Fusionsentscheidung am Mittwoch
Deutsche Börse sieht Alternativen
Deutsche Börse und Nyse Euronext lassen bis zur letzten Minute nichts unversucht. Sie müssen am Mittwoch aber mit einem "Nein" aus Brüssel zu ihren Fusionsplänen rechnen. Vereitelt die EU den Deal, wollen die Frankfurter ihre Chance verstärkt in Asien und neuen Produkten suchen.
Handelsplatz Frankfurt: Die EU-Kommission wird am Mittwoch vermutlich die Fusion von Deutscher Börse und Nyse Euronext verbieten
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Frankfurt am Main - Die Deutsche
Börse will sich bei einem Nein aus Brüssel zur Megafusion mit der US-Börse Nyse Euronext auf andere Projekte konzentrieren. "Regional werden wir vor allem versuchen, im asiatischen Raum über Joint-Ventures noch stärker Fuß zu fassen", sagte ein namentlich nicht genannter Konzernmanager der Wirtschaftszeitung "Euro am Sonntag".
"Wir sind aus einer Position der Stärke in dieses Fusionsprojekt gestartet, haben nach wie vor ein stabiles Geschäftsumfeld und eine hohe Eigenkapitalrendite, so dass wir für den Fall einer Ablehnung aus Brüssel nicht händeringend nach einem Plan B suchen oder uns in ein neues Fusionsabenteuer stürzen müssen."
Die Deutsche Börse wolle sich etwa auch über eine Ausweitung der Produktpalette beispielsweise auf dem Gebiet der Agrarderivate stärker im Markt positionieren. Die EU-Kommission will am Mittwoch dieser Woche über die Fusion entscheiden, eine Ablehnung steht im Raum. Die bislang aufgelaufenen Fusionskosten bezifferte der Frankfurter Börsenbetreiber dem Bericht zufolge auf 100 bis 120 Millionen Euro.
Nyse-Chef Niederauer warb in Davos noch einmal um Verständnis
In Davos kämpfte am Wochenende Nyse-Chef Duncan Niederauer noch einmal um Verständnis für das Fusionsprojekt. Er habe in den vergangenen Tagen bei einer Reihe von EU-Kommissaren und Politikern für die Fusion geworben. "Ich glaube nicht, dass sie tot ist, sie ist sogar lebendiger als noch vor drei Tagen", sagte der Manager am Rande des Weltwirtschaftsforums.
EU-Kreisen zufolge haben sich aber angeblich 25 der 27 EU-Kommissare der Meinung von Wettbewerbskommissar Almunia angeschlossen und wollen für eine Blockade stimmen.
Nyse und Deutsche Börse hingegen wollen bis zur letzten Minute nichts unversucht lassen, um die die EU-Kommissare von ihrer Sichtweise zu überzeugen. Derzufolge hätten die zuständigen EU-Beamten bei der Prüfung des Zusammenschlusses eine falsche Marktdefinition zugrundegelegt. Sie kritisieren, dass die Beamten von EU-Wettbewerbskommissar Joaquin Almunia bei der Prüfung des Deals den außerbörslichen Derivatemarkt (OTC) ausgeklammert haben. Zudem müsse der weltweite und nicht nur der europäische Derivate-Markt betrachtet werden.
Brüssel fordert Verkauf einer der beiden Terminbörsen
Derlei Argumente stießen in Brüssel bis jetzt auf taube Ohren. Selbst ihre Zugeständnisse - wie Teilverkäufe und konstante Gebühren - waren Kommissar Alumnia zu wenig. Brüssel ist besorgt wegen der großen Marktmacht der beiden Unternehmen. Beim Handel mit Derivaten in Europa kommen die Börsen mit ihren Tochtergesellschaften Eurex (Deutsche Börse) und Liffe (NYSE Euronext) auf mehr als 90 Prozent Marktanteil - ein Monopol im europäischen Terminhandel, wie Almunia kritisiert.
Der strenge Kommissar fordert, dass die Börsen eine der beiden Terminbörsen verkaufen müssten, um die Fusion zu retten. Das lehnen die Unternehmen jedoch ab. "Ab einem bestimmten Punkt macht der Zusammenschlusses keinen Sinn mehr - wenn wir nämlich dazu gedrängt werden, zu viel aufzugeben", so Nyse-Chef Niederauer.
Ein Veto der EU-Kommission wäre zugleich Wasser auf die Mühlen der hessischen Börsenaufsicht. Auch sie hat nach wie vor Bedenken gegen die Fusion. Sollte es tatsächlich ein "Nein" aus Brüssel geben, könnten die beiden Konzerne einen neuen Anlauf nehmen, wahrscheinlich ist das aber nicht. Dann bliebe nur noch die Klage vor dem Europäischen Gerichtshof.