen Ausschau halten und dann binnen Sekundenbruchteilen unzählige Aufträge abfeuern. Experten zufolge ist das Algotrading in den USA schon für 70 Prozent der Aktienumsätze verantwortlich, in Deutschland etwa 40 Prozent. Das Finanzministerium erklärte, der Hochfrequenzhandel habe die Geschwindigkeit und Komplexität des Handels erhöht und berge eine Vielzahl von Risiken: "Zur Stärkung der Integrität und der Stabilität der Finanzmärkte sollten Regeln geschaffen werden, um die Risiken einzugrenzen." Dies werde nun angegangen.
Einem der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden Eckpunktepapier des Ministerium zufolge werden den Algotradern neben einer Erlaubnispflicht Dokumentationspflichten gegenüber der Bafin auferlegt. Zudem einigten sich die Finanzexperten der Koalition mit dem Ministerium darauf, das bloße andauernde Antesten von Kursen zur Preisbeeinflussung zu untersagen. Bei einer exzessiven Nutzung von Handelssystemen werden Gebühren erhoben. Außerdem sind Mindestgrenzen von kleinstmöglichen Kursänderungen geplant.
Deutschland prescht in der EU vor
Die Koalition will außerdem die Möglichkeiten der Bafin verbessern, bei ungewöhnlichen Kursschwankungen den Handel zu unterbrechen. Damit will sie Einbrüche wie den "Flash Crash" an der Wall Street im Mai 2010 verhindern. Damals rauschte der US Leitindex S&P 500 innerhalb weniger Sekunden um fast 10 Prozent in den Keller, um sich danach schnell wieder zu erholen. Experten machten dafür das Algo-Trading mitverantwortlich.
Die Deutsche Börse hat stets betont, dass ein solcher Einbruch in Frankfurt wegen bestehender Sicherheitssysteme nicht möglich sei. Höheren Transparenzvorschriften steht das Unternehmen positiv gegenüber und hat mit eigenen Vorschriften bereits einige der Forderungen umgesetzt, die von der Regierung in ihrem Eckpunktepapier gefordert werden. Wie andere Anbieter bittet die Deutsche Börse seit März etwa diejenigen Kunden zur Kasse, bei denen das Verhältnis von Aufträgen und Handelsabschlüssen ("Order-to-Trade-Ratio") besonders weit auseinanderklafft.
Händler, die eine Vielzahl von Aufträgen durch das System jagen, am Ende aber extrem selten handeln, sind Politik und den Börsen nämlich gleichermaßen ein Dorn im Auge: Sie verstopfen mit einer Flut von Aufträgen die IT-Systeme, sorgen aber für verhältnismäßig wenig Umsatz. Ein Sprecher der Börse sagte: "Wir begrüßen grundsätzlich ergänzende Regulierungsmaßnahmen, die dazu beitragen, den Hochfrequenzhandel besser fassbar zu machen - etwa eine Stärkung der Handelsüberwachung oder höhere und erweiterte Anforderungen an das Risikomanagement." Wichtig sei allerdings, dass es für alle Börsenbetreiber in Europa gleiche Voraussetzungen gebe.
Dem Eckpunktepapier des Ministeriums zufolge war auch eine Mindesthaltedauer für Order von beispielsweise 0,5 Sekunden im Gespräch. Dies sei nun nicht mehr geplant, hieß es in der Koalition. Am Markt wurde das mit Erleichterung aufgenommen, schließlich hätte diese Regelung das Geschäft der meisten Hochfrequenzhändler in Deutschland unmöglich gemacht. Experten zufolge wären einige von ihnen in diesem Fall nach London oder an andere Handelsplätze außerhalb Europas ausgewichen.
Mit der nationalen Regulierung der Branche prescht die Koalition in der EU vor. "Wir sind auf einem guten Weg, das Finanzministerium hat überzeugende Vorschläge gemacht", sagte der CDU/CSU-Finanzexperte Klaus-Peter Flosbach. Der Gesetzentwurf werde voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte im Kabinett sein. Auf EU-Ebene werden entsprechende Regelungen bei der Überarbeitung der Finanzrichtlinie Mifid erörtert.